Sirrah lag auf ihrem Bett. Sie weinte. Und weinte. Ihr Vater war ein Massenmörder. Und ihre Mutter hatte das wahrscheinlich gewusst. Sie sass nun schon stundenlang hier und weinte. Von unten konnte sie Geschrei hören, das sich verdächtig nach ihrem Bruder anhörte. Irgendwann hörte sie die Haustüre auf- und zugehen. Black, sie würde ihn nie Vater nennen, hörte sie nicht. Sie hatte sich manchmal einen Vater gewünscht, ja. Aber einen normalen. Sie hatte sich gewünscht, dass er irgendwann nicht mehr tot sein würde. Dass er und Mutter zurückkommen würden. Sie hatte sich vorgestellt, wie es wäre, wenn die beiden eines Abends einfach durch die Küchentüre kommen würden. Wie es wäre, wenn Sirrah kochte und die beiden hineinkommen würden. Und Jack würde den Vater umarmen. Er würde Sirrah umarmen.
Aber er war kein normaler, netter Mensch. Er würde nie mit ihnen Fussball oder Quidditch spielen. Er war ein Verräter, Mörder. Er hatte Harrys Eltern an Du-weisst-schon-wen verraten. Sie hatte nie viel mit dem jungen Potter gesprochen, aber er hatte sehr nett gewirkt. Er hatte sie vor dem Ministerium gerettet. Sie hatte ihn angelogen, fiel ihr auf. Sie hatte gesagt, es sei unmöglich, dass Sirius Black ihr Vater war. Ihre Gedanken wirbelten um Harry Potter und konnten so nicht umhin, in Hogwarts anzukommen. Sirrah wäre jetzt so gerne im Schloss oder auf den Ländereien. Sie könnte sich mit Dennis unter ihrem Baum verstecken und stundenlang kein Wort wechseln. Einfach schweigen, das wäre schön. Der Baum, unter den sie vor Jack und seinem Hass auf Onkel Remus geflohen war, gehörte ihrer Meinung nach nur ihr und Dennis. Er hatte sie ohne Worte trösten können. Er hatte einfach akzeptiert, dass sie den Lehrer als ihren Onkel ansah und hatte kein Wort gegen ihn gesagt. Das gab ihm nach ihr ein gewisses Recht, unter Sirrahs Baum zu sitzen. Über das ganze Schuljahr hinweg war sie immer dorthin geflohen, wenn ihr alles über den Kopf wuchs. Zum Beispiel die Auseinandersetzungen mit diesen Reinblutfanatikern Gregory Goyle und Vincent Crabbe. Mit Malfoy hatte die kaum noch was zu tun gehabt, er hatte sich auf Harry konzentriert, aber als Hermine ihn geschlagen hatte, hätte Sirrah die Braunhaarige am liebsten umarmt. Hermine Granger. Jack hatte gesagt, sie, Harry und Ron hätten Black gestellt. Black, der gerade unten in der Küche war, oder mit Lupin gegangen war. Warum hatte Harry ihn nicht einfach umgebracht? Warum hatte er Mitleid gezeigt? Bei Merlin, warum hatten diese Dementoren ihn nicht früher finden und küssen können? Die Welt war so ungerecht. Als die Dementoren auf der Fahrt nach Hogwarts in ihr Abteil gekommen waren, hatte Sirrah beinahe vergessen zu atmen. Und sie hatte gesehen, dass es Jack genauso ging. Ob er wohl das gleiche gesehen hatte wie sie? Wie Mutter gestorben war? Die Luft war kälter gewesen als der Teich, in den Sirrah als Kind gefallen war. Jack war damals selbst hineingesprungen, obwohl es Winter war, und hatte sie hinausgezogen, nach Hause gebracht und ihr mehrere Decken und Tees gebracht. Sirrah hatte es gefallen, zu sehen, wie ihr Bruder sich um sie sorgte. Er hatte gar nicht aufhören wollen, sie zu umsorgen. Erst spät in der Nacht, als die Mutter heimkam, hatte er aufgehört, sie immer wieder neu mit Decken einzuwickeln. So kalt. Sirrah war es, als könnte sie die Kälte noch immer spüren. Die Dementoren waren genauso kalt. Sie bewachten das Zauberergefängnis Askaban. Sie hatten Black bewacht.
Nach einer Ewigkeit, so schien es ihr, kam Jack herein.
«Er erlaubt uns, weiter hier zu wohnen», flüsterte er.
«Das interessiert mich nicht. Er soll hier verschwinden», gab sie mit weinerlicher Stimme zurück. Sie hatte keine Lust, jetzt zu reden. Ihr Bruder schien das zu merken und setzte sich ans Fussende des Bettes. Sirrah bewegte sich nicht aus ihrer liegenden Position und sah zu, wie ihre Tränen das Kissen immer weiter durchnässten. Jack beobachtete sie ohne etwas zu sagen. Er erinnerte sich an das letzte Mal, als sie so sauer gewesen war. Sie war mit Dennis stundenlang auf den Ländereien gewesen. Nichts was ihr Bruder gesagt hatte, hatte sie gekümmert. Was hätte Dennis schon sagen können, was Sirrahs Bruder nicht konnte? Genau, nichts. Sie war eine ganze Woche sauer auf ihn gewesen, bis Dennis ihm gesagt hatte, was er falsch machte. Aber das hielt ihn nicht davon ab, Lupin zu hassen. Er hätte seine Schwester angreifen können, er hätte ihr wehtun können.
«Er ist unschuldig, weisst du?», flüsterte Jack nach einigen Minuten, als er sich sicher war, dass seine Schwester wieder ansprechbar war. Falsch gedacht.
«WIE BITTE!? Du glaubst ihm das auch noch? Wie kannst du nur? Das ist doch nur irgendeine Ausrede, um uns um den Finger zu wickeln. Und dann kann er uns auch an Du-weisst-schon-wen verraten!»
«Du-weisst-schon-wer ist tot.»
«Dennis hat gesagt, dass Harry Potter ihn in seinem ersten Jahr gesehen hat.»
«Black hat mir alles erzählt. Er hat gesagt, ich soll dich runterbringen, damit er seine Tochter kennenlernen kann», Jack klang vorsichtig. Er wollte nicht, dass seine Schwester sauer auf ihn war.
«Warum glaubst du, dass er kein Mörder ist?», flüsterte Sirrah, als könne sie selbst nicht glauben, dass sie das gerade tatsächlich gefragt hatte.
«Es war alles ein grosses Missverständnis...Black hat die Potters überredet, dass sie Pettigrew anstatt ihm als Geheimniswahrer nehmen. Aber Pettigrew war der Verräter. Er hat sie alle an Du-weisst-schon-wen verraten. In der Nacht von Halloween ging Black in Pettigrews Versteck, aber er war nicht da und es sah nicht nach einem Kampf aus. Nachdem er das mit den Potters erfahren hatte machte er sich auf, um sich an dem Verräter zu rächen. Black stellte ihn auf einer Strasse voller Muggel. Pettigrew liess die Strasse in die Luft gehen, schnitt sich einen Finger ab und verwandelte sich in eine Ratte – seine Animagusgestalt. Er hat die letzten zwölf Jahre bei den Weasleys als Haustier gewohnt. Und er ist Black letztens in der Schule schon wieder entkommen.»
Sirrah blieb still nach dieser Erklärung. Sie hatte sich aufgerichtet und starrte Jack an. Es schien so, als wolle sie herausfinden, ob ihr Zwilling ihrem Vater glaubte.
Sollte sie ihm glauben? Jack zu glauben bedeutete ihrem Vater zu glauben, aber konnte sie das? Jack glauben, ja. Aber ihrem Vater? Sie hatte ihn die letzten 12 Jahre nie gesehen, noch nicht einmal seinen Namen gekannt. Und warum glaubte Jack ihm so schnell? Normalerweise wäre es genau anders herum. Jack würde misstrauisch bleiben und sie, Sirrah, würde die Person freundlich in ihrem Heim willkommen heissen. Vielleicht hatte es etwas mit ihren Häusern zu tun. Sie war in Hufflepuff. Wie Helga Hufflepuff war Sirrah für Gerechtigkeit und Loyalität. Sie war von Natur aus gegen mögliche Verräter. Das erklärte aber nicht Jacks Verhalten.
«Ich brauche einen Tee», sagte sie, nachdem sie ihren Zwilling lange genug angestarrt hatte. Sia stand vom Bett auf und steckte ihre rechte Hand in ihre Hosentasche, worin sie ihren Zauberstab aufbewahrte. Jack sass noch immer am Fussende ihres Bettes und starrte ihr nach, wie sie die Treppe hinunterstieg. Erst als er hörte, wie die letzte Stufe knarrte, realisierte er, dass er seine Schwester gerade mit einem potentiellen Mörder in einem Raum gelassen hatte. Jack sprang auf wie von der Tarantel gestochen und sprintete die Treppen hinunter, nur um mitzubekommen, wie Sia hoch erhobenen Hauptes an Black vorbeilief, so als wäre er gar nicht da. Jack lächelte nicht, denn sein Vater sah verdammt verloren aus, wie er da sass und seine Tochter anstarrte, als würde er hoffen, dass sie sich umdrehen und ihm in die Arme fallen würde.
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Hallo da draussen!
Ich widme diesen teil Ani1178, weil diese wunderbare Person mich letztendlich dazu bewegt hat, meine Geschichte auf Wattpad zu veröffentlichen und diese auch fleissig liest. Grüsse an dich, bis bald!
Vielen Dank dafür, dass sich so viele Leute die Geschichte angesehen haben! Und ich habe schon 50 Votes! Tausend Dank. Ich hätte echt nie gedacht, dass so viele Leute die Geschichte lesen...
Mit herzlichen Grüssen.
DerHogwartsExpress
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Die Kinder des Sirius Black
Hayran KurguSirius Orion Black ist vor circa einem Jahr aus Askaban geflohen. Was er nicht weiss; seine Frau hat acht Monate nach seiner Verhaftung Zwillinge zur Welt gebracht. Wie wohl das Leben von Sirrah Andromeda und Jack Alphard Black in Hogwarts aussieht...