✔11

415 30 0
                                    

In Paris am Eiffelturm hab' ich ewige Liebe geschwor'n. Und in der selben Nacht mein Herz nochmal verlor'n.

- Alles mit nach Hause, Campino









Die Uhr zeigte..... Warte..... Mit zusammengekniffenen Augen stützte Jyn sich auf ihren Unterarmen hoch, blinzelte mehrfach und realisierte nach und nach, dass sie nicht zu Hause war. Ganz im Gegenteil. Kurz nach halb zwei zeigte die Uhr an der Wand und zu allem Überfluss, lag sie im Krankenhaus. Im Krankenhaus. Warum auch immer, dass wusste sie nicht mal. Das Letzte, an das sie sich erinnern konnte, war der Marathon und die Unterhaltung mit Stephen. Damit hat es sich bereits. Was definitiv nicht sein durfte. Danach musste doch noch etwas geschehen sein? So etwas wie, der Weg zum Atlas oder nach Hause. Bloß, gab es da keine weitere Erinnerung. So weit sie sich erinnern konnte und das, war nun mal nicht viel, besser gesagt, so gut wie nichts.

Noch einmal von vorne. Komplett von Anfang an. Aufstehen, zum Marathon, dort mit Leuten reden, Marathon laufen, Gespräch mit Enderson, Stephen..... und danach..... Nichts. Da war einfach nichts Weiteres. Wie konnte das sein? Übelkeit. Die Übelkeit war das, was Jyn vergessen hatte.

Aber eines, was mit all dem nichts zu tun hatte, war im Augenblick nicht zu ignorieren. Besser gesagt, zu überhören. Kein bisschen. Selbst ein tauber Mensch würde es hören. Okay gut, würde er nicht aber es war metaphorisch gesprochen. Zwei lautstark diskutierende Personen standen draußen auf dem Flur direkt vor ihrer Zimmertüre. Sollte in Krankenhäuser nicht eigentlich so etwas wie Ruhe oder ähnliches herrschen? Vielleicht mochte Jyn sich da täuschen, so etwas in der Art mal gehört zu haben.

"Strange. Wie oft muss ich es Ihnen noch erklären?", ein Mann im Kittel nahm entnervt sein Klemmbrett herunter; wiederholte sich, wie es den Anschein nahm, ein weiteres mal und dies seit geraumer Zeit, ohne ersichtlichen Erfolg, "Ich darf Ihnen die Unterlagen nicht aushändigen, noch Auskünfte geben."

"Wo liegt das große Problem, wenn Sie mir ausschließlich mitteilen, was Ihre Auswertungen ergeben haben?", entgegnete Strange und rang längst mit der Fassung, um nicht komplett auszurasten, weil der Mann vor ihm sichtlich inkompetenter war, als dieser aussah, "Es kann doch nicht so schwer sein....."

"Sie ist nicht mehr Ihre Frau", unterbrach der Arzt Stephen kühl und brachte die Sache somit auf den Punkt, wodurch Stephen auf einen Schlag damit aufhörte, weiter auf den Arzt einzureden und keine weiteren Anstalten machte, an seine Unterlagen zu bekommen, "Tut mir leid, Strange. Sie gehören nun mal nicht mehr zur Familie noch sind Sie Ihr Arzt. Insbesondere Sie müssten die Vorschriften doch am besten kennen."

"Mein Gott, von mir aus, geben Sie ihm die verdammten Unterlagen ansonsten nervt er Sie damit weiterhin......", meldet sich Jyn, fuhr sich mit der Hand über den schmerzenden Schädel und sah die beiden streitenden Männer erledigt an, "..... Ginge es ansonsten ein bisschen leiser? Nur ein kleines bisschen. Mein Kopf, der.... egal. Sie sollten ihm wirklich, was auch immer er haben möchte, geben, außer Sie möchten, dass er den Schwestern zusätzlich auf die Nerven geht und sonst noch wen in den Wahnsinn treibt. Penetrant nervig zu werden, wenn er etwas nicht bekommt, ist eine seiner Spezialitäten. Meine Erlaubnis, mein Einverständnis haben Sie..... Wenn Sie wollen auch schriftlich. Gern geschehen."

Ausatmend wandte Jyn sich ab, wankte zurück und hinüber zum Bett. Dort angekommen ließ sie ihren Blick in dem kleinen Zimmer umherschweifen, ging langsam zum Schrank hinüber und fand darin die Sportsachen, die sie zum Marathon getragen hatte. Wenn das geschehen war, was sie vermutete, dann wollte..... Nein, musste sie schleunigst nach Hause. Und zwar wirklich schleunigst und das umgehend. Ohne Zwischenstopp. Hier bleiben wäre keine sonderlich gute Idee.

"Kannst du mir sagen, was das jetzt werden soll?", fragte Stephen fassungslos, als er mit der Akte in der Hand Jyns Zimmer betrat, diese sofort beiseitelegte und ihr die Sachen aus den Händen nahm, "Du warst siebenunddreißig Stunden nicht ansprechbar. Nach derartiges kannst du nicht einfach sagen, du gehst nach Hause, als sei nichts gewesen. Hey, hörst du mir zu?"

"Bis auf die Kopfschmerzen geht es mir gut. Außerdem kann ich nicht länger hier bleiben", ohne auf Stephens Versuch einzugehen, dass es Ratsam sei hier zu bleiben, nahm Jyn erneut ihre Sachen und zog sich hastig die Hose sowie die Jacke an, "Wieso auch immer du hier bist, es ist nett, wirklich, aber ich kann nicht länger hier bleiben. Wäre keine besonders vorteilhafte Idee."

"Ich weiß nicht, für wen du mich hältst, was jedoch nichts an der Tatsache ändert, dass du mir nicht egal bist. Wirst du auch nie sein", genau diese unruhige Art, die Jyn gerade in den Tag legte, war nicht normal und schon gar nicht bei einer Person wie ihr, da er sie noch nie so erleben durfte und selbst dann nicht, wenn sie im Stress war, "Was ist los? Beim Marathon warst du bereits, vorsichtig ausgedrückt, seltsam. Vom umkippen ganz zu schweigen. Seit wir uns kennen, läufst du zweimal im Jahr eine solche Strecke. Was ist also los? Und komm mir bitte nicht, dass alles in Ordnung sei und es dir blendend geht. Jemand wie du kippt nicht einfach ohne ersichtlichen Grund um. Fünftes Semester. Du erinnerst dich. In Verbindung mit deinem, wenn du glaubst, zu wenig Zeit zu besitzen und in dem Fall, deine Trainingszeit, macht es nicht besser. Ganz im Gegenteil."

"So wäre es mir unmöglich gewesen zu trainieren. Sehe ich echt so aus. Nein, tue ich", hastig schaute Jyn ein letztes mal im Zimmer um, ob sie auch ja alles beisammen hatte, obwohl es nicht viel sein durfte und legte Stephen eine Hand auf seinen Unterarm, "Wie lange kennen wir uns? Und ich hatte nie ein Problem damit, zumal daraus nie eines wurde, und wenn ich dann doch eines gehabt hätte, hättest du es als Erster gemerkt. Du bist..... Warst Arzt.... Chirurg. Sehe ich also so aus, als gäbe es ein Problem damit? Nein. Seit Jahren nicht."

Selbst auf Rat ihres zuständigen Arztes ließ sich Jyn so schnell es möglich war, die Entlassungspapiere ausstellen und verließ keine halbe Stunde später das Krankenhaus. Entlassung auf eigene Gefahr. Auf eigene Gefahr war es ohnehin. Zufall, dass sie am Ende des Marathons 'weggetreten' war? Mitnichten. Zufälle existieren nicht. Und schon gar nicht, wenn man die letzten Wochen in Betracht zog.


Seit der Selbstentlassung aus dem Krankenhaus war Jyn zu Hause in ihrer Wohnung geblieben und hatte diese, selbst für fünf Minuten, nicht mehr verlassen. Was vor einer Woche war. Seit einer Woche hatte sie ihre Wohnung nicht mehr verlassen. Selbst Besuch wollte sie keinen haben. Ebenso wenig wie Anrufe, die sie unbeachtet ließ. In den letzten Tagen war sogar Stephen dreimal vorbeikommen, um nach ihr zu sehen, den sie ebenfalls nicht hereingelassen hatte.

Allerdings gab es bei einem Besucher, eine Ausnahme. Eine ungewollte Ausnahme. Dieser meinte nämlich, sich selbst einzuladen und hereinzulassen, da Jyn keine Anstalten machte, ihm die Türe zu öffnen. Zwei Tage nach der Abschottung von der Außenwelt, war Scott Lang vorbeigekommen und dachte sich, wenn keiner öffnet, lasse ich mich eben selbst herein. Zu diesem Zeitpunkt hatte Jyn mit Tablet im Schoß auf dem Sofa gesessen, nebenbei eine Serie über einen Serienkiller geschaut, der für die Polizei tätig war, und anschließend Lang angesehen, was das sollte. Anstatt zu Antworten hielt er lediglich eine Plastiktüte mit mehreren weißen Boxen in die Höhe, wodurch sie ihn noch entgeisterter ansah. Dreistigkeit siegt. Was auf dem Tisch lag, schien Lang zum Glück nicht bemerkt zu haben oder es interessierte ihn nicht weiter. Beides war ihr jedenfalls recht. Auf diese Art von Moralpredigt hatte sie eh keine Nerven.

Von da an, war Lang jeden Tag zur Mittagszeit vorbeigekommen; brachte irgendetwas zu Essen oder es wurde etwas bestellt, was sie dann beide gemeinsam aßen und wofür Jyn am meisten dankbar war, er stellte keine Fragen. Weder, warum sie auf keine der Dutzenden Anrufe reagierte, die Wohnung nicht verließ, was beim Marathon geschehen war noch, warum sie niemanden sehen wollte. Selbst ein Dieb wie Scott Land würde es nicht groß nachvollziehen können.




Am späten Nachmittag saß Jyn auf dem Sofa; arbeitete endlich ihre Liste von Arbeiten ab, die sie seit längeren erledigen wollte, und hob verdutzt den Kopf, als ein Knacken zu hören war.

"Lang?", rief Jyn irritiert in Richtung Flur, wartete, aber als keine Antwort kam, erhob sie sich allmählich, legte ihre Notizen beiseite und bewegte sich bedächtig in Richtung Eingangstüre, "Lang.....?"

Keine Antwort. Dies war nicht Langs Art. Kaum war Scott bei jedem neuen Besuch in der Wohnung gewesen, fing er auch schon an zu reden. Selbst wenn Jyn nicht im Wohnzimmer oder der Küche zu finden war, gar ihn irgendjemand auch nur hören konnte, fing er an zu quasseln. Jetzt jedoch nicht. Kein Gequassel. Definitiv nicht Lang.

✔a.k.a. Part I - Infinity War✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt