14. Kapitel (Tobias)

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Uriahs Augen sind geschlossen, doch seine Lieder zucken immer wieder. Ich knie mich neben ihn und nehme seine Hand. Ich drehe sie in meiner und fühle seinen Puls. Er ist übersäht mit Kratzern, welche er sich bei der Explosion zugelegt haben muss. Sein Anblick erinnert mich sofort wieder an die Zeit, wo er im Koma lag. Keine Aussicht auf Genesung. Es gleicht fast einem Wunder, dass er wieder aufgewacht ist – vielleicht war sein Lebenswille einfach zu stark.

Zeke liegt wenige Zentimeter daneben und rührt sich ebenfalls kein Stück. Vielleicht war es ein Fehler Uriah darein zu schicken. Er ist gerade erst aus dem Koma aufgewacht, vielleicht ist er nicht stark genug dafür. Ich wende mich zu Zeke. Sein Gesicht ist schweißnass und sein Atem geht schnell. Seine Mundwinkel zucken ab und zu. Sein Arm ist an eine Infusion angeschlossen, die sich langsam dem Ende zuneigt.

In meiner Simulation hatte er Uriah verloren und anfangs dachte ich, dass es zwischen uns vielleicht nie wieder so sein wird wie früher. Doch er gab mir nie die Schuld an Uriahs Tod. Er hat mir nie etwas Derartiges vorgeworfen. Ich weiß, dass es nicht real war, aber dennoch glaube ich, dass er es im echten Leben auch nicht getan hätte.

Ich schaue zu Hana. Sie liegt zusammen gekrümmt neben ihrem Sohn. Uriah hat sich gegen sie entschieden, weil ich meinte, es wäre sicherer für sie. Selbst, wenn wir erwischt werden, wird sie in ein paar Tagen von alleine aufwachen und gehen dürfen – ich hoffe nur, dass sie es mit uns tun wird.

Plötzlich höre ich in der Ferne ein lautes Quietschen. Hastig drehe ich mich um und sehe nach draußen. Das Tor hat sich geöffnet und zwei Trucks fahren auf das Gelände. Türen werden geöffnet und wieder zugeschlagen. Schnell lege ich mich auf den Boden und schließe die Augen. Wenn ich nicht weiter auffalle, werden sie mich hoffentlich nicht weiter beachten. Ich versuche ruhig zu atmen und meinen Körper zu entspannen. Ich höre, wie die Eingangstür aufschwingt und langsam werden Stimmen deutlich.

»Uns hätte gleich auffallen müssen, dass kein Truck fehlt, aber ihr wolltet euch ja nicht die Mühe machen und noch einmal genau nachzählen!«, sagt der Mann, den wir vorhin im Flur begegnet sind. Die Schritte nähern sich und hallen durch den Raum.

»Dieser Junge hat wohl gelogen. Warum stellt David den Typ auch ein, wenn er gerade erst sein Gedächtnis verloren hat?«

Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergangen ist, während ich Caleb aus seiner Simulation geholt habe, aber so viel kann es nicht gewesen sein, wenn sie jetzt erst von ihrer Suche nach uns zurück sind.

Nun sind die Stimmen gefährlich nah und ich spanne automatisch meine Muskeln an. Ich muss ruhig bleiben!

Sie durchqueren den Check-Point und mit der Zeit werden ihre Schritte und Stimmen dumpfer. Ich verharre noch einige Sekunden, bevor ich die Augen aufschlage und mich umsehe. Nichts rührt sich. Ich richte mich auf und atme erleichtert aus. Das war knapp. Ich schaue zu Zeke und Uriah, die immer noch reglos daliegen. Unruhig reibe ich mir den Nacken. Wir können nicht länger hierbleiben. Es ist viel zu gefährlich hier und keiner von uns hat momentan genug Kraft für einen Kampf.

»Hey, dich kenne ich doch?« Panisch fahre ich herum. Ein junger Mann in schwarzer Uniform steht nur wenige Meter von mir entfernt. Peter. Ich habe nicht gemerkt, wie er reingekommen ist. Noch bevor er seine Waffe ziehen kann, bin ich bei ihm und drücke ihn gegen eine Wand nahe des Wassertanks. Ich lege einen Finger auf meine Lippen, um ihn zum Schweigen zu bringen.

»Ich dachte, ihr währt schon längst weg von hier?«, sagt er und betrachtet mich mit hochgezogenen Augenbrauen.

»Falsch gedacht«, raune ich und verstärke das Gewicht mit dem ich ihn gegen die Wand presse. »Ich wusste, dass du uns verraten wirst – und jetzt wirst du mit den Konsequenzen leben müssen.«

Die Bestimmung - Letzte AngstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt