19. Kapitel (Tobias)

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Panisch drehe ich mich im Kreis. Ein weiterer Schrei hallt durch die Flure.

Zeke.

Ich stürme in den rechten Gang, da die Schreie von dort kommen. Ich schliddere über die glatten Fliesen. Der Flur macht eine Kurve nach links und kurz bevor ich die Ecke erreiche, höre ich Stimmen. Abrupt bleibe ich stehen.

»Sag mir deinen Namen!«, sagt eine mir unbekannte Stimme.

»Zeke!« Er spuckt das Wort mehr aus, als dass er es sagt.

»Und weiter?«, fragt der Mann schroff. Ich lehne mich vorsichtig vor und spähe um die Ecke. Zeke steht an die Wand gedrückt mit blutüberströmten Gesicht einem dunkelhäutigen, glatzköpfigen Wachmann gegenüber. Er ist fast zwei Köpfe größer als Zeke und doppelt so breit. So wirkt der sowieso schon relativ kleine und schmächtige Zeke noch winziger. Aber er wäre nicht er, wenn er sich deswegen unterkriegen lassen würde. Trotz der eher unschönen Situation prangt in seinem Gesicht ein überlegenes Grinsen, welches den Wachmann zur Weißglut treibt. Ich befürchte, dass er ihm deswegen die Nase gebrochen hat.

»Pedrad. Zeke Pedrad. Zufrieden?«, erwidert er lächelnd.

»Hast du einen Ausweis?«, fragt der Mann ihn.

»Was für einen Ausweis?«, entgegnet Zeke verwirrt.

»Jede Person, die das Amt betritt, braucht einen Ausweis, um rein und raus zu kommen.« Der Mann betrachtet ihn von Kopf bis Fuß. »Dich habe ich allerdings noch nie hier gesehen. Was machst du hier?«

»Sie kennen mich bestimmt. Von den Kontrollräumen. Ich habe gehört, dass sie sich alle hier täglich unser Leben reinziehen. Und dann müssten sie auch wissen wer ich bin. Ich bin der allbekannte Zeke. Der tapfere, selbstlose Zeke. Ich bin ein Held in der Stadt. Und ich bin der beste Freund von Four und den kennen Sie ja wohl!« Er versucht sich von dem Griff seines Angreifers zu befreien, doch dieser drückt ihn nur noch fester gegen die Wand.

»Was machst du hier und wieso bist du wach?«, brummt der Mann. Sein Gesicht schwebt jetzt nur noch wenige Zentimeter von Zekes entfernt. Ich überlege krampfhaft, was ich tun soll.

»Du antwortest lieber, sonst bereust du es noch dein freches Maul so weit aufgemacht zu haben!«, schreit er, zieht Zeke am Kragen zu sich und prallt ihn dann mit voller Wucht gegen die Wand. Ich zucke zusammen. Zeke stöhnt auf und fällt für einen Moment aus der Fassung.

»Ich bin wegen meinem Bruder hergekommen«, antwortet er gepresst.

»Ich habe ihn hergeholt!« Ich springe um die Ecke und richte meine Waffe auf den Wachmann. Dieser wendet überrascht seinen Kopf zu mir und sieht mich mit zusammengekniffenen Augen an. Er zückt seine Waffe und schleudert Zeke zu Boden und zielt auf mich.

»Wer bist du?«, zischt er. Zeke hat sich den Kopf angeschlagen und kriecht zur Wand, gegen die er sich lehnt und sein blutendes Gesicht mit seinem Ärmel abwischt, was es aber nur noch schlimmer macht, da er so das Blut im ganzen Gesicht verteilt.

»Das ist mein legendärer, furchtloser Freund Four, der kommt um mich zu retten. Danke, aber das ist wirklich nicht nötig«, sagt Zeke an mich gewandt und winkt mir mit einem Grinsen zu, welches so aussieht als würde es jeden Moment drohen zu verblassen. Ich schenke ihm ein aufmunterndes Lächeln und gehe näher auf den Mann zu.

»Wenn Sie wollen, können Sie gerne auch meinen Ausweis sehen, aber das wird nichts daran ändern, dass ich Ihnen ihren Schädel weg puste, wenn Sie mich und meinen kleinen Freund da«, ich mach eine Kopfbewegung Richtung Zeke, »nicht gehen lassen!«

»Zeig mir deinen Ausweis!«, sagt der Mann und streckt seine Hand aus. Ich seufze und krame, ohne meinen Blick von ihm abzuwenden in meiner Jackentasche herum. Anscheinend legt der Mann Wert auf Ordnung, womit er hier wahrscheinlich der einzige ist. Ich ziehe die Karte heraus, die sie uns am Anfang, als wir das Amt betraten, gegeben haben und strecke sie ihm entgegen. Er zieht ein kleines Gerät, was wie ein kleiner Bildschirm aussieht aus seiner Hosentasche und hält die Ausweismarke darüber. Ich beobachte jede seiner Bewegungen. Seine Waffe ruht weiterhin auf meinen Kopf. Zeke zwinkert mir vom Boden aus zu.

»Du bist hier unter dem Namen Tobias Eaton eingespeichert, stimmt das?«, fragt der Mann mit hochgezogenen Augenbrauen.

»Ja, das stimmt.« Ich verlagere mein Gewicht von einem Fuß auf den anderen.

»Ach, dann kenne ich dich doch«, murmelt der Mann, während er irgendetwas auf dem Gerät abliest.

»Als ob Sie den Waschlappen jetzt kennen und mich nicht! Es ist echt ätzend mit dir befreundet zu sein, Four. Du stiehlst mir meinen ganzen Ruhm!«, sagt Zeke gespielt beleidigt.

»Tut mir echt leid«, erwidere ich mit einem Schulterzucken.

»Hier steht, dass du –« Dem Mann entfährt ein heftiger Schmerzensschrei. Zeke hat sich mit einem Satz nach vorne geworfen und ihm ein Messer in den Fuß gerammt. Mit zwei langen Schritten bin ich bei ihm und versetzte dem Wachmann einen Tritt in die Magengrube und schlage ihm seine Waffe aus der Hand. Mit dem Fuß schleudere ich sie auf die andere Seite des Flures. Ich ziehe meine Reservewaffe aus meinem Gürtel und werfe sie Zeke zu, welcher immer noch keuchend auf dem Boden sitzt. Der Mann geht erneut auf mich los, doch ich versetzte ihm einen Kinnhaken. Er stöhnt auf und versucht mir den Arm auf den Rücken zu drehen, wobei er mir die Waffe aus der Hand entreißt. Ich reiße mich los, doch da packt er Zeke am Arm, welcher gerade zum Schuss ansetzen wollte. Er zieht ihn zu sich hoch und nimmt ihn in den Schwitzkasten. Seine Waffe fällt scheppernd zu Boden. Er legt den Lauf seiner Pistole an Zekes Schläfe. Zeke erstarrt und sieht mit großen Augen zu mir. Ich stehe regungslos da. Meine Waffe liegt neben meinen Füßen. Mein Kopf arbeitet auf Hochtouren.

Die Bestimmung - Letzte AngstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt