Trotz der untergehenden Sonne war es heiß. Zu heiß.
Die Klimaanlage summte ununterbrochen im Auto und verschaffte uns eine Kühlung von gefühlt nur 2 Grad.
Meine Schulter brannte vom Aufprall auf den Boden, als der fremde Mann mich geschlagen hatte. Ich hoffte, sie war nur geprellt, sodass ich nicht allzu lange mit den Schmerzen herum laufen müsste.
"Starke Schmerzen?", fragte Taddl und schaute besorgt auf meine Schulter, die ich vorsichtig massierte.
Ich nickte. "Ich kann sie bewegen, aber es tut weh. Also immerhin nicht gebrochen."
"Wir sollten zu einem Arzt gehen. Oder vielleicht gleich ins Krankenhaus, ich möchte nicht, dass deine Mutter denkt ich würde nicht auf dich aufpassen und dich mit Schmerzen herum laufen lassen." Während Taddl das sagte, schob er sich seine Sonnenbrille auf die Nase und fuhr konzentriert weiter Auto. Immer mal wieder sah er in den Rückspiegel.
"Nein, ist doch alles in Ordnung, den kleinen Sturz werde ich schon überleben, immerhin-" - "Tess! Das war kein kleiner Sturz! Ich möchte nicht wissen, was der fremde Mann mit dir gemacht hätte, wenn ich nicht rechtzeitig gekommen wäre. Abgesehen davon ist es egal ob der Sturz klein oder groß war, ein Fachmann sollte sich deine Schulter anschauen."
Beleidigt sah ich Taddl an. Ich wollte nicht zum Arzt und erst recht nicht in ein Krankenhaus, wieso machte er so ein Drama daraus? Seufzend wischte ich mir über die Stirn und sah aus dem Fenster. Dass Taddl mich immer mal wieder von der Seite ansah, ignorierte ich.
Draußen flogen die Leitplanken auf der Autobahn nur so vorbei. Ich versuchte sie zu zählen, scheiterte aber immer spätestens bei 20, weswegen ich unzählige Male von vorne anfing, bis sich die Sicht änderte und langsam Bäume zum Vorschein kamen. Dann kleine Häuser und schließlich waren wir auf einem Parkplatz. Mal wieder.
"Komm schon Tess, steig aus", befahl Taddl und ich rollte mit den Augen, was er zum Glück nicht sah, da er schon halb aus dem Auto war.
"Bist du mein Vater oder was, ich geh jetzt nicht zu einem Arzt. Lass und wenigstens nachhause fahren und DANN gehe ich zu einem Arzt.. Vielleicht."
Verwirrt streckte Taddl seinen Kopf in den Wagen: "Wer hat was von Arzt gesagt? Jetzt mach hinne!"
Verdutzt sah ich ihn an und stieg aus. Ich hörte Möwen über uns kreisen, kleine Möchtgern Palmen standen an den Begrenzungen des Parkplatzes. "Wo sind wir hier?"
Taddl sagte nichts, nahm meine Hand und zog mich ein kleines Gässchen entlang. Es war relativ dunkel, die Sonne war gerade am Verschwinden am Horizont.
Ich hörte leises Wellenrauschen, oder bildete ich mir das ein?
Als wir um eine Ecke bogen wurde das Geräusch immer lauter, bis ich es sah. Wasser, weiß schäumende Wellen, die den gelblich beigen Sand dunkel verfärbten. Meer? Definitiv nicht, wir waren ja immer noch in Deutschland.
"Schön, nicht?", fragte Taddl und zeigte auf den Sonnenuntergang.
Meine Augen huschten zum Himmel. Die Sonne versank ganz hinten am Horizont und verfärbte alles um sie herum rosa gelblich. Ihr Spiegelbild schwamm verzerrt an der Wasseroberfläche.
Stumm liefen wir gemeinsam zum Strand, zogen unsere Schuhe und Socken aus und gingen ein Stück nebeneinander her. Ich spürte den feuchten Sand zwischen meinen Zehen und vergaß für einen Moment was in den letzten Tagen alles passiert war.
Die Ruhe beruhigte mich.
"Ist das besser als ein Arztbesuch?", fragte Taddl grinsend und ich lachte. Ja, ja das war definitiv besser.
Genießend standen wir so nebeneinander und schauten zu wie die Sonne komplett hinter dem Horizont versank.
Ich wollte mich an Taddl anlehnen, nur für einen kurzen Moment. Aber war das angebracht? Beim eigenen Bodyguard? Immerhin, er hatte letzte Nacht meine Stirn geküsst, da war ein wenig Körperkontakt wohl auch erlaubt. Oder nicht?
Seufzend rutschte ich einfach ein bisschen näher an ihn und wollte mich an Taddl anlehnen, was ich auch kurz tat. Bis sich meine Schulter meldete und mir warnend eine stechende Schmerznachricht gab.
Ich zuckte zusammen und verzog mein Gesicht.
"Hey, alles in Ordnung?", fragte Taddl und zog die Augenbrauen zusammen. Als er meine Hand an meiner Schulter sah, stellte er sich hinter mich und fragte "soll ich schauen, ob sie nur ausgerenkt ist?"
Ich nickte. Langsam schob Taddl den Träger meines Oberteils und meines BHs von meiner Schulter und zog mein Top leicht nach unten. Seine Fingerspitzen tasteten meine Schulter ab.
Die Situation war mir unangehem. Ich wollte nicht von meinem eigenen Bodyguard so angefasst werden, auch wenn es nicht viel war. Trotzdem war es mir zu viel, ich wurde rot und mir wurde plötzlich noch wärmer, als es mir sowieso schon war.
Auf einmal machte es ein ekliges Geräusch, es fühlte sich an als zerbeche mein Arm in zwei Teile und ich holte tief Luft. Erschrocken kam aus meiner Kehle nur ein leises Piepsen.
"Besser?", fragte Taddl und ich bewegte vorsichtig meine Schulter. Die Schmerzen waren wie weggeblasen und ich atmete erleichtert auf.
Glücklich drehte ich mich um und grinste. "Ja, schon 100 mal besser. Danke."
Jetzt grinste auch Taddl und lachte leise vor sich hin.
Da meine Schulter jetzt nicht mehr nerven und schmerzen konnte, lehnte ich mich doch noch an Taddl an. Aber nur ganz leicht und nur ein kleines bisschen.
Es schien ihn (zum Glück) nicht zu stören und er legte seinen Arm um meine Schulter. Seine Finger fuhren über meinen Rücken und streichelten ihn vorsichtig, bis ich merkte, dass er mich von oben ansah.
"Was ist los?", fragte ich und sah ihn an.
Taddl lächelte nur, hob mein Kinn an und kam mir näher.
Wie in Zeitlupe sah ich, wie sein Gesicht immer näher kam und er langsam seine Augen schloss. Mein Gehirn raste und alle Alarmglocken schrillten. Wollte ich das? Nein, eigentlich nicht. Aber irgendwie schon. Und dann war es auch schon zu spät und ich schloss ebenfalls die Augen, und spürte seine Lippen auf meinem Mund.
Meine Hand greifte seinen Nacken und er drückte mich am Rücken näher an sich heran.
Es war simpel, der Kuss dauerte wahrscheinlich nur 2 Sekunden, aber es kam mir sehr viel länger vor.
Was sich anfangs unangenehm undd falsch anfühlte, verwandelte sich in Entspannung und Wohlfühlen.
Doch kaum hatten sich unsere Lippen berührt, lösten sie sich wieder voneinander, der Kuss hörte so plötzlich auf wie er begonnen hatte.
Überfordert stieß ich einen kurzen Laut aus, der wohl ein Zwischending zwischen Lachen und erstauntem Ausruf sein sollte.
Taddl sah mich ruhig an, bis er vorsichtig meine Träger zurück auf meine Schulter schob und mich dann losließ.
Sein Blick ging auf meine Gänsehaut, ich wusste nicht ob sie von der Kälte oder dem Kuss war.
"Es wird kalt, lass uns gehen und nachhause fahren", sagte er emotionslos und gab mir meine Schuhe und Socken.
Ich nickte und wusste nicht was ich sagen sollte, aber das störte mich nicht. In angenehmer Stille liefen wir zurück zum Auto und ich kuschelte mich in eine Decke, bis mein Kopf schwer wurde und ich einschlief.
Taddls unruhige Blicke bekam ich nicht mit.
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Uh uh, ist da etwa ein kleines bisschen Romantik?

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Bodyguard - Taddl Tjarks
Fanfiction"Warum magst du den Regen so sehr?" - "Er erinnert mich daran, dass ich immer noch am Leben bin." Höchster Rang: #34 in Fan-Fiction