Kapitel 8 | Undurchschaubar

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Zephyr

Sie krallte sich in meine Kleidung und ich merkte wie sie mühevoll versuchte sich auf ihren Beinen zu halten. "Zeph...", flüsterte sie gepresst und versuchte mich von sich zu drücken, doch ich hielt sie unerbittlich in meinen Armen gefangen. "Es reicht... ich.. ich sterbe", teilte sie mir das mit, was ich eh schon wusste. Sie wollte es aber nicht anders, denn es war Verrat, und den dulden wir nicht mehr. "Ich sterbe... Zephyr", keuchte sie panisch und verlor letztlich ganz ihre Kraft. Sie wurde bewusstlos doch ich dachte gar nicht daran aufzuhören. Warum sollte ich sie verschonen? Dachte sie wirklich, sie würde mir etwas bedeuten, nur weil ich ihr Blut trank? Naives Menschenmädchen! "Prinz Zephyr, bitte tötet sie nicht", kam es von hinten. Ich löste mich von der Sklavin und drehte mich, mit ihr schlaff in meinem Arm hängend, zu Sora. Er stand gerade vom Sofa auf, und schien noch sehr wackelig auf seinen Beinen zu sein, wie ein Fohlen, welches zum ersten Mal aufsteht. Seine Hautfarbe hatte die von Kalk angenommen und er schien total ausgelaugt. "Sie beging Hochverrat. Sie wollte mich umbringen.", meine Stimme war kühl und ernst, wobei ich mir nicht meine Verwirrung anmerken ließ. Sie hat ihn böse zugerichtet, er wäre gestorben ohne mich, und jetzt nimmt er die Täterin in Schutz? Versteh einer mal diese mickrigen Menschen. "Bitte Prinz... sie ist alles was ich habe.", er machte ein paar wackelige Schritte auf mich zu und stolperte die restlichen. Gerade so schaffte er es noch, mit seinen Fingerspitzen meinen Ärmel zu ergreifen. Standhaft blieb ich stehen, während sich der Sklave an mir hochzog. "Bitte..!", er sah mir eindringlich in die Augen, unter denen dunkle Augenringe waren.

Aus irgendeinem Grund - ich schiebe es mal auf meine unerschöpfliche Güte - ließ ich das Mädchen achtlos aus meinen Armen zu Boden fallen. Er ließ sich auch auf seine Knie fallen und starrte auf die blutende Wunde an ihrer Schulter. Ich rief nach Wachen die sie wegschaffen sollten, bevor sie mir noch den ganzen Boden voll blutete. Mit einem Taschentuch tupfte ich mir ihr Blut aus dem Mundwinkel und von meinen Lippen ehe ich es zurück in meine Brusttasche verstaute. "Ich habe nicht so viel Blut getrunken, warum also bist du so schwach?", verlangte ich zu wissen, wobei ich seine emotionale Krise ignorierte. Es war, als sähe er zum ersten mal Blut. "Ich habe kaum geschlafen die letzten Nächte. Ich musste noch meine ganzen Arbeiten verrichten, die ich an den Tagen nicht geschafft habe.", erzählte er mir, wobei er mich nicht ansah, seinen Kopf nicht hob oder eine andere Körperbewegung machte. Mir schien es, als sei er wie in Trance. "Sie wird es überleben.. vielleicht", sprach ich ihn auf Carla an, um ihn hoffentlich so etwas zu beruhigen. "Es blutet so stark..", gab er zurück und fuhr sich mit einer Hand durch sein gold blondes Haar. Es dauerte nicht mehr viel länger, ehe zwei Männer in Rüstung das Zimmer betraten und Carla davon schliffen. Sora sah ihr noch ziemlich lange nach, und auch ich würdigte ihr einen kurzen, jedoch verächtlichen Blick. Sie konnte von mir aus in der Zelle versauern. "Herzlichen Glückwunsch, du bist von nun an mein neuer persönlicher Sklave.", ich klatschte einmal trostlos in die Hand und sah ohne große Regungen in der Miene zum ehemaligen Prinzen hinab. "Leg dich in das Bett und schlafe!", befahl ich ihm und erntete perplexe Blicke. Wieso macht er nicht einmal das, was ich ihm sage, wenn ich es sage? Ich brummte genervt, und siehe da, er sputete sich jetzt sogar ein bisschen. Auch wenn er sich zögerlich auf das Bett setzte und nochmal einen Blick zu mir warf, so gehorchte er dann endlich und legte sich ins Bett. "Benutz doch auch die Decke, dafür ist sie da.", ich seufze einmal und wieder gehorchte er brav und zog sich die Decke unter dem Körper hinweg, um sie dann über sich zu legen. Er schloss die Augen, doch war er alles andere als entspannt. Ich konnte deutlich erkennen, wie die Anspannung in seinen Muskeln steckte, doch das war seine Sache. Wenn er glaubt, ich lese ihm jetzt noch eine Gutenachtgeschichte vor, dann hat er sich geschnitten.

Warum ließ ich ihn in meinem Bett schlafen, fragte er sich bestimmt. Ich weiß es ja auch selber nicht, wahrscheinlich wollte ich einfach mehr über ihn herausfinden, und das ging am besten, wenn ich ihn beobachten konnte. Er war anders als die Anderen. Ob es daran lag, dass er ein Prinz war? Nein, Reichtum verändert zwar Menschen, aber nicht in der Art, in der er anders war. An seiner Erziehung kann es auch nicht liegen, jedenfalls war seine Mutter alles andere als gerecht zu ihrem Volk, und wo sein Vater war, weiß auch niemand. Ich trommelte mit meinen Fingern auf meinen Oberarmen und wippte leicht mit meinem Fuß. Der Sessel indem ich saß, war zwar äußert bequem, doch er ließ mich trotzdem nicht zur Ruhe kommen. Mein Blick schweifte zu ihm. Seine Brust hob und senkte sich gleichmäßig und er schaffte es wohl nach unzähligen Momenten zu schlafen. Wurde ja auch mal Zeit. Doch irgendwas schien ihm keine Ruhe zu lassen, denn er zuckte immer mal wieder leicht zusammen und selbst das Gemurmel vernahm ich deutlich. Er wiederholte das Wort "Mama" und ein paar Namen die ich nicht kannte. Wahrscheinlich weckte das weiche Bett Erinnerungen bei ihm. Wie dem auch sei, so etwas interessierte mich nicht. Er durfte nur nicht vergessen, wo er steht, wo die Menschheit steht. Wohin wir sie gedrängt haben, und behalten werden. "Akira!" Das Gemurmel wurde zu einem leichten Keuchen und ich hob meine Augenbrauen. Dieser Name wurde jetzt schon öfter genannt. Ein Mädchen aus seiner Jugend? Vielleicht sogar seine Freundin? Vielleicht weiß sie ja etwas über ihn. Ich sollte mich also bei Lady Satra schlau machen über dieses Mädchen. Mal sehen welche Wendung sein Traum nimmt, der anscheinend ziemlich lebhaft war. Schweißperlen bildeten sich auf seiner Brust und er wechselte nun häufiger die Seite auf der er schlief. Auch seine Haltung krümmte sich leicht, doch sein Geruch sagte mir, dass es kein schlechter Traum ist. Meine Leidenschaft verfolgte ihn wohl selbst in seinen Träumen. Mit einem selbstgefälligen Lächeln wendete ich meinen Blick wieder ab und ließ meine Lider sinken. Ob er es versuchen wird zu verstecken? Lassen wir uns mal überraschen.

Zwar war es ungemütlich auf dem Sessel zu schlafen, doch einen Teufel würde ich tun und mich zu ihm ins Bett legen. Wir kannten uns nicht, und hatten einen völlig unterschiedlichen Posten in der Gesellschaft. Außerdem war er es nicht würdig, jedenfalls wenn hinter seinen Handlungen nur Naivität steckte. Vielleicht sollte ich einige Situationen provozieren, um zu sehen wie er reagiert, und vielleicht greife ich da auf seine geliebte Carla zurück, oder auf Akira - wenn sie denn noch lebt.



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