Saras Sicht
Wir sitzen schon wieder im Auto. Ich hasse Autos. Ich hasse alles an ihnen. Verkrampft lockere ich den Gurt an meiner Brust etwas, denn ich fühle mich, als hätte man mir meine Luft gänzlich ausgesaugt. Bilder des Unfalls kommen in mir hoch. Normalerweise passiert das nur Nachts und es ist das erste Mal, dass ich mich derart unwohl fühle in einem Auto. Ich schließe die Augen, um die Bilder zu vertreiben und bemühe mich ruhig zu atmen. Es wird schlimmer. Meine Hand wandert automatisch zu meinem Kopf, genau an die Stelle, an der ich die Platzwunde vom Unfall hatte.
Diego scheint zu merken, dass es mir schlecht geht, denn ich spüre die besorgten Blicke, die er mir zuwirft.
"Alles okay?", will er wissen. "Nein. Nein. Nichts ist okay", ich beginne zu weinen. "Halt an", befehle ich. "Wir sind mitten auf dem Highway-", "HALT AN VERDAMMT", kreische ich hysterisch. Ich halte es keine Sekunde länger aus in diesem Auto."Okay, okay, hier ist ein Parkplatz, warte", meint er und lenkt das Auto vom Highway weg. Sobald wir zum Stehen kommen, reiße ich den Gurt weg und springe aus dem Auto. Die beengende Nähe in dem Auto hat mich in Panik versetzt.
Ich sauge die Luft in meine Lungen und höre dabei, wie Diego aussteigt und die Tür hinter sich schließt. Ich sinke auf meine Knie und schließlich auf alle Vier. Der Asphalt vor meinen Augen verschwimmt und wird zu einer gleichmäßigen, grauen Paste. Ich keuche. Mein Körper verkrampft sich und mit einem Mal muss ich mich übergeben. Das zweite Mal in zwei Tagen. Wieso nur habe ich solche Schmerzen, obwohl ich nicht verletzt bin? Die Schmerzen zerfressen mich von innen, wie Säure und füllen mein ganzes Bewusstsein mit ihnen aus. Ich spüre Diegos Hand auf meinem Rücken. Die Schmerzen hören auf und in mir bleibt nichts außer die Leere. Wieso reagiere ich so über? Es war doch nur ein Auto. Ich saß schon früher nach dem Unfall in Autos und konnte damit umgehen. Wieso jetzt? Liegt es an Diego? Eher nicht.
Kraftlos richte ich mich auf, bleibe aber an das Auto angelehnt auf dem Boden sitzen. Meine Knie sind aufgeschrammt und bluten, aber der Schmerz ist nichts gegen den Schmerz der mich gerade eben erfasst hat.
"Ich hole dir Wasser", meint Diego und steht auf, um zur Raststätte zu gehen. Ich nicke nur abwesend. Leise strömen mir Tränen über das Gesicht. Das mich Diego so gesehen hat.. Das darf nicht sein. Plötzlich schäme ich mich, dass ich die Kontrolle über meine Gefühle verloren habe.
Aber es war einfach so grauenhaft. Es war, als hätte ich den Unfall nochmal erlebt. Als hätte ich meine Eltern noch einmal verloren. Der Auslöser dafür ist mir noch unbekannt. Ich fühle mich so verdammt einsam. So leer...
*
Weil ich nicht scharf war heute nochmal in das Auto zu steigen, haben Diego und ich uns zwei Zimmer in dem Motel neben der Raststätte genommen. Jetzt liege ich auf meinem schäbigen Bett und starre die Zimmerdecke an. Ich liege stundenlang so da und denke an völlig nichts. Alles ist ausgelöscht. Mein Kampfgeist erloschen. Ganz leise höre ich ein Klopfen an der Tür. Ich erwache aus meiner Trance und schaue auf die Uhr. Es ist drei Uhr nachts. Mühsam erhebe ich mich aus dem Bett und öffne die Tür. Eiegentlich sollte ich mich wundern, wer um drei Uhr nachts bei mir klopft, immerhin werde ich gesucht, aber es ist mir in dem Moment egal.Es ist Diego. Er steht da, nicht ganz sicher, was er mit sich anfangen soll, in seinem weißen Tshirt und der kurzen Hose, die er auch am Tag getragen hat. Er sieht mich an und es ist ein offener Blick. Es ist so, als würde er versuchen auf den Grund meiner Seele schauen zu wollen, aber er weiß nicht, dass meine Seele seit dem Unfall keinen Grund mehr hat. Er ist, genau so wie das Autowrack, auf dem Grund des Sees geblieben, dort wo sich der Unfall ereignet hat.
"Kann ich reinkommen?", fragt er vorsichtig. Seit meinem Ausbruch vorhin haben wir nicht mehr wirklich miteinander gesprochen. Ich nicke und lasse ihn durch in das Zimmer. "Wie geht es dir?", fragt er nachdem ich die Tür geschlossen habe und zurück auf mein Bett gegangen bin.
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On the Run (Wolves Heart)
ChickLitDiego. Sara. Er ist gefährlich und wild. Sie ist provokant und rachsüchtig. Er ist ein Mafiaboss. Sie hat gerade erst die Highschool beendet. Zwei Menschen die unterschiedlicher nicht sein können. Auf der Suche nach dem Geheimniss ihrer Eltern und d...