Kapitel 9 | zweites Gesicht

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Zephyr

Ich entschied mich mit meinen Nachforschungen gleich nach meinem Nickerchen zu beginnen. Zwar habe ich nicht lange geschlafen, doch immer noch länger als Sora, der sich noch immer auf meinem Bett hin und her wälzte. Nachdem ich also wieder bei all meinen Sinnen war, holte ich eine Dienerin zu mir und ließ mir deswegen das Verzeichnis der Stammbäume bringen, wo eigentlich alles zu Soras Person dokumentiert sein sollte. Die Menschen und ihre zwanghafte Art alles aufzuschreiben. Ich schüttelte innerlich den Kopf, als ich den Wälzer in meinen Händen hielt. Mit einem knappen Nicken teilte ich der Dienerin mit, dass sie nun wieder gehen konnte. Ich ließ mich auf die kleine Couch nieder und schlug das Buch auf. Lange suchen brauchte ich nicht, denn Sora war die letzte Generation, die hier verewigt wurde. Leider gab es nicht viel über ihn zu lesen, da wohl der Kontakt zwischen diesem und seinem Königreich nicht der beste war und Sora noch recht jung. Bis auf die äußerliche Erscheinung, war nur noch sein Stammbaum vertreten. Meine Stirn legte sich in Falten als ich sah, dass sein Vater unbekannt war. Scheinbar hat seine Mutter das Königreich von ihrem Vater geerbt, da sie sein einziges Kind war und nicht wie die meisten einen König geheiratet hatte. Es machte mich stutzig das zu lesen und ich sah nochmal zu ihm. Ob er vielleicht seinen Vater kennt? Wahrscheinlich nicht, wenn ihn sonst auch niemand kennt. Das ist aber auch ziemlich seltsam, immerhin ist er ein Prinz gewesen. Da sind die Menschen doch recht sensibel, wenn es um Adlige und ihre Abstammung ging. Ich senkte meinen Blick wieder, nachdenklich auf das vergilbte Papier, auf dem die Zeichnung eines Stammbaumes dokumentiert war. Wer weiß, vielleicht hat Lady Satra noch ein paar Dokumente über seine Herkunft und seinen Verwandten, eventuell steht da sogar etwas über diese Akira drin. "Prinz Zephyr.", überrascht hob ich meinen Blick als Sora direkt vor mir stand. Warum habe ich ihn nicht gehört? War ich tatsächlich so tief in meinen Gedanken? "Ich werde mich nun meinen Aufgaben zuwenden.", erklärte er mir sein Vorhaben. "Deine einzige Aufgabe wird es sein, stets abrufbar für mich zu sein und all das zu machen, was ich von dir verlange." unterrichtete ich ihn, da es mir so vorkam, als wüsste er nicht was ein privater Diener alles zu machen hatte – verwunderlich, da er ja der vorherige von Satra war. "Aber Carla musste doch Berichte schreiben?", wendete er etwas unsicher und verwirrt ein. Ich hob eine Augenbraue. Das war mir neu. "Welche Art von Berichten?", wollte ich genauer wissen und schlug das Buch zu. Ich erhob mich und sah wieder auf ihn hinab. "Berichte über das Verhalten der Diener.", antwortete Sora zunehmend verunsichert und wich meinem Blick aus. So etwas habe ich nie angeordnet.

Ich nickte nur einmal langsam und dachte mir den Rest, auch malte ich mir bereits das Verhör mit ihr aus.

Diese kleine Schlange.

"Geh auf dein Gemach und erfülle deine Aufgabe.", seufze ich dann und machte eine wegscheuchende Gestik. "Ehm...", er machte zwar ein paar Schritte zurück, doch sah hilfloser aus als ein Welpe allein im Wald. "Was?", seufze ich nun etwas genervt. Was war denn an diesem Auftrag unerklärlich? "Was ist nochmal genau meine Aufgabe?", wollte er vorsichtig wissen und sah mich zaghaft an. Er hatte die Haltung, als würde ich ihn gleich anfallen, total eingesunken, mit den Kopf zwischen den Schultern versteckt. Als seine Augen meine trafen entspannte ich mich augenblicklich und ich dachte sofort daran, dass man ihn eindeutig zu oft geschlagen hatte. "Sei einfach abrufbar.", erklärte ich noch einmal ziemlich ruhig und entspannter. "Wie ihr wünscht.", nickte er und eilte aus dem Raum, als würde ich mich doch noch umentscheiden und ihn töten. Damit konnte ich nicht arbeiten. Doch bevor ich mich um das geringere Übel kümmere, schaue ich mir doch einmal diese Berichte an, die Carla angeblich für mich schreiben sollte. Und so kam es dann auch, dass ich sie in ihrem hübschen kleinen Einzelzimmer im Untergeschoss besuchen kam. "Wie ich sehe bist du schon wach", sprach ich sie gleich an. Erbärmlich, war das erste was mir in den Sinn kam, als ich sie da so liegen sah, auf dem dreckigen und feuchten Zellenboden. So hatte sie sich das bestimmt nicht vorgestellt. "Was willst du?", ihre Stimme war nur ein gepresstes und schwerfälliges Knurren, doch ich verstand sie gut. "Die Berichte lesen, die du anscheinend fleißig für mich geschrieben hast.", ein Grinsen zuckte über meine Lippen, als ich deutlich sah wie sie ihren Kiefer aufeinander presste und leicht ihre Fäuste ballte. "Hat dir diese Hure davon erzählt?", ihre Stimme wurde kälter und hasserfüllt. Undankbare Schlampe. "Zum einen bist du dank dieser 'Hure' noch am leben und zum anderen, bist du die Hure findest du nicht? Du hast wohl neben mir noch einen anderen Herren, für den du sogar spionierst.", nun wurde auch meine Stimme kalt und ich ließ mich am Gitter langsam in die Knie gleiten. "Wo sind die Berichte?"m fragte ich sie dann, wobei ich meiner Stimme Nachdruck verlieh. "Bereits alle bei meinem Herren", sie drehte ihren Kopf zu mir und ich erkannte ein Grinsen. "Und was will er mit Berichten über die Sklaven?", hackte ich nun etwas ruhiger und nicht mehr ganz so bedrohlich nach. Sie zeigte sich ja wenigstens etwas kooperativ. "Sage ich dir nicht", warf sie es direkt zurück.
Ich nehme es zurück.
Ein leises Brummen drang aus meiner Kehle. Sie wird mir auch nicht sagen wer ihr Meister ist, doch das brauchte sie auch nicht. Ich wusste bereits wer es mit Sicherheit war. "Haltet sie mit dem Nötigsten am Leben!", befahl ich den Wyvern, die links und rechts neben ihrer Zelle standen. Sie nickten einmal und mit einem letzten Blick auf die, mit Blut besudelte, Brünette ging ich dann auch wieder. Ich wollte einige Sachen für ein Treffen arrangieren. Es konnte sich nur um Carlos handeln, der ehemalige Herr von Carla. Zwar haben wir uns erst vor kurzem gesehen, doch ich bin sicher er freut sich auf einen kleinen Besuch von mir. Und bis dahin werde ich mich etwas über Sora schlau machen, oder eher ich überlasse das anderen und versuche etwas direkt von der Quelle zu erfahren, was ohne eine gewisse Bindung schwierig werden könnte. 




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