Vertrauensschüler

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Tonks stand in ihrem Büro und sortierte Papiere.

Ihr ganzer Schreibtisch war voll davon und dabei hatte sie doch sonst schon genug zu tun. Seufzend legte sie einen weiteren Bogen Pergament auf einen Stapel und fing an einen anderen durchzulesen.

Als Kingsley durch die Tür trat, war sie froh einen Grund zu haben sich vor dieser öden Arbeit zu drücken.

„Kingsley! Rette mich!", mit einem müden Lächeln schaute sie zu dem Auror im pflaumenfarbenen Umhang.

Der lachte rau und lehnte sich gegen die Tür. „Wir sind heute Abend im Grimmauldplatz eingeladen. Ron und Hermine sind Vertrauensschüler geworden und Molly will eine kleine Fete veranstalten.", er hatte die Stimme ein wenig gesenkt, dass niemand sie zufällig belauschen konnte.

Tonks grinste: „Das ist ja toll! Ich freu mich."

Kingsley nickte ihr zu, immer noch mit leiser Stimme: „Sagst du Mad-Eye Bescheid?"
Tonks nickte und Kingsley verschwand.

Tonks beugte sich um einiges besser gelaunt über ihre Pergamente.
Wenn Molly eine Fete veranstalten wird, dann war Remus sicher auch da. Ein wohliges Gefühl breitete sich in ihrem Bauch aus, bis sie innehielt.

Warte, was?

Remus?

Sie sah sein Gesicht vor sich, sein vernarbtes Gesicht mit den braunen Augen, in denen immer so viel Verständnis und Ruhe lag.

Tonks schüttelte ihre heute langen meerblauen Haare, als wollte sie ihre Gedanken vertreiben.

Aber dieser Gedanke liess sich nicht vertreiben. Egal wie stark sie es versuchte, immer wenn sie an heute Abend dachte, tauchte Remus Gesicht vor ihrem inneren Auge auf.

Tonks stützte etwas resigniert den Kopf in ihre Hände und seufzte leise.
Es brachte nichts, sich selbst etwas vorzumachen.

Sie hatte sich in Remus Lupin verguckt.

Als Tonks zu dieser Schlussfolgerung kam raufte sie sich die Haare.

Was sollte sie denn jetzt nur tun?

Natürlich war sie schon öfters verknallt gewesen, Schulschwärmereien, nichts weiteres, aber das hier war etwas anderes.
Das hier war nicht dasselbe wie mit Charlie Weasley (ja, Tonks war in ihrem 5. Schuljahr kurz mit ihm zusammengekommen) oder den anderen Jungs, die sie während ihrer Hogwartszeit gedatet hatte.

Seufzend versuchte sie sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren, aber was sie auch versuchte, ihre Gedanken schweiften immer wieder ab.

Kurzentschlossen packte sie ihrem Umhang und verliess ihr Büro. Als sie jedoch ihr Spiegelbild in einer grossen Glasscheibe sah, blieb sie stehen.

Kritisch musterte sie ihrem meerblauen Haare und kniff dann die Augen zusammen.

Kurze Zeit später stürmte eine rothaarige Hexe mit grünen Augen in Mad-Eyes Büro.

„Sind bei Molly zum Abendessen eingeladen, Ron und Hermine werden Vertrauensschüler."

Mad-Eye schaute nicht mal auf. „In Ordnung. Ich muss nur noch kurz zu Sheppard. Dieser Volltrottel...", er knurrte irgendetwas Unverständliches und drängte sich schleppend an Tonks vorbei. Diese verdrehte bloss die Augen und machte sich auf den Weg zum Ausgang des Ministeriums.

Von da apparierte sie vor die Eingangstüre des Grimmauldplatzes und trat ein.

Kurze Zeit später war ein riesen Tumult. Sie war natürlich wieder einmal über den Schirmständer gefallen und nun veranstaltete die gute Mrs. Black einen riesen Radau. Mit rosa glühenden Wangen ging Tonks in den Keller, wo die anderen schon warteten und warf Mrs. Weasley einen zerknirschten Blick zu.

„Entschuldige Molly. Kann ich behilflich sein?"

Doch Mrs. Weasley schien heute ganz gutgelaunt zu sein, denn sie winkte nur lächelnd ab und sogar das laute Geschrei von Sirius Mutter hatte sie nicht ausser Fassung gebracht.

Tonks stellte sich neben Ginny, welche strahlend deren Haare begutachtete und sie mit ihren eigenen verglich.

„Jetzt sehen wir aus wie Schwestern!"

Als die Restlichen eintrafen und das Essen aufgetischt wurde, hob Mr. Weasley sein Glas.

„Ich denke ein Toast wäre angebracht. Auf Ron und Hermine, die neuen Vertrauensschüler von Gryffindor!"

Tonks umarmte die strahlende Hermine herzlich und ging dann zum Esstisch, wo sie sich ihren Teller mit Würstchen und Kartoffeln füllte.

„Ich war nie Vertrauensschülerin!", sagte sie grinsend zu Ginny und Hermine, „Meine Hauslehrerin meinte, mir würden gewisse notwendige Eigenschaften fehlen."

„Was zum Beispiel?", fragte Ginny, die neben ihr stand.

Tonks verdrehte die Augen: „Wie die Fähigkeit, mich zu benehmen."

Ginny prustete los und Tonks meinte aus der rechten Ecke, wo Remus stand, ein tiefes Lachen wahrzunehmen.

Hermine verschluckte sich prompt an ihrem Butterbier und Ginny, die ihr auf den Rücken klopfte, fragte Sirius nach seinem Abzeichen.

„Lupin war damals der brave Junge, er hat das Abzeichen gekriegt."

Tonks schaute vorsichtig zu Remus, der an der Wand stand und Sirius ein gequältes Lächeln zuwarf.

„Dumbledore hat anscheinend gehofft, ich könnte meine besten Freunde ein wenig bändigen. Ich muss wohl kaum sagen, dass ich jämmerlich gescheitert bin."

Tonks lächelte in sich hinein und stellte sich dann neben Arthur Weasley, der mit ihr sofort ein Gespräch über Kühlschränke und andere Küchengeräte begann.

Indes stand Remus Lupin an der Wand und hörte der aufgebrachten Hermine, welche ihm ihre Ansichten über Elfenrechte darlegte nur mit halbem Ohr zu.

Seine Aufmerksamkeit galt der, heute rothaarigen, Hexe, welche neben Arthur Weasley und Ginny am Tisch stand und gerade ihr Glas reparierte, dass sie einige Sekunden vorher gerade zu Boden gestossen hatte.

„...und ich finde es ist unsere Pflicht als vollwertige Zauberer auch solche Geschöpfe fair zu behandeln, die schon jahrhundertelang unter uns leiden.", schloss Hermine neben ihm ihren Vortrag und Remus wandte seine Aufmerksamkeit wieder ihr zu.

„Finde ich wirklich bemerkenswert, dass du dich mit sowas beschäftigst Hermine.", er hoffte, dass sie nicht bemerkt hatte, dass er ihr fast gar nicht zugehört hatte, doch aus ihrem strahlenden Gesicht schloss er, dass sie es nicht getan hatte.

Bevor Hermine zu einem weiteren Vortrag ansetzen konnte, kam Ginny heran und fing ein Gespräch mit ihr an und Remus stellte sich wieder an die Wand und beobachtete unauffällig die junge Hexe mit dem herzförmigen Gesicht, welche seine Blicke schon den ganzen Abend wie magisch anzog.

»Der Wolf und die Nymphe« - (remadora/ronks)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt