Anaria
Mein Kopf brummte und fühlte sich so an, als hätte ich in den letzten Stunden etwas geraucht oder viel zu viel Wein getrunken.
Bei den Valar, was hatte ich gestern nur für einen Orkscheiß geredet!
Wie ich mich schämte!
Langsam öffnete ich mein rechtes Auge. Keiner da. Glück gehabt!
In purer Entspannung erhob ich mich und schaute mich um.
Ich lag auf einer schmalen Pritsche in einem kleinen, holzverkleideten Zimmer.
Zeit aufzustehen.Ich bugsierte meinen erschlafften Körper aus dem kleinen Bett und stand auf. Ich trug die gleiche Kleidung wie in der Schlacht, nur die Hose war zerfetzt und auf meinem Bein sah ich die Stelle an der mich der Pfeil getroffen hatte noch deutlich. Ich strich vorsichtig darüber. Zuerst spürte ich einfach eine Einkerbung in meiner Haut, als ich sanft begann darauf zu drücken, schmerzte die Wunde.
Das sollte ich besser lassen.Ich öffnete die Zimmertür. Nach rechts und links spickend, bemerkte ich, dass sich keiner in dem holzverkleideten Gang befand.
Meiner Schokoladenseite nach, folgte ich dem Gang nach links.
Es war sehr ruhig. Ich wusste nicht, wie lange ich auf diesem Pseudo-Krankenbett gelegen hatte, aber es schien sich alles sehr beruhigt zu haben hier. Gedankenverloren bog ich an einer Ecke wieder nach links ab und rannte geradewegs in einen Mann hinein. Ich öffnete die Augen, wollte gerade etwas sagen, da blickte ich gegen das melierte Kapuzenoberteil aus leichtem Leinenstoff.
Die Augenbrauen zu einer kunstvollen Welle verzogen schaute ich hoch.
"Anaria!", rief er.
"Grayjan", sagte ich.
Er zog mich in seine Arme.
"Bei den Valar, bin ich froh, dass es dir gut geht!"
Er lachte überglücklich.
"Wer hat was von gut gesagt?!", nuschelte ich beiläufig.
Sofort ließ er mich los, packte mich an den Armen und blickte mich alarmiert an.
"Geht es dir etwa nicht gut?"
"So war das nicht gemeint ... Ich hätte einfach Lust ... etwas zu essen. Lass uns etwas zu essen suchen, einverstanden?"
Ich lächelte Grayjan unsicher an.
"Natürlich! Alles was du willst!"Grayjan herrschte irgendwelche alten Damen an, uns etwas zu essen zu holen.
"Du bist aber nett!", flüsterte ich.
Er nahm meine Hand:
"Es soll dir an nichts fehlen, Anaria. Mir ist es gleich, was die alle hier von mir denken, ich will nur, dass du mich kennst, so wie ich bin."
Regungslos blieb ich sitzen.
"Ich kann verstehen, dass Legolas, der Prinz des Düsterwalds, weit mehr zu bieten hat als ich.
Aber kennst du diesen ... äußerst arroganten Elbenprinz überhaupt?
Du kennst seine Sippschaft nicht ... sein Vater ist kalt, aber ebenso eitel wie sein Sohn. Es heißt, dass er es dem Prinz verbot sich einer Waldelbe, die er selber eigentlich seit Jahren bevorzugte und unter den Schutz seines Reiches stellte, zu versprechen.
Ich will dir nur sagen, dass du in dieser Gesellschaft als Dracaster-Elbin keinen hohen Stellenwert hast.
Du und ich, wir kennen uns schon so lange und ich habe mir mein heutiges Leben hart erarbeitet.
Du kannst nicht ewig vor mir weglaufen!
Ich will wissen, was du für mich empfindest, Anaria.""Grayjan, ich weiß zu schätzen, dass du mich beschützen willst, aber ich ... Ich kann mir meine eigene Meinung über jemanden bilden. Das habe ich bei Legolas getan.
Du erzählst mir von deinem Leben, aber ehrlich gesagt habe ich überhaupt keinen Plan, was mir das sagen soll."Ich erhob mich, warum auch immer.
Wahrscheinlich eine Art Reflex."Meine Güte, Anaria! Ich habe dieses Leben genutzt: Gearbeitet, für das, wovor ich heute stehe.
Ich hatte keine Ahnung, wo du bist und irgendwann war mir bewusst, dass ich nicht mehr auf dich warten konnte.
Mir gehört eines der vielen Häuser in Loríen, ich bin Anfüher einer eigenen Truppe und genieße ein hohes Ansehen in den Landen der Herrin.
Ich frage mich nun, ob du mit mir kommen willst oder ob du hier bleiben willst."Er stellte mich vor die Wahl. Grayjan war so klug es nicht direkt auszusprechen, aber mit hier bleiben meinte er Legolas.
Ich empfand nichts für Grayjan, jedenfalls nichts romantisches. Aufzugeben und sich nach Loríen zurückzuziehen war sicher attraktiver als einen Krieg zu führen.
Ich dachte an die Vorteile:
Essen, jederzeit und überall.
Ein gutes Bett, weich und einfach nur wunderbar.
Elbische Gesellschaft, die immer eine gute war.
Der Schutz, der Loríen einem bot, so schlimm konnte es dort schließlich noch nicht sein, wenn sie immer noch Truppen an die Seite der hilfesuchenden Rohirrimi stellen konnten.
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Home is behind the world ahead
FanfictionWidersacher und Anderlinge. Als diese werden die Dracaster-Elben in ganz Mittelerde verurteilt. So denkt auch Legolas. Nachdem er den Düsterwald nach der Schlacht der fünf Heere verlassen hat, streift er jahrelang durch die endlosen Länder von Mensc...