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Diegos Sicht

"Joaquín?", schreie ich vom Sofa aus und reibe mir über die Schläfen. Die Party gestern war eindeutig zu viel des Guten.

"Sei doch nicht so laut Mann, einige wollen noch pennen", höre ich jemanden hinten im Raum vom Boden murmeln. "Schwing deinen Arsch hoch und wirf 'ne Aspirin rein, wenn du 'nen Kater hast. Wir haben Arbeit zu erledigen", sage ich verpennt, aber befehlend. Es ist wahrscheinlich schon ein Uhr mittags und um 18 Uhr haben wir eine wichtige Übergabe, bei der alles, wirklich alles glatt gehen muss.

"Joaquín jetzt steh auf du fauler Sack", brülle ich. "Jaja komm runter, ich hör dich auch so klar und deutlich Mann. Du bist ja selbst noch halb am pennen", meint er und erhebt sich endlich. Ich richte mich auf, sodass ich breitbeinig auf dem Sofa, mit dem Kopf auf der Lehne gelegt, dasitze. "Ich darf das ja auch", lache ich scherzend und unternehme einen Versuch meine Augenlider zu öffnen. Keine Chance. Es ist so, als würden Steine auf ihnen lasten.

"Was ist denn hier los. Kann ja keiner schlafen bei eurem Gebrüll", meckert Jasmine und kommt auf mich zu. Nur in einer kurzer Hose und einem schwarzen BH bekleidet. "Zieh dir was über, du siehst aus wie eine Nutte", sage ich und strecke mich. "Ja, Daddy", sagt sie und lächelt mich zuckersüß an, während sie sich auf meinen Schoss hockt. Ich erstarre bei ihren Worten in meiner Bewegung  und sehe sie geschockt an. "Wooaah, hör auf mit dem Mist, ich bin nicht dein Daddy", erwidere ich langsam. "Stimmt, dafür hat sie ja Dylan", lacht Joaquín, der Sack. "Du bewegst dich auf ganz dünnem Eis", knurre ich ihm zu. Sie bricht in schallendes Gelächter aus, das selbst mir zu laut ist.

"Du hättest dein Gesicht sehen sollen", keucht sie schließlich. "Ok, Schluss mit dem Kack, wir haben Arbeit. Jasmine du bleibst hier, mach keinen Scheiß", gebe ich an und schupse sie sanft von meinem Schoss. "Ich doch nicht", mault sie und verdreht die Augen. Sie mag es nicht daheim zu bleiben, aber ich will meine Schwester so gut es geht aus all dem raushalten. "Joaquín du rufst die Anderen zu mir. Wir besprechen nochmal alles. Es muss glatt gehen, capito?", befehle ich. "Ja, daddy", sagt er mit einer zutiefst nervenden Stimme, die wohl Jasmines imitieren soll. Inzwischen bin ich schon aufgestanden und hab mich zur Tür begeben. Jasmine lacht mal wieder.

"Okay, der, der heute noch einmal Daddy sagt, pennt auf der Straße!", rufe ich wütend und gehe aus dem Raum. Die können sowas von nerven.

Ich laufe durch die ganzen Gänge und Flure zu meinem Zimmer, dass so groß ist wie eine ganze Kleinfamilien Wohnung und betrete meinen Balkon. Jetzt zur Mittagszeit ist die Hitze in der Wüste nahezu unerträglich. Mindestens 52 grad. Ich begebe mich wieder in mein kühles Zimmer und ziehe mich um. Die Sachen von gestern stinken nach Alkohol und Rauch. Ich erinnere mich nicht mehr was gestern alles passiert ist, aber es war definitiv legendär. Immerhin hatten wir einen däftigen Grund zum Feiern. Einen riesigen Auftrag, mit reichlich Kohle.

Ich ziehe mir meine Lederjacke über, ohne die gehe ich nirgendwo hin. Denn sie hat ein Upgrade, dass nur wenige Lederjacken von sich behaupten können. In ihrem Innenfutter befinden sich auf beiden Seiten meine Überzeugungen, wie ich sie nenne. Meine zwei Waffen.

Dann kommen Joakim, Dylan und die anderen hinein. Joakim voran. Er ist sowas wie meine Rechte Hand. Und mein Halbbruder. Der Ausrutscher meines Vaters. Der einzige Ausrutscher. Und als seine Mutter ihn nicht wollte, hat Dad ihn bei uns aufgenommen. Meine Mum hasste ihn, jede einzelne Sekunde, die sie ihn sah. Er erinnerte sie ständig daran, dass es nunmal diesen Ausrutscher gab. Er war nirgendwo erwünscht und als meine Eltern gestorben sind, kam er in ein Waisenhaus, ich kam zu meiner Tante, genauso wie Jasmine. Zwischendurch hatten wir keinen Kontakt mehr. Als ich volljährig wurde, habe ich ihn zu mir geholt. In mein Zuhause. Man muss dazu sagen, dass ich schon seit meinem fünfzehnten Lebensjahr nicht mehr bei meiner Tante lebe.

Ich habe Drogen vertickt, bin aufgestiegen und stehe jetzt da wo ich bin. An der Spitze. Ich bin nämlich der Boss, des Lobo-Clan.
Joakim war bei mir immer erwünscht, er kann nichts für die Fehler meines Vaters.

"Jo Diego. Bist du noch unter uns? Komm aus dem Wunderland, bro", lacht Jason und schnippt dämmlich vor meinem Gesicht rum. "Verpiss dich", gebe ich gelangweilt von mir und warte bis sich alle um mich versammelt haben. "Wir besprechen noch einmal den Plan und dann geht's los", sage ich laut und sehe mich in der Runde um. Alle nicken. Meine Leute sind besser alle anderen. Wir sind nur so schnell aufgestiegen, weil wir uns allen vertrauen. Sie würden ihr Leben für mich geben und ich meins für jeden Einzelnen von ihnen.

Danke fürs Lesen!
Anfangs sind die Kapitel noch kürzer, sie werden aber länger mit der Zeit.

On the Run (Wolves Heart)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt