32- Kämpfen

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Nachdem Damons Familie bei ihm war, darf ich endlich auch zu ihm. Ich ziehe mir die vorgeschriebene Schutzkleidung an und desinfiziere mir die Hände. Dann werde ich von einer Krankenschwester in Damons Zimmer gebracht.

Ich schluchze laut auf. Damon sieht so verloren aus in dem großen Bett. Überall um ihn herum stehen Bildschirme und Geräte. Er wird durch einen Schlauch in seiner Luftröhre beatmet. In seinem Gesicht sind unzählige Wunden und Schnittverletzungen.

Neben seinem Bett steht ein Stuhl, auf diesen setze ich mich nun. Behutsam nehme ich Damons Hand und streiche darüber. Die Tränen laufen ununterbrochen über meine Wangen. Das darf alles nicht wahr sein. Es fühlt sich an wie ein Albtraum. Mit dem kleinen Unterschied das ich nicht schlafe. Es ist meine Realität.

"Hey", murmele ich leise und streiche sanft über Damons Hand. Meine Stimme zittert.

"Du musst kämpfen, Damon. Du musst das schaffen. Ich kann das alles nicht ohne dich", ich schluchze laut.

"Außerdem hast du gesagt, dass du bleibst. Du hast gesagt, dass du mich nie verlässt".

Mein ganzer Körper bebt. Ich weine und schluchze. Und es tut weh. Ich habe körperlich Schmerzen. Wie soll ich das schaffen?

In der Zimmertür steht eine Krankenschwester. Scheinbar hat sie alles mitgehört. Ihre Augen glänzen verdächtig. Beinah so als würde sie auch mit den Tränen kämpfen.

"Lassen Sie sich nicht von mir stören. Ich muss nur die Werte notieren", erklärt sie während sie die Maschienen kontrolliert.

"Meinen Sie er kann mich hören?". Mein Blick ist vor Tränen verschleiert. Ich kann sie kaum erkennen.

"Ja das glaube ich. Bei ihrem Freund ist die Medikation nicht so hoch. Ich glaube, dass er sie hören kann". Sie lächelt. Nachdem sie fertig ist, verlässt sie den Raum wieder.

"Ich gehe jetzt wieder, aber ich komme dich morgen wieder besuchen. Bleib stark, denn wir brauchen dich alle".

Ich drücke seine Hand sanft und verlassen dann den Raum. Die anderen warten immer noch im Aufenthaltsraum auf mich. Als ich die Tür öffne, schließt Grace mich sofort in ihre Arme.

"Wie wäre es wenn wir jetzt alle erstmal nach Hause fahren und gemeinsam etwas kochen und uns ein wenig ausruhen?", schlägt Lucy vor.

"Ich bleibe hier", antworte ich wie aus der Pistole geschossen.

"Kommt nicht in die Tüte Emma", bestimmend sieht Grace mich an.

"Warum nicht?". Ich bin schon wieder den Tränen nahe.

"Weil das Damon nicht weiter bringt und dir nicht gut tut. Du musst dich ausruhen. Du hast die halbe Nacht nicht geschlafen".

"Und Damon würde nicht wollen, dass du dich hier kaputt machst", fügt Lucy sanft hinzu.

Geschlagen nicke ich und wir fahren alle zu uns in die WG. Damons Eltern kommen auch mit. Die beiden Kochen für uns alle Lasagne. Automatisch muss ich daran denken als ich das erste mal mit Damon Lasagne gemacht habe. Als Grace mir ein Taschentuch reicht, merke ich, dass ich schon wieder weine. In den letzten Tagen habe ich mich wirklich in ein emotionales Wrack verwandelt. Behutsam bugsiert Grace mich auf unser Sofa. Sie deckt mich zu und bringt mir einige Minuten später meinen Lieblingstee.

"Ruh dich aus, Em. Vielleicht machst du mal für einen kleinen Moment die Augen zu".

In Ruhe trinke ich meinen Tee und liege dann eine Weile einfach nur auf dem Sofa, wie Grace es vorgeschlagen hat. Und ehe ich mich versehe falle ich in einen tiefen Schlaf. Mein Körper ist so erschöpft von den letzten Tagen, dass ich zwölf Stunden am Stück schlafe und erst am nächsten Tag wieder aufwache. Es ist noch früh morgens, aber ich fühle mich tatsächlich sehr erholt. So lange habe ich ewig nicht am Stück geschlafen. Lucy liegt neben mir auf dem Sofa und schläft friedlich. Auch ihr ist die Erschöpfung der letzten Stunden deutlich anzusehen.

Ich stehe auf und gehe ins Bad. Dort entferne ich erstmal die Reste meiner Schminke aus meinem Gesicht. Anschließend putze ich meine Zähne und gehe unter die Dusche. Als ich Minuten später wieder frisch angezogen bin fühle ich mich zumindest etwas besser. In der Küche stöbere ich verzweifelt nach etwas zu essen, muss aber feststellen das der Kühschrank so gut wie leer ist.

Kurzerhand mache ich mich auf den Weg zum Supermarkt, um einzukaufen. Mit meinem Einkaufswagen fahre ich durch die unzähligen Gänge und halte Ausschau nach Lebensmitteln, die mir gefallen. Wie so oft muss ich feststellen, dass einkaufen mit leerem Magen  eine ziemlich dumme Idee ist. Es gefällt einem alles und man bekommt augenblicklich Hunger auf alles. Kurz bevor ich bei der Kasse bin sehe ich Ruby im Augenwinkel. Auch sie bemerkt mich und kommt lächelnd zu mir rüber.

"Hey Emma. Schön dich zu sehen". Sie strahlt.

"Hey Ruby", ich lächle leicht, was mir ziemlich schwer fällt heute.

"Ist alles in Ordnung?", sie mustert mich eindringlich.

Als Antworte nicke ich nur und versuche irgendwie überzeugend zu wirken.

"Hast du heute Zeit für eine spontane Bandprobe?".

"Klar, wann denn?".

"Heute Nachmittag. Sagen wir so um drei?".

"Hört sich gut an. Schickst du mir die Adresse noch?".

Sie bejaht meine Aussage und wir verabschieden uns vorerst. Innerlich überlege ich, ob ich vor oder nach der Bandprobe ins Krankenhaus fahren soll. Ich komme zu keinem Entschluss und beschließe, dies gleich mit den anderen zu besprechen.

Schnell bezahle ich alle Sachen und mache mich dann wieder auf den Weg zur Wohnung. Dort angekommen räume ich schnell alle Sachen weg. Grace und Lukas kommen verschlafen aus ihrem Zimmer. Und auch Lucy ist inzwischen aufgestanden. Damons Eltern sind erstmal nach Hause gefahren.

"Was haltet ihr von Frühstück?", frage ich und halte die Tüte mit den Brötchen hoch.

Alle nicken begeistert und helfen das Frühstück vorzubereiten. Wenig später sitzen wir alle gemeinsam am Frühstückstisch.

"Ich hab heute Nachmittag um drei Uhr die erste Bandprobe", murmle ich und beiße in mein Brötchen.

"Das ist doch super". Grace lächelt.

"Ich will lieber ins Krankenhaus".

"Damon würde wollen, dass du zu der Probe gehst. Er hat sich beinahe noch mehr gefreut als du", sagt Grace mit Nachdruck.

"Du hast recht". Sogar ich schaffe es etwas zu lächeln.

"Er scheint dich wirklich gerne zu haben, Emma". Auch Lucy lächelt.

Wir frühstücken zu Ende und räumen alles gemeinsam auf. Die nächsten Stunde ruhe ich mich etwas aus und spiele Klavier. Als es Zeit wird beginne ich mich fertig zu machen. Ich schminke mich, um die Erschöpfung der letzten Stunden zumindest etwas zu überdecken. Dann suche ich ein passendes Outfit raus und mache mich auf den Weg zu der Bandprobe.

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