17. Kapitel (Tobias)

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»Es war eine dumme Idee hier her zu kommen«, jammert Matthew, den Rücken soweit es geht gegen die Wand hinter einer Ecke gedrückt. Ich werfe ihm einen mahnenden Blick zu, der ihm deuten soll, endlich den Mund zu halten – dass macht das Ganze nämlich nicht unbedingt besser. Wir hatten es gerade mal durch die Tür geschafft, als wir von einem Wachmann überrascht wurden und fliehen mussten. Die Überwachungskameras müssen Alarm geschlagen haben.

»Ihr vier lauft diesen Gang entlang zum Krankenhaus. Ich werde ihn ablenken und versuchen zu überwältigen«, flüstere ich so leise es geht. Meine Augen ruhen dabei besonders auf Tris, da ich weiß, wie schwer es ist sie in gefährlichen Situationen abzuschütteln – aber ich will, dass sie in Sicherheit ist. Wir haben nur einen winzigen Vorsprung. Es kann sich nur um Sekunden handeln, bis der Typ ebenfalls um die Ecke geschlittert kommt – wenn es nicht mittlerweile sogar mehrere sind.

Tris schüttelt erst den Kopf, doch als plötzlich in unmittelbarer Nähe Schritte zu hören sind, zieht sie die anderen mit sich und verschwindet. Im selben Moment werfe ich mich nach vorne und richte die Waffe auf einen blonden Mann, welcher vielleicht einige Jahre älter ist als ich. Wie alle trägt er eine schwarze Security-Uniform. Er richtet seine Pistole ebenfalls auf mich. Doch anders als ich, hat er keine Hemmungen mich zu erschießen. Ich weiche aus, doch sein Schuss wäre ohnehin daneben gewesen. Denn anders als er, kann ich wiederum zielen. Ich schieße auf seine Schulter, bedacht darauf, dass es kein tödlicher Schuss wird, doch es reicht, um ihn aus seiner Angriffshaltung zu bringen. Er fasst sich an seinen Oberarm und versucht die Blutung zu stoppen. Wutentbrannt richtet er seine Waffe auf meinen Kopf, doch ich bin schneller. Ich husche um die Ecke und rufe: »Du solltest mal zu uns Ferox kommen. Da lernst du wie man richtig schießt!«

Eine Kugel saust an meinem Ohr vorbei und schlägt in der Wand hinter mir ein. Ich laufe rückwärts den Gang entlang und warte, bis mir der Mann folgt. Doch plötzlich trifft mich ein sengender Schmerz an der Seite. Ich fahre herum. Eine schwarzhaarige Security-Frau steht am Ende des Ganges. Ich feuere mehrmals und verjage sie damit kurzzeitig hinter die nächste Ecke. Schnell überprüfe ich meine Wunde. Die Kugel hat mich nur gestriffen. Ich sehe etwas aus dem Augenwinkel und schieße nach hinten. Ich höre einen Aufschrei. Der junge Mann krümmt sich zusammen.

Ich hasse das hier. Noch bin ich voll mit Adrenalin, doch sobald dieser Kampf sein Ende findet, werde ich von dieser schrecklichen Schuld überrollt. Ich wollte nie wieder eine Waffe in die Hand nehmen – ich wollte nie wieder jemanden weh tun müssen. Ich habe ewig nicht mehr geschossen, da ich während meiner Simulation keine Waffe mehr zu Gesicht bekommen habe und wollte, doch es ist, als wäre Kämpfen mir in Fleisch und Blut übergegangen – ich muss nicht nachdenken, ehe ich handle.

Ich haste schnell zu dem Mann, entreiße ihm die Pistole und knocke ihn mit einem Schlag auf den Hinterkopf aus.

»Tut mir leid«, murmele ich leise, während er zu Boden sinkt. Es wird nicht lange dauern, bis er sich wieder erholt, also muss ich mich beeilen. Ich stecke die eine Waffe in meinen Gürtel und renne den Flur entlang, wo mich bereits die andere Uniformierte auf mich wartet. Sie humpelt, wahrscheinlich habe ich sie am Bein getroffen.

»Ich gebe Ihnen die Chance zu kapitulieren, ansonsten sehe ich mich gezwungen, Sie zu erschießen«, sagt sie mit einer seltsamen hohen Stimme. Wir stehen uns direkt gegenüber. Die Waffen jeweils auf das Haupt des anderen gerichtet.

»Dann kapitulier ich doch lieber«, erwidere ich und tue so, als würde ich meine Waffe langsam auf den Boden legen. In dem Moment, als die Frau ihre sinken lässt, schieße ich. Die Kugel trifft ihr Knie und sie fällt gegen die Wand und rutscht zu Boden. Ich schnappe mir ihre Pistole, welche sie vor Schreck fallen gelassen hat und sprinte dann den Weg Richtung Krankenhaus. Da ich jetzt drei Waffen besitze, entferne ich aus einer die Munition und entsorge die leere Pistole in einem Mülleimer. Eine nehme ich in die Hand und die zweite bewahre ich vorsichtshalber auf. Ich biege mehrmals falsch ab und muss immer wieder über bewusstlose Menschen steigen, doch nach wenigen Minuten erreiche ich den Eingang. Meine Seite brennt und mein eigentlich schwarzes T-Shirt färbt sich an der Stelle langsam rot. Ich drücke meine Hand auf die Wunde, während ich Ausschau nach den anderen halte. Ich weiß nicht, ob sie schon reingegangen sind, oder ob sie hier irgendwo auf mich warten. Dann höre ich plötzlich einen Schrei.

Die Bestimmung - Letzte AngstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt