Kapitel 20

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"Sein Name ist Drew Harper. Zumindest vermuten wir das, da er sich als Victor Simon ausgibt", erklärte Rayan uns. "Ihr müsst diese Überlegung überprüfen und eine Möglichkeit finden, das zu beweisen, damit wir diese Hinweise der Polizei übergeben können. Natürlich richtige Beweise, womit Menschen etwas anfangen können."
"Das war's? Mehr nicht?", fragte ich, lies jedoch meine Verwunderung aus der Stimme. Bis jetzt hatten wir uns um die Abrechnung immer selbst gekümmert und waren nie zur Polizei gegangen.
"Weswegen ist es so wichtig, dass wir das überprüfen? Warum kümmert sich die Polizei nicht selbst drum?", fragte Joris.
"Oder das FBI?", fragte ich und wartete Joris Reaktion ab. Als er mich böse anschaute, schaute ich zufrieden wieder zu Rayan.
Der hatte meine Anspielung offenbar mitbekommen- nur verstand er sie nicht.
"Was meinst du, Donny?", fragte er verwirrt.
"Eine vom FBI hat gestern meine Wohnung durchsuchst", gab Joris zerknirscht zu.
Rayans Augen weiteten sich ein wenig. "Eine? Ich hab nur 'ne Meldung über einen. Und der wohnt zufällig bei Donny mit in der Wohnung."
"Na ja, es war auch noch einer dabei...", sagte Joris langsam.
"Du weißt nicht zufällig, wie er hieß?", erkundigte sich Rayan.
"Agent Verhowen... oder Verhoeven", sagte Joris und runzelte die Stirn.
"Das ist ja ein sehr amerikanischer Name", stellte ich sarkastisch fest.
"Ich geb' nachher 'ne Meldung an die ander'n", sagte Rayan nachdenklich.
"Und wo wohnt Drew Harper?", versuchte Joris das Thema zu wechseln.
"Das wissen wir nicht, aber er geht jeden Freitag in den Nostalgia Club", sagte er und grinste mich schief an.
Auch mir fiel es immer schwerer, nicht zu grinsen. Ich war schon viel zu lange nicht mehr richtig feiern gewesen. Selbst Joris hörte auf, schlecht gelaunt durch die Gegend zu schauen, als er das Wort Club hörte.
"Haben wir dann bis Freitag frei?", erkundigte ich mich beiläufig.
"Frei? Wofür wirst du 'n bezahlt? Kümmert euch solange um die Benedicts! Ich will alles wissen. Ihre Gaben, ihre Seelenspiegel, ihre Wünsche, ihre Ängste und so weiter. Das meiste wissen wir zwar schon, aber 'n freien Tag gönn' ich dir nich' wirklich", sagte er und grinste wieder überlegen.
Ich tat mal wieder so, als würde es mich nicht interessieren und fragte ihn stattdessen, ob wir gehen konnten.
"Joris muss noch kurz da bleiben, wegen diesen FBI- Agenten und du...", er verdrehte die Augen und seufzte schließlich. "Willst du wirklich schon gehen?"
"Ja", sagte ich kurz und ging ohne ein weiteres Wort den Flur entlang. Dann öffnete ich vorsichtig die Tür und kam im Büro wieder raus. Ohne den Chefarzt eines Blickes zu würdigen, verließ ich sein Büro und entschloss mich dazu, einen anderen Ausgang zu nutzen, da ich keine Lust hatte, wieder in der Drehtür festzustecken.
Mit schnellen Schritten ging ich zur Premetro, unserer U-Bahn. Der Bahnhof war voll, da die meisten Menschen erst um diese Uhrzeit anfingen zu arbeiten. Ein Blick auf mein Handy verriet mir, dass es gerade mal halb acht war. Der ganze Lärm der Menschen stresste mich und mein Kopf fing wieder an zu pochen. Ich drängte mich an einigen Menschen vorbei und wartete am Bahngleis auf meinen Zug. Neben mir standen zwei Jugendliche und alberten herum. Ich dachte an Mark und fragte mich, ob es in Amsterdam eine Beerdigung gab. Einen Tag bevor ich nach Antwerpen geflogen war, war ich noch einmal bei der Wiese gewesen, aber dort gab es keine Anzeichen auf irgendwas. Kein Blut, aber dafür Reifenspuren. Mein Blick war starr, aber es lief mir diesmal keine Träne über die Wange.
Der Zug kam und fuhr wieder, doch ich schaute erst auf, als mich jemand anrempelte.
"Pass doch auf!", zischte ein gestresster Mann in Anzug, doch ich ignorierte ihn und stieg nach wenigen Minuten in die nächste Bahn ein. Mein Waggon war halb leer, doch ich entschied mich dazu, die paar Stationen zu stehen, da ich mich nicht neben jemand Fremden setzen wollte.

Als ich die Wohnung aufschloss knallte ich Sky mit voller Wucht die Haustür ins Gesicht. Warum stand die auch direkt vor der Tür? Selbst Schuld.
Sky schaute mich böse an, zumindest versuchte sie es. Ich wollte ihr gerade Nachhilfe in böse gucken anbieten, als mir einfiel, dass ich vielleicht etwas netter sein musste, um etwas über sie herauszufinden. Würde ich jetzt Tut mir leid  sagen, würde sie aber merken das ich log.
"Oh, das wollte ich nicht", sagte ich also zögerlich und war stolz darauf, dass mir so schnell etwas eingefallen war, was keine Lüge war. Doch sie wandte sich trotzdem einfach ab und ging zu Zed, der ein paar Meter weiter entfernt stand. Die anderen hatten mein Missgeschick zum Glück nicht mitbekommen, da ich sonst keinen sah. Zu meinem Bedauern traf ich in der Küche aber auf Karla. Ich fragte mich, warum sie alle um diese Uhrzeit schon wach waren.
"Hallo Donny. Bist du schon zurück?", fragte Karla überrascht.
"Sieht ganz so aus", gab ich knapp zurück, während ich mir ein Knäckebrot nahm, um noch einmal etwas richtiges zu frühstücken.
"Wir wollten uns heute Antwerpen ein bisschen anschauen... Vielleicht magst du ja mitkommen und uns ein bisschen herumführen?", fragte Karla mich lächelnd. Ich wusste echt nicht, was so schwer daran war zu verstehen, dass ich ihre gesamte Familie nicht leiden konnte. Doch zu unserer beider überraschung lehnte ich nicht ab. "Jetzt?" Vielleicht würde ich ja von irgendjemandem etwas interessantes erfahren.
"Wir wollten eigentlich jetzt los, aber das dauert wohl noch eine Weile, da sich die anderen ziemlich viel Zeit lassen", sagte Karla seufzend.
Ich nickte und beschmierte mir mein Knäckebrot mit Frischkäse. Dann setzte ich mich zum Essen auf die Küchentheke.
Darufhin verdrehte Karla nur die Augen und sagte schmunzelnd: "Du bist genau wie meine Jungs."
Das war dann der Moment, in dem ich mich an meinem Knäckebrot verschluckte. Ich hustete so laut, dass sogar Victor und Trace in die Küche kamen. Natürlich kam keiner auf die Idee, mir irgendwie zu helfen. Nur Karla fragte nach einigen Sekunden, ob alles in Ordnung bei mir sei. Hustend sprang ich von der Theke und schnappte mir eine Wasserflasche, die ich halb leer trank.
Auch Will kam rein und schaute verwirrt in die Runde. "Hab' ich irgendwas verpasst?"
"Nein nein, alles ist gut. Donny hat sich nur an ihrem Essen verschluckt. Aber schön, dass du endlich fertig bist. Sind die anderen jetzt auch endlich so weit?", sagte Karla lächelnd.
"Bist du zu dumm zum Essen, oder was?", fragte Trace verächtlich. Er konnte mich offenbar noch mehr leiden als Sky.
"Trace! Dafür entschuldigst du dich sofort! ", rief Karla wütend.
"Ich konnte ja nichts dafür", sagte ich monoton mit einem Kopfnicken in Karlas Richtung.
"Was hast du denn gesagt?", fragte Will belustigt seine Mutter und ich war irgendwie erleichtert darüber, dass er nicht mehr so drauf war, wie heute morgen.
"Eigentlich nichts besonderes...", sagte sie und überlegte. "Ach ja, Donny hat sich auf die Küchentheke gesetzt und ich sagte nur, wie sehr sie euch ähnle."
Ein paar Sekunden sagte niemand etwas. Dann prustete Will plötzlich los und sogar Trace grinste ein wenig. Nur Victor schaute genauso kalt wie immer.
"Kein Wunder, dass sie sich verschluckt hat", meinte Will immer noch lachend.
Karla ignorierte Wills Kommentar und trommelte stattdessen die anderen zusammen. Ich machte mich auch auf den Weg zur Tür, nachdem ich den Rest meines Knäckebrotes weggeschmissen hatte. Appetit hatte ich jetzt nämlich keinen mehr.
Die anderen waren ein wenig verwirrt darüber, dass ich mitkam, sagten aber nichts dazu. Nur Zed und Sky konnten ihre Abneigung offenbar nicht für sich behalten und schauten mich verachtend an. Das kann ja ein toller Ausflug werden.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 29, 2018 ⏰

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