«Grün ist die Hoffnung, oder?»

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Ich war gerade auf dem Weg ins Bad, um mich fertig für die Uni zu machen, da bekam ich einen Anruf von Kat. Tausendmal entschuldigte sie sich, dass sie heute Abend zur geplanten Schicht nicht kommen könnte, da ihr kleiner Sohn Fieber hat und ihr Mann leider Streifendienst. Auch wenn Craig es nicht mochte, das wir allein arbeiteten, versicherte ich ihr das es kein Problem für mich sei. An einem Tag, an dem es wie aus Eimern goss, würde sich sowieso niemand vor die Tür wagen.

Aber es war eine Lüge, das es mir egal war, denn ich begann am Abend mit einem flauen Magen die erste Schicht ganz auf mich gestellt in 'Craig's Bar'. Zu meinem Glück entpuppte sich das miese Wetter wirklich als wahrer Segen und der Laden blieb sehr ruhig. Nur der alte Pete, saß für sich am Tresen. Er war ein ruhiger Zeitgenosse, der jeden Abend ein Glas Whiskey bestellte und einfach still auf seinem Hocker sein Getränk genoss.

„Einen Doppelten“, sagte er und schob das leere Glas über die Theke.


Überrascht hob ich die Braue. Normalerweise ging er immer nach einem Drink nach Hause.  „Welche Laus ist dir denn heute über die Leber gelaufen?“, scherzte ich und füllte nach.

Statt mir zu antworten, grummelte er undeutlich vor sich hin bevor er alles mit einem Zug leerte.

Mit zunehmender Besorgnis sah ich ihn an als er erneut auf den Schwenker deutete. „Du solltest langsam nach Hause, Pete. Das hier ist jetzt dein Letzter", sagte ich nachdrücklich, dann stellte ich ihm sein Glas Scotch auf den Pappdeckel.

Kurz sah er auf und murrte zerknirscht ein Danke, bevor er wieder auf das Getränk starrte.

Hoffentlich geht er bald!

Mit einem Knoten im Magen, verrichtete ich meine Arbeit, dabei stellte ich sicher, dass immer ein Meter Holz zwischen ihm und mir lag. Keinesfalls sollte er mir zu nahe kommen.

Gerade hatte ich mich hinter der Bar abgeduckt um die Getränke im Kühlschrank aufzufüllen, da vernahm ich Stimmen vom Eingang. Innerlich hatte ich mich eigentlich schon auf ein frühes Schichtende vorbereitet und dementsprechend war ich nicht besonders glücklich über weitere Gäste.

Ich spähte über den Tresen zu den späten Gästen. Zwei Männer standen an der Eingangstür, den kleineren in der weiten Jeans kannte ich flüchtig. Ein paar mal war er schon hier gewesen. Er war ein Bekannter von Kat, doch sein Umgangston hatte mit jedem Glas intus mehr und mehr zu wünschen übrig gelassen. Den Anzugträger neben ihm hatte ich jedoch noch nie gesehen. Sogesehen hatte sich überhaupt kein Mann mit Hemd und Krawatte je hierhin verirrt.

„Ich kann nicht fassen das es den Laden noch gibt", staunte der Fremde mit einem Akzent, den ich nicht einordnen konnte. Ein bisschen erinnerte er mich an Craig, wenn er irische Flüche von sich gab.

„Es hat sich kaum was verändert", merkte er an und betrachtete wie ein Besucher in einem Museum jeden Winkel der Bar. „Sogar die Spielautomaten an denen wir damals unser Taschengeld verzockt haben, stehen noch."

„Das beste kommt ja noch.  hier, das der alte Haudegen deinen Lieblings Whiskey hat und du ihn jetzt off trinken darfst", antwortete sein Begleiter leicht angeheitert und dirigierte seinen Kumpel aus dem Eingangsbereich in den Schankraum. „Der alte Haudegen hat deinen Lieblingwhiskey, den du jetzt offiziell trinken darfst.“ Er lachte über seinen eigenen Scherz. Beinahe  stolperte er über einen Hocker, als er am Bartisch ankam.

Glück reist auf weißen Schwingen (Neufassung)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt