60. Tonks sperrt Onkel Remus ein

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Sirrah summte die Schulhymne von Hogwarts vor sich hin, während sie Tee kochte. Es war eine Art Ritual für sie geworden. Ein Stück Normalität. Am Grimmauldplatz hatte immer sie den Tee gekocht und meistens war sie mit einem Lied auf den Lippen in den Tag gestartet.

Jack kam aus dem Zimmer der Geschwister, drückte seiner Schwester einen Kuss auf die Wange und schnappte sich eine der drei Tassen, die auf dem Tisch standen. Er bewegte sich zum Fenster, summte mit und betrachtete die Bäume draussen. Die Sonne war gerade erst aufgegangen und sie tauchte alles in ein himmlisches Gold.

"Hast du deinen Koffer schon gepackt?", wollte Sirrah wissen. Jack nickte nur ernst. Sirrah hatte erst gestern Abend alle ihre Besitztümer in den Koffer gesperrt. Remus hatte ihnen eingeschärft, alles mitzunehmen, falls er in der Vollmondnacht ausbrechen würde. Er wollte nicht etwas von Bedeutung zerstören.

"Pfote?", fragte Jack plötzlich.

"Hm?", fragte Sirrah durch einen Mund voll Kuchen. Sie hatte gestern gebacken. Schliesslich sollte es Remus nach der Verwandlung so gut wie möglich gehen.

"Ist das da draussen nicht-", begann Jack. Sirrah lugte an ihm vorbei.

"Das ist Tonks!", rief Sirrah erfreut. In diesem Moment schlurfte Remus in die Küche.

"Tonks?", fragte er erstaunt. Irgendwie hörte es sich verbittert an.

Sirrah nickte. Ihre traurigen Augen glänzten. Sie mochte die junge Hexe. Schnell ging sie zur Tür und öffnete sie.

Die grauen Haare des Metamorphmagus glänzten im Sonnenlicht. Ihr brauner Hosenanzug machte ihre Erscheinung zum einen nicht fröhlicher und zum anderen wirkte sie darin so gar nicht wie eine Hexe. Das einzige, was auf die Tonks hindeutete, die Sirrah kannte, waren ihre Schuhe. Es waren giftgrüne Turnschuhe, die so aussahen, als hätten sie schon jedes Land der Erde besucht.

"Sirrah?", fragte Tonks erstaunt. Sie hatte die Hütte jetzt fast erreicht. Vor der jüngeren Hexe blieb sie stehen.

"Wir wohnen vorübergehend bei Onkel Remus", erklärte Sirrah. "Brauchst du etwas von ihm?"

Tonks nickte steif.

"Er ist drinnen", sagte Sirrah und deutete hinter sich. Sie bat Tonks hinein und füllte ihr schnell eine Tasse Tee. Jack lächelte den Metamorphmagus an. Sie lächelte zurück.

"Hallo, Remus", sagte sie, gezwungen heiter. Sie lächelte etwas gequält, aber echt.

Remus nickte ihr zu. "Ich nehme an, du bist wegen heute Nacht hier."

Tonks grinste und zog eine Glasflasche aus ihrer Tasche. Darin schimmerte ein Zaubertrank. Sirrah beäugte ihn neugierig. War das der Wolfsbanntrank, von dem Remus erzählt hatte?

Tonks überreichte Remus die Flasche fast feierlich. Ihre Haare schienen plötzlich etwas mehr Farbe zu bekommen.

Der Werwolf entriss ihr die Flasche schon fast. "Danke", murmelte er. "Ich weiss das zu schätzen."

Tonks sah kurz enttäuscht aus, raffte sich dann aber auf: "Remus..."

Der Angesprochene schüttelte vehement den Kopf. Er schien in seinen eigenen Gedanken verloren zu sein. Tonks wollte einen Schritt auf ihn zu machen, ihm die Hand auf die Schulter legen, aber der Ältere wich zurück, stellte die Flasche auf den Küchentisch und wandte ihr den Rücken zu.

Sirrah und Jack hatten das seltsame Schauspiel beobachtet. Sie warfen sich einen Blick zu, sagten aber nichts.

Tonks schluckte tief und wurde sich dann plötzlich der unangenehmen Stille bewusst.

"Sirrah, Jack! Habt ihr eure Koffer schon gepackt?"

Sia nickte. "Ich dachte, Remus würde uns an den Bahnhof bringen."

Tonks lächelte: "Heute werde ich das tun. Dumbledore hat mich gebeten, Remus in den Keller zu schliessen, damit ihm nicht zu viel passieren kann."

"Genau das werden wir jetzt auch tun", meldete sich der Werwolf plötzlich zu Wort, "und dann könnt ihr gehen."

"Du willst den ganzen Tag da unten sitzen?", fragte Jack erstaunt. Ihm war anzusehen, dass er sich das Leben eines Werwolfes einfacher und blutrünstiger vorgestellt hatte. Was sie allerdings in diesem Haus erlebt hatten, seit sie hier wohnten, war alles andere als das. Remus hatte sich aufopfernd um sie gekümmert, ihnen zugehört, sie getröstet. Er wollte sich zweifelsohne von seinen eigenen Sorgen ablenken, aber Sirrah merkte immer, wenn es ihm besonders schlecht ging. Sie umarmte ihn dann. Meistens versuchte Remus sie abzuwimmeln, aber im Endeffekt standen sie trotzdem minutenlang in der Küche, umarmten sich und weinten gemeinsam.

Remus nickte deshalb als Antwort auf Jacks Frage und verabschiedete sich von den Zwillingen: "Kommt bitte erst in drei oder vier Tagen zurück."

Sirrah nickte beklommen. Die Geschwister beobachteten ihren Onkel, wie er die Flasche mit dem Trank wieder in die Hand nahm und sich zur Kellertür schleppte, diese öffnete und in die Dunkelheit hinuntersah. Tonks richtete ihren Zauberstab an ihm vorbei die Treppe hinunter und murmelte etwas. An der Decke entflammten sich einige Öllampen wie von selbst. Tonks reichte Remus die Hand, aber er beachtete sie nicht und stolperte die Stufen hinunter.

Tonks warf Sirrah einen gequälten Blick zu. Sirrah zuckte mit den Schultern. Was auch immer zwischen diesen Erwachsenen vorgefallen war, es musste etwas Schlimmes gewesen sein.

Die Kinder des Sirius BlackWo Geschichten leben. Entdecke jetzt