• 48 •

1.7K 96 10
                                    

"Du musst mir erzählen was dein Vater gesagt hat. Alles. Es kann uns weiterbringen und uns helfen die Situation zu verstehen."

Ich seufze, nehme Levis Hand und küsse sie.

"Dann solltest du dich lieber setzen."

Levi nickt, schiebt seinen Stuhl zu mir und schaut mich erwartungsvoll an. Er möchte also alles erfahren. Na gut.

"Als ich im Untergrund war, gefesselt an diesen Stuhl, ließ er mich als erstes eine Weile allein. Irgendwann kam er dann in diesen erstickenden, trostlosen Raum und begann zu reden. Am Anfang hat es keinen Sinn ergeben. Es schien dummes Geschwafel zu sein das er einfach so aus der Luft gegriffen hat. Doch in der Zeit als er mich allein gelassen hat, habe ich über seine Worte nachgedacht, und nach und nach habe ich begonnen zu verstehen.

Die Geschichte beginnt schon vor meiner Geburt. Er hat mir erzählt dass meine Mutter ihn betrogen hat. Er ist nicht mein leiblicher Vater. Mein echter Vater, sagte er, ist jemand der alles unter Kontrolle hat. Der über allem steht und der die Enden der Fäden in der Hand hält. Leider hat er mir keinen Namen genannt. Er meinte dass dieser Mann kein echter Mensch war. Als ich geboren wurde, hat er mir diese Kräfte bereits in die Wiege gelegt. Ich bin damit auf die Welt gekommen.

Natürlich habe ich gedacht dass er total übergeschnappt war als er mir diese Geschichte erzählt hat. Doch jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher.

Er meinte dass mein Vater eine höhere Macht besitzt und will, dass das 'Spiel fortgesetzt wird', was auch immer das bedeuten soll. Er meinte er wisse über alles Bescheid. Ich soll dazu in der Lage sein Titanen zu vernichten, zu kontrollieren, und selbst sogar einige wenige zu verstehen. Was er noch hinzufügte, war, dass er mir helfen könnte diese zu kontrollieren. Er wollte dass ich bleibe und ihm gehorche, dass ich ihm unterstehe und ihm meine Kräfte leihe. Im Gegenzug würde er mir die restliche Geschichte erzählen und helfen, meine Kräfte auszubauen.

Ich habe mich allerdings geweigert, und da meinte er dass ich doch keine andere Wahl habe. Immer wieder kam er mit unlogischen Fetzen die doch richtig gedreht Sinn ergaben. Ich habe ständig die Augen geschlossen und geschrien dass ich mich niemals auf seine Seite schlagen würde. Ich habe meine Entscheidung bis jetzt nicht bereut. Dennoch wurde ich von ihm gezeichnet.

Jetzt, als ich herausgefunden habe dass er nicht gelogen hat, zweifele ich an meiner Entscheidung."

"Nein! Das darfst du nicht sagen. Du hast richtig gehandelt. Du darfst dich nicht auf ihre Seite schlagen. Sie sind die Bösen."

Er beugt sich zu mir vor, hält mein nasses Gesicht mit seinen beiden Händen fest, küsst mich dann auf den Mund. Ich küsse ihn zurück, lange und sanft.

"Dann müssen wir diesen Mann finden und ihn ausquetschen."

"Levi. Trotz allem, trotz all seiner Feigheit, ist er ein stolzer, ungebrochener Mann. Er ist wie ich, und du weißt wie dickköpfig und eisern ich bin."

Er steht auf, blickt mich dann finster an.

"Glaub mir. Er wird sprechen. Und wenn ich ihm jeden einzelnen Knochen brechen muss."

Er hebt meinen Arm, über den er sanft streicht. Den Arm, der mir einer von seinen Männern gebrochen hat. Immernoch sieht man einige blau-gelbe Flecken, die schmerzliche Erinnerungen zurückkehren lassen.

"Danke dass du das tust was ich nicht konnte. Danke dass du mir deine Gefühle beichtest und mir vertraust", haucht er dann immernoch auf meinen Arm fokussiert.

"Ich werde dir immer vertrauen, Levi. Ich hoffe dass du das auch irgendwann tun kannst."

"Das tu ich doch. Mir fällt es nur manchmal schwerer Menschen zu vertrauen und zu sagen wie ich mich fühle."

"Es ist nicht schwer, Levi. Es ist ganz einfach."

Levi lässt von meinem Arm ab, hält mein Gesicht erneut fest und streicht mit seinen Daumen die nassen Tränen weg.

"Ich werde mich bemühen, meine liebe (V/N)."

Er schaut mich lange in die Augen.

"Gott, ich liebe dich so sehr.", flüstert er.

"Ich dich auch.", lächele ich leicht.

Wir schweigen eine Weile.

"Hast du hunger?"

"Ja, ein bisschen."

"Wenn wir noch schnell runtergehen dann kriegen wir vielleicht noch etwas."

Ich nicke.

"Okay...", flüstere ich.

Levi lächelt kurz, steht auf und hilft mir dann auch. Langsam gehen wir zum Esssaal, doch bevor wir in diesen eintreten werde ich unsicher. Ich spüre wieder diese Angst in mir nicht akzeptiert zu werden. Ich habe Angst dass sie mich hassen und verabscheuen werden.

Levi wirft mir von der Seite aus einen Blick zu, hält meine Hand fest, öffnet dann die schwere Tür.

Schon wieder diese Leere. Diese Blicke. Die Soldaten verstummen und blicken alle auf uns.

Auf mich.

Ich werde unsicher, halte Levis Hand fester und schaue auf meine Füße, so unangenehm ist mir die Situation.

"Was glotzt ihr?!", zischt Levi angsteinflößend, und fast augenblicklich beginnen wieder das chaotische Geräusch von Gesprächen. Mit Levi fühle ich mich stärker, immer schon. Gemeinsam huschen wir bis zu dem Tisch der hochrangigen Offiziere und setzen uns schweigend.

"Nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein!"

Hanji springt kurz aus ihrem Stuhl.

"Ich kann es nicht glauben! Du auch schon? Eren hat eine schwere Gehirnerschütterung durchlitten und sitzt auch schon wieder hier! Du hattest einige Frakturen, Blutergüße und auch eine kleine Gehirnerschütterung. Du solltest noch im Bett liegen."

"Hanji. Mir geht's gut.", sage ich ganz kleinlaut.

"Hanji. Lass es gut sein.", zischt Levi und wirft ihr einen giftigen Blick zu.

"Aber Levi! Du hast mir doch gesagt 'Kümmere dich gut um sie'! Was ist denn damit?"

"Ist schon in Ordnung. Ihr geht es gut."

Schmollend lehnt sich Hanji ein Stück zurück.

Ich lächele traurig, starre dann auf mein Essen vor mir. Ich spüre die Gespräche und Blicke um mich, spüre die warme, drückende Atmosphäre die mir langsam aber sicher die Luft abzuschnüren scheint.

Und ab diesem Moment wusste ich dass es niemals wieder wie vorher sein wird.

Coming Home // Levi x Reader x ErenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt