Chapter 1

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„Oh mein Gott...er sieht in diesem Licht unglaublich gu...Oh...Oh nein! Er hat sich umgedreht! Er guckt direkt in die Kamera! Er guckt immer noch, was soll ich tun, N?"

„Ich...weiß es nicht, oh Mann! Er guckt direkt zu uns! Verdammte Scheiße, wir sind so blöd! Was sollen wir nur tun?!"

Jo, die die ganze Zeit über schweigsam auf der kleinen, ranzigen Couch neben ihren beiden Freundinnen gesessen hatte, seufzte laut auf, fuhr sich einmal durch die dunklen Locken und schnappte sich das Handy, das May immer noch aufrecht in der Luft hielt. Dieses ließ sie schnell in ihrer Hosentasche verschwinden und der Junge, der bis jetzt verwirrt in die Kamera gesehen hatte, schüttelte nun den Kopf und wandte sich wieder ab, um so zu tun, als wäre nichts gewesen.

Die Braunhaarige und die Blondine neben Jo atmeten gleichzeitig erleichtert auf und ließen sich mehr oder weniger entspannt auf die Couch zurücksinken. Das war wohl die 5. Peinliche Situation in dieser Woche gewesen; und dabei war es doch erst Dienstagmorgen und die Schule hatte nicht einmal begonnen.

Im Gegenteil, sie saßen alle in der kleinen, schäbigen Schulbibliothek zusammen, um sich einen, wohl genauso schäbigen Vortrag über einen unnötigen Schülerausflug anzuhören, den doch sowieso niemandem beiwohnen würde. Damit tat es zumindest Jo ab, die ihre Nase wieder in ihrem Buch vergraben hatte.

Während der Minuten, die sie las und auf die Lehrer wartete, schlug sie sicherlich fünfmal die Hand einer ihrer Freundinnen weg, die versuchte, das Handy zu erhaschen. Für heute hatten die beiden doch wirklich genug angestellt.

„Ich habe keine Lust mehr...", seufzte Nike, während sie mit aufgestützten Händen zu dem Jungen hinüberschielte, den sie vorhin gefilmt hatten. Sie lehnte sich erneut zurück und nutzte die freien Hände, um durch ihre gefärbten, blonden Haare zu fahren. Ein leicht hellbrauner Ansatz schimmerte schon durch. „Wir wollen da doch eh nicht mit. Wieso müssen wir trotzdem da sein?"
„Wer auch immer die Anwesenheitspflicht erfunden hat, war ein böser Mensch", seufzte May. Jo, die gerade bei einer interessanten Stelle angekommen war, pflichtete der Freundin innerlich bei.

Als Nike einen Zischlaut ausstieß, sah Jo schließlich doch auf und erblickte gleich, was die Freundin so erboste. Ein Mädchen, circa ein Jahr jünger, stand in der Tür ihnen gegenüber. Sie trug ein rotes Mini-Kleid, das knapp hinter ihrem Po aufhörte. Ihre braunen Locken waren leicht und luftig und durch einen halben Dutt einigermaßen in Zaum gehalten. Einen Moment wünschte Jo, es wäre mit ihren kleinen, dicken Löckchen so einfach, verwarf das dann aber. Durch die stark geschminkten Augen hatte das Mädchen auch bald Nike entdeckt und lächelte aufreizend zu ihnen hinüber.

„Irgendwann schlag ich ihr dieses Lächeln aus der Fresse...", knurrte Nike und beobachtete jeden Schritt des Mädchens. Bis diese bei ihrem Ziel ankam: Dem Jungen, den Nike und May vorhin gefilmt hatten.

Jo kannte das Mädchen nicht gut. Sie wusste, dass sie eine Stufe unter ihnen war und auf den Namen Adela hörte. Sie war nicht sonderlich beliebt, wusste aber, ihre weiblichen Reize auf Jungen anzuwenden. So auch auf den lieben Jeremy, der sie nun herzlich in den Arm nahm, während sie noch zu Nike schielte.

Sie weiß es, ging es Jo durch den Kopf. Sie weiß ganz genau, dass Nike noch Gefühle für Jeremy hat und das nutzt sie aus.

Seufzend darüber, wie man sich nur so verhalten konnte, steckte sie ihren Kopf zurück in ihr Buch, während auch Nike versuchte, sich irgendwie abzulenken, aufsprang und ziellos durch den Raum hastete. An einigen Regalen blieb sie stehen und tat, als wäre sie tatsächlich interessiert an der Geschichte der Bücher, wobei sie nur näher an Adela und Jeremy kommen wollte.

SleeplessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt