Wie früh es am nächsten Morgen war, wusste Jyn zunächst nicht. Jedenfalls war es früh. Sehr früh am Morgen. Die Sonne war gerade mal dabei aufzugehen. Grummelnd rollte sie sich zur Seite, dann auf die Füße und schlurfte hinüber zur Türe. Konnte dieses Hämmern nicht einfach aufhören. Ruhe am morgen. War das zu viel verlangt? Anscheinend war es das.
"Null siebenhundert. Zeit für Ihr Training", überrumpelt von der Situation öffnete Jyn leicht den Mund, starrte den Mann vor sich leicht fragend an, viel mehr überfordert, und schüttelte kaum merklich den Kopf, da sie keine Ahnung von dem besaß, was der Kerl von ihr wollte, "Nahkampf und Selbstverteidigung sowie das Erlernen vom Umgang mit Handfeuerwaffen. Zusätzlich wurde mir mitgeteilt, dass Sie den New York Marathon absolvieren wollen und dazu brauchen Sie Training. Trainings Beginn ist jetzt. Umziehen. In aller spätestens fünf Minuten sind Sie unten. Fertig."
"Ähm...... Nein", gab Jyn dem Typen knapp zu Verständnis, womit dieser anscheinend jedoch nicht gerechnet hatte und er sich ihr wieder zuwandte, "Leben Sie echt in der Vorstellung, ich würde einfach mit Ihnen mitgehen geschweige denn trainieren? Ich habe keine Ahnung, wer Sie sind, wer das 'angeordnet' hat oder was Ihre Referenzen sind. Ich kenne nicht mal Ihren Namen. Außerdem, nein. Was Sie jetzt vorhaben ist mir egal, da ich jetzt wieder schlafen gehen werde. Schönen Tag noch."
"072756-97501. Ein guter Freund, dem ich einen Gefallen schuldig bin. 072756-97513 Jyn Blake. Geborene Rumlow, geschiedene Strange. Wenn die Obersten sehen, Sie seien keine Zumutung für unsere Gemeinschaft, werden Sie von allen anderen auch nicht mehr als Ziel angesehen und werden akzeptiert. Zumindest mehr als jetzt. Zumal Sie eine gewisse Immunität längst besitzen. Fangen Sie an, nicht mehr als einfaches Nichts gesehen zu werden und als hilfloses Etwas zu agieren, sondern als das, was Ihnen gegeben worden ist. Potenzial. Es muss nur herausgekratzt werden. Wenn es sein muss, auch geprügelt", damit Jyn endlich anfing sich zu beeilen, tippte sich der noch immer unbekannte Mann demonstrativ auf sein Handgelenk und machte eine Bewegung Richtung Zimmer, "Ridley Martin. Machen Sie sich nun endlich fertig."
"Na klasse", entfuhr es Jyn seufzend und rieb sich mit den Fingerrücken über die Stirn, was der Augenblick war, wo es ihr Schauer über den Rücken lief, "Martin. Ridley Martin. Ausgerechnet Ridley Martin. Das kann ja heiter werden."
Bombe. Ganz ehrlich? Wäre Tony bloß kein weiteres mal wegen dieser überbewerteten Avenger Initiative aufgetaucht, dann wäre Jyn ganz sicher nicht im Atlas. Dann wäre das mit Brock auch nicht all gegenwärtig, gar von Neuem hochgekommen. Und jemand wie Ridley Martin würde nicht hier stehen und darauf drängen, 'trainieren' zu gehen.
Nach Luft ringend blieb Jyn bei einer Parkbank stehen, stützte sich an der Rückenlehne ab und versuchte ihren Puls wieder zu kontrollieren. Ihren Herzschlag konnte sie in ihrem gesamten Körper spüren, in Form eines Pochens. Das war kein Training. Das war physische Vernichtung. Die totale Elimination. Getarnt als simples 'Training'. Schneller konnte man sie nicht umbringen. Ist der Körper (erst einmal) unfähig sich zu bewegen oder in der Lage sich wehren, macht es die Sache erheblicher leichter, sie zu beseitigen. Keines ihrer bisherigen Trainingsprogramme war dermaßen extrem und übertrieben vom Umfang gewesen. Nicht mal einmal die Trainingseinheiten mit Brock. Und das sollte schon etwas heißen.
"Den Marathon wollten Sie durchhalten, oder? Komplett", skeptisch von Jyns Vorhaben, kam Martin zurück zu der Bank, an der sie sich abstützte und sofort die Hand hob, damit er wieder still war und gar nicht erst anfing zu reden, "Wie lange brauchen Sie üblicherweise für die gesamte Strecke? Fünf Stunden."
"Etwas mehr als drei", die Hände in die Hüfte gestützt und dabei wieder tief am ein- und auszuatmen, begann Jyn im Kreis zu gehen und hoffte inständig, für heute fertig zu sein, "Drei zwei. Damals war es eine gute Vorbereitung ohne jegliche Probleme gewesen, ansonsten liegt es bei drei-zehn. Ich bin keine Marathonläuferin bis auf zweimal im Jahr."
"Beim Training geht es darum, dass man immer mehrere Stufen härter geht, als es das eigentliche Ziel am Ende sein wird", korrigierte Martin von Jyn wenig begeistert und ließ sie nicht einen einzigen Augenblick aus den Augen, "Das waren jetzt gerade mal achtunddreißig Kilometer. Wie viele noch fehlen wissen Sie natürlich."
"Etwas", brachte Jyn nur als knappe Antwort hervor und begann sich anschließend vorsichtig zu dehnen, um zu vermeiden, irgendwelche unnötigen Krämpfe oder Zerrungen zu bekommen, "Darf ich raten? Sie laufen die Marathonstrecke jeden Morgen bloß zum Aufwärmen? Noch vor dem Frühstück."
"Zweimal die Woche", unwichtiger konnte Martins Antwort klingen, dabei ging er um Jyn herum, trat ihre Füße weiter auseinander und korrigierte jede einzelne Übung, bei jeder kleinen Bewegung, die sie machte, "Man sollte meinen, Sie seien um einiges erfahrener mit Ihrer Background Story. Redemption hat den Weltmeister im Mittelgewicht in seinem Stall und Rumlow behielt seinen Weltmeistertitel im Schwergewicht fünf Kämpfe lang."
"Neun. Beinahe vier Jahre. Bei seinem letzten Kampf behielt er seinen Titel, einen Monat später beendete er als Weltmeister seine Karriere und ging zu S.H.I.E.L.D.. Der geborene Fighter und Anführer sowieso", bei diesen Worten fing Jyn zu lächeln und hielt sich dabei an Martins Schulter fest, als sie ihr linkes Bein zu dehnen begann, "Ihm war es egal, wer vor ihm stand. Am Ende zählten sämtliche gebrochene Knochen, die K.O.'s und die im Krankenhaus gelandeten Gegner. Crossbones. Die Notaufnahme war das günstigste Szenario, was jemand erleben durfte. Das war ich. Nasenbeinfraktur. Knochenbrüche waren das, worauf sich jeder Gegner im Vorfeld einstellen konnte. Eines, was er mich immer gelehrt hat..... naja, was er mir immer geraten hat."
"Für die meisten war er der Scharfschütze, den man für gewisse Situationen brauchte", erzählte Martin, legte dabei die linke Hand auf ihr Steißbein und die Rechte auf ihre rechte Schulter, um ihre falsche Haltung zu berichtigen, "Kümmern Sie sich nicht mehr darum, was er für die Menschen war, sondern wer Sie sind. Oder bauen Sie darauf auf. Jeder weiß, wer Sie sind und zu wem Sie gehören. Machen Sie sich das zu Nutzen. Vorteile lässt man dieser Welt nicht ungenutzt. Ansonsten nehmen diese andere an."
Andere waren in diesem Fall nicht immer wirklich gut. Eher das Gegenteil. Super aber irgendjemand hatte Martin auf Jyn 'angesetzt'. Weshalb auch immer; für was auch immer und so blieb ihr nichts anderes übrig, als das Ganze einfach mitzumachen. Viel Zeit bis zum Marathon blieb ihr ohnehin nicht mehr, weswegen das Training mit Martin nicht gerade zum unpassendsten aller Zeitpunkten kam. Allerdings geschieht und passiert alles, was passiert, immer zum unpassendsten aller Zeitpunkten. Egal was es war. So war dies auch nichts Besonderes mehr. Einfach ein weiteres Ereignis, das zu akzeptieren war.
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✔a.k.a. Part I - Infinity War✔
ФанфикAusgerechnet so jemand soll ein Avenger werden. Es gibt Namen, die verändern alles. Einfach alles. Zum Beispiel: Wie Menschen eine Person betrachten, behandeln oder ansehen. Ein Name kann für so viel mehr als nur ein Name sein. Er kann für Macht, Ru...