«Whiskykenner»

10 0 0
                                    

|7|

Bereits nach ein paar gemeinsamen Schichten waren Katharina und ich wieder ein perfekt eingespieltes Team. Während ich hinter der Bar die Getränke ausschenkte und mich um den Abwasch kümmerte, übernahm sie die Laufarbeit an den Tischen. Doch so voll wie heute war es lang nicht mehr. Kaum hatten wir ein paar Minuten Zeit zum Durchatmen, betraten bereits neue Gäste das Pub.

Erschöpft stellte sie das Tablett mit dem schmutzigen Geschirr auf der Theke ab und setzte sich halb auf den Hocker vor mir, um einen Moment zu verschnaufen.

„Eine neue Runde Tequila für die Mädels an Tisch drei."

Sehnsüchtig sah ich zu der Gruppe, die ausgelassen lachten und sich unterhielten.

„Was gäbe ich mal wieder für einen freie Samstag mit Jess", beschwerte ich mich. Mit geübten Griff ließ ich die Flasche über die sauberen Gläser kreisen und füllte sie mit der klaren Flüssigkeit.

„Ich kann für dich irgendwann eine Abendschicht übernehmen. Du hast noch einen Gut bei mir."

„Ach, was, du konntest doch nicht wissen das Pete ausfällig wird", schlug ich ihr Angebot aus, unterdessen drapierte ich die Zitronenschnitzel quer über den Rand.

„Trotzdem, mein Angebot steht", meinte sie hartnäckig, dann wies sie mit dem Kopf in Richtung Eingang. „Na schau an, wenn man vom Teufel tratscht."

Am Ende des Tresens schob sich eine geduckte Gestalt in mein Sichtfeld und setzte sich. Pete kratzte sich verlegen hinterm Ohr, bevor er seine Hand zum Zeichen hob. „Ich hätte gern einen Gragganmore, Miss Callahan", rief er mir vorsichtig zu und betonte deutlich, dass er heute nicht über die Stränge schlagen würde.

„Einen Moment", antwortete ich missmutig und schielte zu ihm. Dass er sich nach der Sache vor zwei Woche überhaupt noch hierher traute. Noch längst hatte ich ihm seinen Übergriff nicht verziehen, da halfen auch seine ehrlich gemeinten Entschuldigungen nicht.

Laut Kat, hatte Craig seinen alten Kumpel gehörig den Kopf gewaschen. Ihn aber der Bar verweisen, wollte er nicht. Er gehörte praktisch zum Inventar des Ladens und hatte vorher nie Probleme bereitet. Seitdem lautete die strenge Anordnung vom Chef, dass nach zwei Gläsern für Mister Donavan Schluss sei. Ausnahme bestand nur, wenn er selbst anwesend war.

„Also auf deiner Abschussliste will ich niemals stehen. Er fällt bald vom Stuhl, wenn du ihn weiter mit deinen Blicken malträtierst." Kat stieß mich am Arm, damit ich ihn aus den Augen ließ.

„Er hat es verdient. Ich bin nicht gut auf Leute zu sprechen, die meinen persönlichen Raum ignorieren", grollte ich. Erneut griff ich ins Regal hinter mir und schnappte mir die Whiskyflasche. Je schneller er seinen Drink hätte, desto eher wäre er aus meinem Blickfeld verschwunden.

„Schon gut, ich versteh das, glaub mir. Es ist manchmal nicht einfach sich zu behaupten. Wenn ich den Job nicht so lieben würde, hätte ich wahrscheinlich schon längst das Handtuch geschmissen."

Ihre Offenheit überrumpelt mich und ich hielt in der Bewegung inne. „Du?", ließ ich überrascht im Raum stehen.

Sie nickte, sagte jedoch nichts weiter dazu, sondern atmete tief ein und straffte ihre Schultern. Dann lächelte sie schwach, während sie meine Hand tätschelte.

Nie im Leben hätte ich gedacht, das sie ähnlichen Probleme zu bewältigen hatte, wie ich. Nach außen wirkte sie immer so stark und selbstsicher. Anscheinend war ich nicht die einzige Schauspielerin im Raum.

Verschworen lächelte ich zurück und widmete ich mich der noch ausstehenden Bestellung. Ab heute waren wir verbunden im Geiste.

„Mist, die ist leer", stellte ich leicht genervt fest, als nur noch ein paar Tropfen in das Glas rannen. Ich hasste es, wenn nicht alles an seinem Platz war und ich nicht zügig vorankam, vor allem heute, wo die Hütte brannte.

Glück reist auf weißen Schwingen (Neufassung)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt