Chapter 2

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„Lasst mich nicht allein! Lasst mich nicht allein!" Genervt zogen Nike und May den schreienden Felix, der sich an ihren Händen festgegriffen hatte, hinter sich her, als sie vollbepackt mit Koffern in Richtung des vollen Busses stolperten. Jo stumpte ihn leicht von hinten an, damit es für sie leichter war, voranzukommen.

„Der halbe Bus schaut uns an...", murmelte Nike und schloss einen kurzen Moment die Augen, als würde, wenn sie sie wieder öffnete, die peinliche Situation verpufft sein. War sie nicht, inzwischen zeigte man schon mit dem Finger auf die Truppe.

„Warum seid ihr überhaupt mitgekommen?", fragte May Paul, der neben ihr lief und wie immer breit grinste.

„Wir lassen euch Mädchen doch nicht allein zum Bus laufen. Dafür steht man doch gerne früh auf. Nicht wahr, Jungs?"

Pasquale, der einige Schritte hinter ihnen hertapste und noch seinen lila-blau gestreiften Schlafanzug trug, schien von der Aussage nicht ganz angetan zu sein. „Aufstehen? Ihr habt mich aus dem Bett geschubst. Wie ihr reingekommen seid, frag ich lieber gar nicht."

Paul machte ein wenig langsamer und tätschelte ihm den Kopf. „Ach, der Kleine ist wieder so witzig. Natürlich ist er freiwillig mitgekommen und wir mussten nicht erst durch sein Kellerfenster krabbeln."

Nike und Jo kicherten, als sie Pasquales: „Ah, so habt ihr das also gemacht..." hörten. Auch May konnte sich nicht zurückhalten, selbst wenn sie die ganze Zeit über ein seltsames Bauchgrummeln hatte. Irgendetwas sagte ihr, dass sie besser nicht mitfahren sollte. Oder, dass sie ihre Tage bekommen würde.

Sie waren inzwischen, trotz Felix, so nahe am Bus, dass sie Carlotta sehen konnten, die verschiedene Namen aufrief und ihnen freundlich zu grinste. Augenblicklich schien sich Jos Miene zu erhellen und sie winkte ihr zu. Auch May und Nike kamen, soweit sie jemals darin waren, wieder in Ausflugsstimmung und sie zogen Felix um einiges stärker mit sich.

„Ich hab mich im Übrigen über diese Burg informiert", begann Felix und ließ die beiden los, nur um anschließend vorzurennen und sich zwischen sie und den Bus zu stellen. Felix tat heute wohl alles, um sie schon vor der Fahrt doof dar stehen zu lassen.

„Das ist ja lieb von dir Felix!", meinte Paul begeistert und grinste wieder breit er konnte, Pasquale wiederrum gähnte so breit er konnte.

Felix nickte stolz und als weder Nike, noch May, noch Jo Interesse zeigten und stattdessen versuchten, an ihm vorbei in den Bus zu kommen, indem schon alle bereit saßen und aus dem Luke ständig winkte, stellte er sich immer wieder in den Weg, bis die drei seufzend nachgaben. Mit verschränkten Armen standen sie nun vor ihm und starrten ihn erbost an.

„Gut, also das wird euch gefallen." Felix zog seinen obligatorischen Rucksack, den er immer bei sich trug, auch wenn er leer war, aus und kramte ein Buch heraus. Das drückte er sogleich May in die Hand, die es verwirrt betrachtete. Es war alt, zerfleddert und staubig, zudem war es schon gelblich gefärbt und hatte wohl seit Jahren kein Sonnenlicht mehr abbekommen.

Ungefähr wie ein paar unserer Lehrerinnen, dachte sich Jo und hätte fast laut aufgelacht, aber sie unterdrückte es rechtzeitig.

„Märchen und Sagen aus ihrem Umkreis?", stöhnte May laut auf, nachdem sie, durch mehrmaliges Drüberwischen, den Staub von der Schrift entfernt und diese somit lesbar gemacht hatte.

Nike wischte ein Stück darunter weiter. „Für Dummies?", las sie ungläubig vor.

„Sonst hätte es Felix wohl nicht verstanden", giftete Pasquale, nachdem er wegen seiner Stauballergie bestimmt eine halbe Minute verzweifelt und todesängstig gehustet und geröchelt hatte, was Paul ungeheuer „Geil!" fand.

SleeplessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt