Die Kinder des Sirius Black

41. Baum

«...Ich sage es euch noch einmal – angesichts der Rückkehr Voldemorts sind wir so stark, wie wir einig, und so schwach, wie wir gespalten sind. Lord Voldemort besitzt ein grosses Talent, Zwietracht und Feindseligkeit zu verbreiten. Dem können...», Dumbledore sprach ruhig und gefasst. Cedric Diggory war beim Abschlussessen geehrt worden, genau wie Harry Potter. Die Slytherins waren wenig gewillt, dieser Ehrung nachzukommen. Die meisten blieben sitzen, aber Jack und einer seiner Freunde standen auf und tranken auf die Helden von Hogwarts. Ein Jahr war vorbei – schon wieder. Sirrah lauschte gebannt Dumbledores Worten, neben sich Miranda, die kaum hinhörte. Man sah ihr an, dass sie die Rückkehr Voldemorts nicht für wahr hielt. Am Gryffindortisch sassen Dennis und Colin in stiller Eintracht. Sie hielten die Köpfe gesenkt und sprachen nicht.

«...Erinnert euch an Cedric Diggory.», beendete Professor Dumbledore seine Rede.

Gleich nach dem Essen verschwand Sirrah aus der Halle, ohne ein Wort an jemanden zu richten. Wie viele andere Hufflepuffs war sie noch immer in tiefer Trauer. Jeder von ihnen hatte Cedric auf seine Weise verloren. Der eine wusste, dass der Junge, wegen dem er in Kräuterkunde kein «Schrecklich» bekommen hatten, nun tot war. Die andere sah immer wieder den Jungen vor sich, wie er sie als Erstklässlerin vor ein paar Slytherins gerettet hatte. Und da war Sirrah, die nie viel mit Cedric gesprochen hatte. Und doch vermisste sie ihn. Ohne den grossgewachsenen Jungen mit den dunklen Haaren war der Hufflepuff-Gemeinschaftsraum nicht mehr derselbe.

Cedrics Freunde hatten sich abgeschottet. Nicht nur vor den anderen, sondern auch voneinander. Sie sassen jeden Abend zusammen im Gemeinschaftsraum, aber sprachen kein Wort. Es schien, als könnten sie ihrer Trauer nicht genügend Ausdruck verleihen. Eines der Mädchen in dem Kreis weinte ständig, bis sie keine Tränen mehr weinen konnte. Und auch dann weinte sie weiter. Stumm, aber sie weinte. Sirrah wusste nicht, ob irgendeiner von ihnen Harry glaubte, aber eins war sicher; sie tat es.

Das junge, schwarzhaarige Mädchen sass unter ihrem Baum. Dennis setzte sich gerade dazu. Und wieder einmal sassen die beiden da, ohne zu sprechen. Sie verstanden sich gegenseitig auch so.

«Glaubst du Harry?», unterbrach Dennis plötzlich die angenehme Stille.

Sirrah antwortete eine ganze Weile nicht. Die Schwarzhaarige wollte die heilige Stille nicht zerstören. Sie hoffte, dass Dennis nicht weiter darauf eingehen würde, wenn sie den Mund hielt. Aber er wandte den Kopf und sah sie neugierig an. Sirrah raffte sich auf.

«Ja», flüsterte sie gerade so laut, dass Dennis sie hören konnte. Der Junge nickte und starrte wieder auf den See hinaus. Es war beinahe stockdunkel und man sah die Spiegelung des Schlosses im Wasser. Die vielen Lichter wirkten wie ein Feuerwerk. Licht im Dunklen. Gelb auf Schwarz. Wie die Farben von Hufflepuff. Der See und das Schloss ehrten Cedric auf ihre Weise. Es war wunderschön anzusehen.

«Was ist mit dir?», wollte Sirrah wissen.

«Natürlich! Es ist zwar schwer, es mir einzugestehen, aber was soll man machen?», bekundete der jüngere der Creeveys. «Und was sollte ich Colin schon sagen, wenn ich nicht an Harry glauben würde? Er würde mich lynchen!»

Sirrah lachte. Das hatte sie nicht mehr getan, seit Dennis' Augenbraue blau war. Sofort sah sie ihn an. Ein leichter Blaustich war noch da. Das Black-Mädchen hob den Zauberstab und richtete ihn auf ihren besten Freund. Dennis erstarrte.

«W-was soll das? Hab' ich was Falsches gesagt?», stotterte er, während er versuchte (!) schielend den Stab im Auge zu behalten.

«Ja, du hast etwas Falsches gesagt. Dafür werde ich dich umbringen.», sagte Sirrah todernst.

«Was!?», fragte Dennis bestürzt und versuchte vor ihr davon zu krabbeln.

«Ich wollte bloss die Farbe aus deinen Augenbrauen entfernen!», kicherte Sirrah. Dennis starrte sie verstört an.

«Du hast mir Angst gemacht!»

«Tja», erwiderte Jack Blacks Schwester.