Story 7 - End

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„Weißt du was?! Es ist mir langsam echt egal!", rief ich ihr im Gehen noch zu. Ich hatte Tränen in den Augen, als ich das Haus meiner besten Freundin verließ. Ich unterdrücke meine Tränen, denn ich hatte noch den Weg nach Hause vor mir. Dieser Streit war schlimmer als die anderen, die wir schon hatten. Viel schlimmer. So schlimm, dass ich nie wieder etwas mit ihr zu tun haben will. Ich zweifele daran, dass wir uns wieder vertragen und das treibt mir ein weiteres Mal Tränen in die Augen. Womit der Streit begann, weiß ich gar nicht mehr, ich weiß aber noch, dass es darin endete, dass wir und alle Fehler der letzten Jahre an den Kopf warfen. Zuhause warf ich mich auf mein Bett und ließ die Tränen frei. Am nächsten Tag in der Schule ignorierte ich sie komplett, ich wollte sie nie wieder sehen. In Mathe bekam ich eine Klassenarbeit zurück. Die Klassenarbeit. Die wahrscheinlich wichtigste Arbeit meines Lebens. Von ihr hing ab, ob ich die neunte Klasse wiederholen muss oder nicht. Eine fünf bekam ich und damit war auch mein Zeugnis komplett verloren. Mein Vater würde so sauer sein. Den gesamten Nachhauseweg bereitete ich mich auf die Standpauke vor. Als mein Vater gegen fünf Uhr abends das Haus betrat, atmete ich tief durch und gestand meine Note und die bittere Realität, dass ich diese Klasse wiederholen müssen werde. Ich habe ihn noch nie so ausrasten gesehen. Er schrie herum, lief auf und ab und schlug auf den Tisch. Ich stehe nur da und starre gerade aus. Plötzlich schnellte seine Hand nach vorn und traf heftig auf meine Wange. Meine Reaktionslosigkeit hat ihn anscheinend so sehr verärgert, dass er zu solchen Mitteln greifen musste. Ich fasste mir an die Stelle, wo seine Hand mein Gesicht berührt hatte und mir traten die Tränen in die Augen. So schnell ich konnte rannte ich aus dem Haus und schwang mich auf mein Fahrrad. Zu Paul waren es zur zehn Minuten mit Rad. Dort musste ich jetzt hin und es war mir egal wie viele Menschen mich jetzt verheult sehen würden, ich brauchte jemanden zum anlehnen. Ich hatte ihn das letzte Mal vor dem Streit mit Caroline gesehen. Er küsste mich zur Begrüßung, doch es war anders als sonst. Ich war zu aufgewühlt, um ihn zu fragen, was los war. Ich umarmte ihn, um meinen Problemen an seiner Brust zu entgehen. Nach kurzer Zeit jedoch stoß er mich sanft weg. „Ich bin froh, dass du vorbeigekommen bist. Ich wollte sowieso mit dir reden." Seine Eltern waren verreist, also ging ich an ihm vorbei in Richtung Wohnzimmer. „Worum geht's denn?", fragte ich, bemüht keine Emotionen zu zeigen. Das Risiko meine Gefühle zu offenbaren und dann zusammenzubrechen war zu groß. „Um uns...Ich kann das nicht mehr." „Was meinst du mit das?", erwiderte ich leicht gereizt. „Mann Emy! Ich meine unsere Beziehung. Es kommt nicht voran und... Es geht einfach nicht verstehst du?" „Dir geht es nicht schnell genug? Willst du Sex? Ich werde mich schon überwinden, wenn es das ist, was du willst." Ich flehte ihn an und rutschte näher an ihn heran. Ich bin mit meinen 14 Jahren ganz und gar nicht bereit für mein erstes Mal, aber wenn es die einzige Möglichkeit ist, ihn bei mir zu behalten, muss es wohl sein. Ich fing an an seinem Hemd herumzufummeln. „Hör auf...Bitte...", fing er an mich abzuwehren. „Emy, jetzt Hör auf!" Ich wich zurück bei seinem scharfen Ton. „Dann war's das also?!" Ich wartete seine Antwort nicht ab, sondern stürmte aus dem Haus, in der Hoffnung aus dem Haus zu sein bevor die Tränen begannen zu laufen. Meine Schuhe ließ ich im Flur stehen. Ich musste nur raus. Zeit mein Fahrrad aus dem Schuppen zu holen, hatte ich auch keine. Ich lief los, wartete auf die Tränen. Doch es kam nichts. Keine Träne. Kein Schmerz. Ich unterdrückte alles. Mein Leben war nun komplett zu Staub zerfallen. Nichts war mehr übrig, nichts was man retten könnte. Ich konnte nicht nach Hause, ich konnte nirgendwohin. Also irrte ich im Dorf herum, barfuß und ohne jegliches Ziel. Als es dämmerte kam ich an einer Brücke an. Der kleine Fluss war durch die vielen Gewitter in letzter Zeit zu einer reißenden Strömung geworden. Ich konnte nicht mehr klar denken. Meine beste Freundin hatte ich verloren. Mein Vater war so sauer, dass ich es mir nicht erlauben kann nach Hause zukommen. Dieses Jahr werde ich nicht versetzt werden und verliere alle meine Klassenkameraden. Und jetzt hat auch noch Paul Schuss gemacht. Nichts mehr voran ich mich klammern könnte. Als ich auf die Brücke ging. Brach der ganze zurückgestaute Schmerz mit einem Mal aus und mein ganzer Körper war erfüllt von Schmerz. Obwohl ich unverletzt war, fühlte es sich an als wäre mir jeder Knochen zweimal gebrochen worden sein. Was ich bis jetzt nur als Möglichkeit gesehen hatte, war nun der einzige Ausweg aus einer Welt voller Schmerzen. Ich atmete einmal sehr tief durch und sprang. Um mich herum wurde es dunkel und ich fragte mich: „Fühlt sich so der Tod an?"

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