7- Unbeschwert

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Nach gefühlten Ewigkeiten habe ich endlich alle Vorlesungen für diesen Tag hinter mir und fahre mit der Straßenbahn in das kleine Café. Meine Laune ist etwas besser als heute morgen.

Wie immer gehe ich erst einmal in den kleinen Mitarbeiterraum und verstaue Tasche und Jacke. Ich binde mir die Schürze um und verstaue den kleinen Block und den Stift in meiner Hosentasche. Pünktlich zu Schichtbeginn gehe ich nach vorne in den Kundenbereich. Die nächsten Stunden sind stressig, da heute besonders viel los ist. Ich bin die ganze Zeit voll beschäftigt mit den Kunden, mit den Tischen und immer neuen Bestellungen.

Als ich nach meiner Schicht das Café verlasse bleibe ich einen Moment draußen stehen und lasse mich von dem kalten November- Wind umwehen. Angenehm kühlt er mein Gesicht ab. Ich atme tief ein und aus. Dann mache ich mich auf den Weg nach Hause.

Dort falle ich hundemüde ins Bett und falle sofort in einen tiefen Schlaf. Am nächsten Tag wache ich gegen neun Uhr auf. Ich hab fast 13 Stunden geschlafen. Leicht schmunzelnd setze ich mich auf und reibe mir den Schlafsand aus den Augen. Ausnahmsweise fühle ich mich wach und ausgeschlafen. Ich stehe auf und tausche meine Anziehsachen vom gestrigen Tag gegen eine gemütliche Jogginghose und einen Pulli. Meine Haare binde ich zu einem unordentlichen Dutt zusammen und ich gehe erstmal ins Bad um mich abzuschminken, was ich gestern nicht mehr geschafft hatte. Ich wasche mir mein Gesicht und putze die Zähne.

In der Küche mache ich mir wie jeden Morgen einen Kaffee. Diesmal beschließe ich auch zu frühstücken, was ich in der Woche nicht tue. Ich schmiere mir ein Brötchen, schneide mir etwas Obst und setze mich vor den Fernseher. "So kann der Tag gut losgehen", murmle ich während ich beginne mein Frühstück zu essen.

Gefühlte Jahre später stehe ich endlich wieder von der Couch auf und ziehe mir richtige Anziehsachen an und schminke mich etwas. Wieder kommt mir die Melodie in den Sinn und ich beschließe sie endlich auf richtigem Papier festzuhalten. Mit Notenpapier bewaffnet setze ich mich an mein Klavier und beginne Teile zu spielen und sie dann aufzuschreiben. Etwas später habe ich zumindest ein Grundgerüst aufgeschrieben, an dem ich noch weiterarbeiten kann.

Ich beschließe etwas nach draußen zu gehen und ziehe mir eine Jacke an. Mit Blick nach draußen entscheide ich mich auch für eine Mütze, Handschuhe und einen Schal. Ich ziehe mir meine Boots an, stecke noch schnell mein Handy ein und gehe nach draußen. Die Kälte des Novembers ist an diesem Tag deutlicher zu spüren als die Tage zuvor. Automatisch ziehe ich mir meinen Schal enger um den Hals. Die Kälte kriecht mir langsam die Beine hoch und ich gehe hastig los, um nicht allzu sehr zu frieren. Ich gehe in den Park in der Nähe unserer Wohnung und setze mich auf eine Bank direkt neben dem kleinen See. Das erste mal an diesem Tag zeigt sich die Sonne und die letzten Strahlen dieses Jahres wärmen mich etwas.

Für einen kleinen Moment schließe ich die Augen und genieße die Sonne, welche mein Gesicht liebkost. Wärme macht sich in mir breit. Vorsichtig öffne ich meine Augen und blinzle, bis meine Augen wieder normal sehen können. Im Park sind zu dieser Zeit viele Leute, die ich nun von meinem Platz aus, beobachte. Manche scheinen von der Eile angetrieben beinahe zu rennen, nur um irgendwelche banalen Sachen zu erledigen. Andere schlendern nur so durch den Park. Viele Jugendliche kommen vorbei und scheinen völlig in ihre Smartphones vertieft zu sein. Völlig versunken in einer unrealen, virtuellen Welt. Verständnislos schüttele ich den Kopf. Dann sehe ich eine kleine Familie. Mutter und Vater mit ihren kleinen Tochter. Lachend laufen sie über die Wiese und spielen fangen. Das kleine Mädchen stolpert über ihre kleinen, noch tollpatschigen Füße und fällt hin. Augenblicklich zucke ich leicht zusammen. Beide laufen sofort zu ihrem Kind, nehmen die kleine in den Arm, trösten sie. Und schon ist die Welt wieder in Ordnung für sie und sie läuft lachend weiter. Auf meine Lippen schleicht sich ein Lächeln. Als Kind ist das Leben noch so unbeschwert und wenn doch mal was ist, kommen Mami und Papi und machen die Welt wieder in Ordnung. Leise seufze ich. Ja, Kind sein ist schon was besonderes.

Als Kind möchte man unbedingt Erwachsen sein und wenn es dann soweit ist, ist es genau umgekehrt. Wie Paradox. Ich schmunzle über meine eigenen Gedanken. Mein Handy vibriert in meiner Tasche und reißt mich aus meinen Träumerein. Schnell fische ich es aus meiner Jackentasche und entsperre es. Wieder seufze ich, als ich sehe wer mir geschrieben hat. Damon und zwar mehrere Nachrichten. Plötzlich dämmert es mir wieder ein. Ich hatte gestern Abend natürlich nicht mehr auf mein Handy geschaut. 'Hey Emma, geht es dir wieder besser?' 'Du warst schon so lange nicht am Handy. Ist alles in Ordnung?' 'Ich mache mir etwas Sorgen. Gute Nacht Emma. Wo auch immer du gerade bist, pass auf dich auf und schlaf gut' 'Emma?'. Oh Gott, hatte er sich wirklich sorgen gemacht? Kurzerhand antworte ich ihm. 'Hey Damon. Tut mir leid, dass ich mich gestern nicht gemeldet hab. Bin nach der Arbeit in einen komaartigen Schlaf gefallen. Mir geht es wieder besser :)'.

Ich stecke mein Handy zurück an seinen Platz in die Jackentasche und mache mich langsam wieder auf den Weg nach Hause. Dort angekommen hänge ich Jacke, Schal und Mütze wieder weg und ziehe meine Schuhe aus. "Grace?", laut rufe ich ihren Namen durch die Wohnung um festzustellen, ob sie zuhause ist. Keine Antwort. Ich gucke in ihr Zimmer, welches auch leer ist. Wo ist sie bloß? Auch in der Küche ist keine Nachricht von ihr. Wahrscheinlich ist sie bei ihrem neuem Freund. Seufzend gebe ich die Suche auf.

Ich hole mein Handy wieder aus meiner Jacke, um zu schauen, ob Damon geantwortet hat. Langsam werde ich verrückt, zumindest habe ich das Gefühl. 'Ein Glück hatte mir schon Sorgen gemacht. Was hältst du von gemeinsam Essen kochen bei mir?' Er überrascht mich immer wieder und das obwohl wir uns erst seit wenigen Tagen kennen. 'Klingt gut'. Wie immer bin ich verwundert über meine Antwort. 'Gut, dann hole ich dich in einer Stunde ab'.

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