16. Kapitel (Tobias)

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Als die ersten Sonnenstrahlen am Horizont auftauchen, kehren wir zurück ins Flugzeug. Es dauert nicht lange, bis die anderen ebenfalls wach werden. Peter hat es sich im Cockpit bequem gemacht und mir dreht sich der Magen um, als er auf irgendwelchen Knöpfen rumdrückt und mehrere Lämpchen zu leuchten beginnen.

»Lass das!«, zische ich und funkle ihn wütend an. Ich werde es noch bereuen ihn mitgenommen zu haben.

»Es geht einfach nicht in meinen Kopf, wie so ein riesen Teil fliegen kann«, sagt Peter mit großen Augen.

Als ich mich im Raum umblicke, fällt mir auf, dass die meisten nicht wirklich erholt aussehen, aber zumindest nicht mehr so aufgelöst wie gestern. Christina jammert über die unbequemen Sitze, Zeke und Uriah streiten sich um die letzten Kekskrümel, Cara versucht ihre Haare zu ordnen, während Matthew ihr irgendwas Wissenschaftliches erklärt, George schläft noch und Amar versucht aus einem Stofffetzen ein Verband für sein Bein zu basteln. Alles in allem sind sie wieder die Alten. Nur Caleb sitzt immer noch abseits von uns. Seine Haare stehen ihm wirr vom Kopf ab und er kaut nervös auf seinen Fingernägeln herum. Wahrscheinlich eine familiäre Angewohnheit.

Tris' Blick wandert von Caleb zu mir. Sie hat nicht mehr als zwei Worte mit ihm gewechselt seitdem ich ihn geweckt habe. Auch ich versuche das Thema Caleb von mir wegzuschieben. Ich habe Tris nicht erzählt, was in der Simulation passiert ist. Ich weiß nicht, ob ich es aus Scham oder weil sich noch nicht der richtige Zeitpunkt dafür ergab, getan habe. Vielleicht ist es auch nicht von Bedeutung, aber ein Teil von Calebs Angstsimulation zu sein, so wie Marcus ein Teil meiner war, macht mir Angst. Angst vor mir selbst. Und was alles noch schlimmer macht, ist die Tatsache, dass er nur aufgewacht ist, weil ich ihn aus Versehen erschossen habe, was nicht unbedingt dazu beiträgt, dass Caleb mir weniger misstraut. Vielleicht steigere ich mich sowieso nur viel zu sehr hinein und Caleb hat es schon längst vergessen. Doch es reicht nur ein Blick in seine Richtung, um mich vom Gegenteil zu überzeugen. Wahrscheinlich jage ich ihn durch seine Albträume.

»Er kann doch auch auf mich zu kommen. Warum muss ich das immer machen?«, beschwert Tris sich und lehnt sich neben mich gegen die Wand.

»Wir müssen uns einen Plan überlegen, wie wir weiter vorgehen wollen«, sage ich, um das Thema möglichst schnell zu wechseln.

»Ich weiß«, seufzt Tris.

»Hey«, rufe ich, um die Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Zu meiner Überraschung erwachen alle aus ihrem Halbschlaf oder ihre Gespräche verstummen und alle wenden ihren Blick zu mir.

»Es wird bald hell und David sucht nach uns. Also sollten wir uns schnell einen wasserdichten Plan überlegen, wie wir das Amt stoppen können, bevor es die Stadt resetet.« Ich habe keine Lust mich darum zu kümmern, dass wir uns so schnell wie möglich einen neuen Plan überlegen und den dann auch in die Tat umsetzen – vor allem nicht, weil so gut wie kein anderer mitdenkt, doch gerade lenkt es mich von meinen eigenen Gedanken ab und es fällt mir dann leichter mich aufs Wesentliche zu konzentrieren.

»Wie spät ist es?«, fragt Zeke mit einem Gähnen, welcher im Schneidersitz neben Uriah auf dem Boden sitzt.

»Halb sechs«, antwortet Matthew mit einem Blick auf seine Armbanduhr.

»Das ist zu früh!« Zeke reibt sich die Augen.

»Pech«, entgegnet Tris schnippisch, doch auch ihr ist der fehlende Schlaf anzusehen. Ich fühle mich dafür, dass ich gar nicht geschlafen habe, relativ wach.

»Wann soll denn das Reset stattfinden?«, fragt Cara. »Ich dachte, das wäre schon längst gewesen.«

»David meinte zu mir, durch die spontane Entscheidung das Serum im Amt freizusetzen, fehlt ihm das nötige Personal für die Flugzeuge, die das Gedächtnisserum in die Stadt bringen. Anscheinend will er die Loyalität all seiner Arbeiter überprüfen. Glück für uns. So lagert es nämlich weiterhin im Waffenlager und wir können es – vorausgesetzt wir finden einen Weg dort rein –für unsere Zwecke benutzen«, sagt Tris.

Die Bestimmung - Letzte AngstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt