Kapitel 10 | Caldeum

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Sora

"Ich habe eine Aufgabe für dich, Sora.", teilte mir Zephyr, ohne große Umschweife, mit. Ich sah von meinem Schoß auf und den Prinzen an. "Wenn wir gleich bei Prinz Carlos Schloss angekommen sind, wirst du dich in seinem Gemächern umsehen.", erklärte er mir auch gleich. Etwas entgeistert sah ich in seine eisblauen Augen, die kein 'Nein' akzeptieren würden. Ich verstand nicht, warum er wollte, dass ich bei einem verbündeten Drachen herum schnüffelte, doch er meinte es wahrscheinlich ernst. Ich hatte also kein Recht darauf zu verweigern. Wir waren bereits drei Tage nach dem Vorfall mit Carla aufgebrochen, ohne wirklichen Grund. Auch hatte ich nicht noch einmal die Chance gehabt sie zu besuchen, und sie zur Rede zu stellen, so gern ich es auch wollte. Mir brannten viele Fragen auf der Zunge, die ich ihr stellen wollte, doch man ließ niemanden zu ihr.

Schon einen halben Tag saßen wir hier in der Kutsche, nur der Prinz und ich. Zwei Wyvern saßen vorne beim Kutscher und vier folgten auf Pferden. Ich wusste nicht genau, warum er so viele Wachen brauchte, denn verteidigen konnte er sich bestimmt auch gut allein, als 'mächtigster Drache'. Bevor ich mir jedoch darüber Gedanken mache, sollte ich mich besser auf den kommenden Auftrag konzentrieren. "Nach was soll ich denn suchen?", wollte ich wissen, mich langsam mit dem Gedanken abfindet, in einem völlig fremden Zimmer herum zu schnüffeln wie ein elender Dieb. "Nach den Berichten die Carla schrieb.", das überraschte mich noch mehr als sein eigentlicher Auftrag und warf erneut Fragen auf. Ging er davon aus, dass Carla die Berichte für Carlos schrieb? "Was möchte denn ein verbündeter Prinz mit Berichten über die Sklaven?", fragte ich ihn vorsichtig und versuchte irgendeine Emotion in seinen Blicken zu erkennen – vergeblich. "Das möchte ich auch herausfinden. Er ist jedenfalls der ehemalige Meister von Carla gewesen, und da die Berichte an niemanden aus meinem Bestand gingen, kann nur er dahinter stecken.", erklärte er mir komischerweise sehr offen. Das er mir das alles sagte verwunderte mich zuzüglich noch ein wenig, aber warum sollte er es mir auch verheimlichen? Ich konnte so gut wie nichts mit diesen Informationen anrichten, außer meine eigene Neugierde befriedigen. "Was werde ich sagen, wenn ich erwischt werden sollte?", ich konnte ja schlecht sagen, dass der Prinz mich beauftragt hat. "Die Wahrheit natürlich, oder denkst du du kannst einen Drachen belügen?", schmunzelte der Prinz gerade heraus. Da hatte er auch wieder recht. "Warst du schon einmal im Caldeum?" - "Ja, ich war früher mit meiner Mutter dort zu Besuch. Unsere Familien waren befreundet", antwortete ich leiser auf den Themenwechsel, wobei ich versuchte nicht wieder abzuschweifen. Die Erinnerung an die schöne Zeit lagen mir wie ein Stein im Magen. Prinz Zephyr ließ es damit auf sich beruhen und wir verbrachten die restliche Kutschfahrt schweigend.

"Carlos, schön euch zu sehen.", ich erkannte sofort, wie gekünstelt Zephyr sich verhielt. Er hatte eine Maske auf, auch vor mir. Das Gefühl hatte ich von Anfang an, nur wenn andere Drachen dabei waren, war es umso deutlicher. Ich war anscheinend der Einzige, der das erkannte, denn Carlos begrüßte den Prinzen mit ehrlicher Freundlichkeit und Höflichkeit. Seine Aufmerksamkeit wendete sich kurz mir zu und er fuhr meinen Körper ab. Mittlerweile war ich diese Blicke auf mir gewohnt, denn viele Wyvern im Schloss sahen mich genauso prüfend an. Bei ihm war es dennoch ein etwas anderes Gefühl. Seine Augen waren braun, fast schon schwarz und nicht weniger unaufmerksam, als die blauen meines Herren. Sein Haar war ebenfalls braun, doch eher Haselnussbraun als dunkel. Es hatte einen interessanten Schnitt. An den Seiten war es recht kurz und oben drauf länger gehalten. Ebenso wie Zephyr war seine Haut makellos, doch deutlich brauner. Er sah so aus, als würde er sich viel in der Sonne aufhalten, was eigentlich nur Bauern taten. "Hübscher Diener", kommentierte er meine Wenigkeit. "Hm... da habt ihr allerdings Recht", stimmte Zephyr schmunzelnd zu und seine hellen Augen trafen mich ebenfalls. Das Gefühl von Unbehagen verstärkte sich ein wenig, immerhin sind beide ihrer Blicke ziemlich intensiv Was sie wohl an mir haben? So besonders war ich nun auch nicht, dass man mich bei jeder Gelegenheit anstarren brauchte. "Wofür gebraucht ihr ihn? Kümmert er sich um den Nachwuchs bei euren Sklaven?", unterhielten sie sich, während Carlos uns in seinem Schloss herum führte. Die Frage ließ mich erröten, denn allein der Gedanke daran war peinlich und unangenehm. "Nein, er ist mein persönlicher Besitz und kümmert sich ausschließlich um meine Verlangen.", der Prinz ließ es mit Absicht so anzüglich klingen, was ich an dem amüsierten Ton und einem kurzen Blick den ich von ihm erhaschen konnte, feststellen konnte. Auf meinen Wangen entflammte ein Feuer, welches mir nicht zu verbergen gelang. Wie konnte er so etwas sagen? War es ihm nicht peinlich? Ich wendete meinen Blick von den Beiden ab und konzentrierte mich gezwungen auf die Umgebung.
Wie lange war ich nicht mehr hier? Ein stummer Seufzer entfuhr mir als ich die riesigen Flure entlang lief. Erinnerungen kamen und drängten sich erneut in meine Gedanken. Wie oft habe ich hier mit meinen Freunden gespielt und uns die wildesten Geschichten ausgedacht? Damals konnten wir alles sein, doch fast jedes mal ging es um die Rettung einer Prinzessin vor einem Bösewicht. Akira war in den meisten Fällen die Prinzessin, während ich ihr Retter war und Claude war der Bösewicht. Leider blieben es jedoch nur Geschichten und ich konnte nie ein wirklicher Held werden.

Dragon's SlaveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt