Untersuchungshaft (Frau Graz)

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Die Eingangsuntersuchung war schrecklich. Da musst du dich komplett ausziehen, in die Hocke gehen und husten. Das ist so eklig. Die schauen dir in sämtliche Körperöffnungen. Ich fühle mich dreckig und bin froh, dass ich danach duschen kann. Eine Schließerin steht vor der Dusche und schaut mich die ganze Zeit an.

In der Aufnahmezelle sind noch zwei andere Frauen. Eine Frau die eher aussieht wie ein Mann, fragt mich wie ich heiße und warum ich hier bin. Ich sage ihr meinen Namen und erkläre ihr die Situation. Das hätte ich besser nicht getan, denn die Frau packt mich am Nacken und wirft mich an die Wand gegenüber. "Kinderschänder haben hier nichts zu suchen.", brüllt sie mir ins Ohr. Sie tritt mir in den Bauch.

Einmal.
Zweimal.
Dreimal.
Viermal.

Irgendwann kann ich nicht mehr genau mitzählen, ich bin wie betäubt von dem Schmerz. Ich verliere langsam das Bewusstsein.

Als ich für aufwache bin ich auf der Krankenstation und jemand tatscht mir im Gesicht rum. Langsam erkenne ich unseren Anstaltsarzt, Doktor Schneider.

"Was ist denn passiert?"

"Sie wurden verprügelt, Frau Graz."

"Das ist mir schon klar."

"Wissen sie auch warum sie verprügelt wurden?"

"Ich vermute aus dem Grund, warum ich hier bin."

"Das habe ich in ihrer Akte gelesen, sie sind hier weil sie ein fünfzehnjähriges Mädchen missbraucht haben."

"Das habe ich aber nicht, wir waren Freunde und mehr auch nicht. Sie hatte Probleme zu Hause und ich wollte ihr nur helfen."

"Wann ist denn Ihr Prozess?"

"In zwei Monaten."

"Wenn sie es wirklich nicht waren, können Sie es bestimmt auch dem Gericht erklären. Sie haben innere Blutungen und eine Gehirnerschütterung. Sobald ich Sie von der Krankenstation entlassen kann, kommen sie auf eine andere Zelle, ich rede mit den Beamten."

"Danke."

Eine Woche später werde ich in eine andere Zelle verlegt und den ganzen Tag eingeschlossen, weil ich keine Arbeit habe. Außer mir sind noch drei andere Frauen auf der Zelle, die eigentlich ganz nett sind. Sie hören mir zu und glauben mir, dass ich unschuldig bin. Britta sitzt wegen Mord, sie hat den Mörder ihrer Tochter erschossen. Sarah und ihre Schwester Marie, die auf einer anderen Zelle ist, haben ihre Mutter umgebracht und Tina ist hier, weil sie sich gegen die Übergriffe ihres Mannes gewehrt und ihn dabei umgebracht hat. Vor Gericht konnte sie aber nicht beweisen was er ihr alles angetan hat, also sitzt sie wegen Totschlag. Am Anfang hatte ich ein ziemlich schlechtes Gefühl mit diesem ganzen kriminellen und Mördern, aber die meisten sind gar nicht so schlimm.

Ich traue mich nicht aus meiner Zelle, weil ich den anderen Frauen die mich schlagen wollen, nicht über den Weg laufen will. Tina rät mir, mich den Frauen zu stellen und zu erklären, dass ich unschuldig bin, denn sonst würde dieser ewige Spießrutenlauf niemals aufhören. Gesagt, getan. Alle sind im Gruppenraum, also gehe ich auch dorthin, stelle mich vor den Fernseher und verschaffe mir Gehör. "Ich bin unschuldig, ich habe nichts von dem getan was man mir vorwirft. Und ich wäre euch sehr dankbar, wenn ihr mich nicht mehr schlagen würdet und mir glaubt, dass ich unschuldig bin. Ich habe diesem Mädchen nur in einer schwierigen Situation geholfen und daraus ist eine Freundschaft entstanden, mehr nicht." Alle starren mich an, nach einer Weile steht eine Frau auf und schubst mich zur Seite, damit sie weiter Fernsehen können.

Der Knast ist die Hölle. Ich fühle mich wie ein Vogel, der die ganze Zeit im Freien herum geflogen ist und der jetzt sein restliches Leben in einem Käfig verbringen muss. Die körperliche Gewalt von den Frauen ist nichts im Vergleich zu der psychischen Gewalt der Beamten. Das einzige was mich noch am Leben hält ist der Gedanke dass ich irgendwann rauskomme, Kira und die Musik.

Cigarettes after Sex (teacherxstudent)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt