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Er

Ich ging aus meinem Haus und wurde auf eine Gruppe von Männern aufmerksam, die sich mitten im Dorf versammelt hatte.
Vor mehreren Tagen hatten wir hier noch das Sommerfeuer entzündet, um die Natur und ihre Erzeugnisse zu würdigen.
"Heute ist es so weit! Wir werden den Wald erkunden und uns mit dem Erlegten auf den Winter vorbereiten!"
Jeder stimmte dem Mann an der Spitze zu und ich ging zu ihm.
"Guten Morgen, Dad. Darf ich mitkommen?"
"Aber natürlich mein Sohn!"
Er grinste und die gröhlende Meute wurde ungeduldig.
"Nun, lasst die Jagt beginnen!"
Ich bekam einen kleinen Dolch und ein Schwert, das ich mir in die Schneide steckte, um schneller laufen zu können.
Alle Frauen mussten hier bleiben und später das Fleisch haltbarer machen.
Meine Gedanken drifteten ab und ich stand eine Weile einfach nur auf dem Marktplatz.
Vielleicht sehe ich sie ja wieder.
Die Gruppe ging los und ich lief meinem Vater hinterher.
Als ich ihn eingeholt hatte, waren wir schon im Wald, weshalb ich immer mehr an das Mädchen denken musste.
Wieso habe ich sie nicht nach ihrem Namen gefragt?
Wo wohnt sie?
Und wie konnte sie sich so nah an unserem Dorf aufhalten?
Ich schüttelte den Kopf, um die vielen Fragen für den Augenblick ignorieren zu können.
"Wir teilen uns auf. Ihr geht nach Westen, ihr nach Osten und wir laufen weiter in Richtung Norden." bestimmte unser Oberhaupt und ich ging mit ihm geradeaus.

Als wir schon tief im Wald waren, hatten wir drei Rehe, ein Wildschwein und vier Hasen erlegt.
Fast alle meinten, dass es mit dem, was die anderen Truppen erbeutet hatten, für Heute, reichen würde, aber mein Vater sagte, dass wir ruhig noch weiter gehen könnten und ihm wiedersprach niemand.

Ich befand mich wenige Meter vor den Männern und hatte auf einmal das Gefühl beobachtet zu werden.
Urplötzlich tauchten leuchtend grüne Katzenaugen zwischen dem Gestrüpp auf und ich stockte.
Mein Dad wäre zu spät neben mir gewesen, um zu helfen.
Ich würde es alleine tun.
Die Bestie bemerkte, dass ich sie anstarrte und zog sich ein Stück zurück.
Ohne nachzudenken tat ich einen Schritt auf sie zu und plötzlich rannte sie los.

Jaguna

Er sprintete mir hinterher und ich bekam Todesangst.
Schließlich hatte ich gesehen, wie die Menschen ihre Beute ermordet hatten und mir war klar, dass er das Selbe mit mir machen würde.
Er kriegt mich nicht.
Ich sprang geschickt über die Baumstümpfe und das hohe Gestrüpp.
Der Junge folgte mir mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit und Ausdauer und so langsam kam ich an meine Grenzen.
Ich konnte mich nicht zurück verwandeln, da er mich immer noch sah und es keinen Sinn hätte, ihm meine menschliche Gestalt ein weiteres Mal zu zeigen.
Allerdings hatte ich etwas, das er nicht zu besitzen schien.
Erfahrung.
Ich kannte die Wildnis und all ihre Verstecke.
Doch plötzlich half mir selbst das nichts mehr.
Er war mir näher als am Anfang und so langsam hatte ich keine Zeit mehr, um mit den Augen nach einem geeigneten Versteck zu suchen.
Jetzt rannte ich wirklich um mein Leben.
Das Wasser spritze in alle Richtungen, als ich mich in den Fluss schmiss und auf die andere Seite zu schwamm.
Einen Moment lang hoffte ich, dass ich ihn dadurch abschütteln konnte, doch er hechtete mir einfach hinterher, als würde es gar keine Strömung geben.
Der Mensch gab nicht auf und auf einmal kamen wir auf eine Lichtung.
Meine Lichtung.
Ich rannte zu der Steinwand, konnte aber nicht schnell genug in die Höhle, weshalb ich kurz davor anhalten musste und drehte mich zu ihm um.
Er war kurz vor den Bäumen stehen geblieben und zückte nun sein Schwert.
Es glänzte in der Sonne und ich verschmolz regelrecht mit dem Fels.
Ich zeigte ihm meine Angst deutlich und mein Atem ging mittlerweile abgehackt und unregelmäßig.
Dies ist also mein Ende.
Ich sah ihn geschockt an und auch er schien nicht fassen zu wollen, dass er mich jeden Moment umbringen könnte.
Sekunde um Sekunde verging und es fühlte sich für mich wie eine Ewigkeit an, obwohl es wahrscheinlich höchstens eine Minute gewesen war, bis ihm plötzlich die Waffe aus der Hand glitt und klirrend auf die Erde fiehl.
Das war eindeutig kein Ungeschick.
"Ich kann das nicht."
Beinahe wäre ich ohnmächtig geworden.
Danke.

Er war anders als alle anderen Menschen.
Das hatte er nun eindeutig bewiesen.
"Du hättest mich schon längst angreifen können..."
Nie hätte ich es auch nur versucht.
Ich töte, um nicht zu verhungern und aus Instinkt, nicht wegen Notwehr oder Hass.
Er atmete einmal tief ein und aus, hob das Schwert langsam und zögerlich vom Boden auf und wandte sich zum Gehen.
"Ich werde dir nichts tun aber bitte komm nie wieder in die Nähe meines Vaters. Er ist der grauenhafteste Jäger überhaupt."
Meint er etwa das Oberhaupt dieses Dorfes?
Am liebsten wäre ich zu ihm gegangen und hätte ihm gesagt, dass er sich keine Sorgen machen müsse aber das war natürlich purer Leichtsinn.
Normalerweise konnte ich auf mich selbst aufpassen und dieser Rat war für mich vollkommen unnötig gewesen.
Doch ich war ihm etwas schuldig und auch wenn ich so oder so nie auf die Idee gekommen wäre, mich seinem Vater zu zeigen, würde ich jetzt noch vorsichtiger sein.
Er verschwand im Wald und ich schleppte mich in meine Höhle.
Das war eindeutig Adrenalin genug für einen Tag...

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Hat echt Spaß gemacht, dieses Kapitel zu schreiben. 😉👌🏻
Wie gut fandet ihr's?
Hab mir mega Mühe gegeben und viel hin und her geändert.😅😇💕

(Das Bild zeigt schäumendes Wasser, weil es eine aufregende Situation ist und der Spruch passt super, oder? Ist mir einfach so eingefallen... 😅)

Naja, tschüss...
#820 Wörter 😘

Jaguna ~ das GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt