Story 11 - Sleepover

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Ich stand noch ein letztes Mal auf, um auf die Toilette zu gehen. Auf dem Weg kickte ich einen Plastikbecher weg und erinnerte mich daran, wie vor einer halben Stunde die Party noch in vollem Gange war. Im Bad angekommen, sah ich einen Arm aus der Badewanne hängen und beschloss mich zu beeilen, damit ich schnell wieder zu meinem gesicherten Platz auf der Couch zurückzukehren. Sie war groß genug für mehrere Personen, also quetschten wir uns zu sechs zusammen. Ich kämpfte um meinen Platz neben Daniel, da ich den ganzen Abend noch nicht dazu gekommen bin, mich ihm anzunähern, obwohl es mir schien als wäre eine solche Party der perfekte Ort, um jemandem näherzukommen. Leise tippelte ich durch die Wohnstube und stieg über ein paar Schlafende hinweg, die sich auch dafür entschieden hatten hier zu schlafen. Wenigstens hatten wir dann morgen früh - also eigentlich in ein paar Stunden - genug Leute, die beim Aufräumen helfen können. Mein engster Freundeskreis, der sich die Couch gesichert hatte, wartete auf mich, damit ich meinen Platz einnehmen konnte, den ich mir so hart „erkämpft" hatte. Meine Freundin hatte ihren Kopf auf Daniels Bauch geparkt und so platzierte ich mich neben sie und legte meinen Kopf an seine Schulter, wenn ich mich direkt an ihn gekuschelt hätte, hätte es wahrscheinlich zu aufdringlich gewirkt. Ich war schon ein wenig länger in ihn verliebt, aber konnte seine Verhaltensweisen nicht deuten, denn einerseits war er sehr freundlich und aufmerksam, andererseits ist es seine Natur nett zu sein und er ist es zu anderen auch. Also ist er an mir interessiert oder einfach nur nett? Kann er meine wichen deuten oder muss ich ein wenig deutlicher werden? Ich weiß es nicht.
Es war auch schon fünf Uhr morgens und wir hatten die ganze Nacht irgendwelche Spiele, wie 'Wahrheit oder Pflicht', 'Strip-Poker' oder 'Never Have I Ever' gespielt. Ich mag so etwas, dabei erfährt man so viele Dinge über Menschen mit denen man tagtäglich in die Schule geht.
Nach ein paar "Dein Bein stört", "Kannst du deinen Arm woanders bitte hinlegen?", "Hör auf das kitzelt" oder "Wer hat mir schon wieder die Decke geklaut?" wünschten wir uns eine Gute Nacht und meine Augen fielen sofort zu. Nach einer Stunde Schlaf öffnete ich meine Augen und blickte in die Dunkelheit. Um mich herum hörte ich die Leute schwer atmen und entschied auch weiterzuschlafen. Daniel grummelte an meinem Ohr und ich beschloss, dass jetzt der richtige Moment wäre, um näher an ihn ramzukommen. Also tat ich so, als ob ich mich strecken müsste - nur, falls dich noch jemand wach war - und rutschte mit meinem Kopf auf seine Schulter und legte meinen Hand auf seinem Oberarm ab. Durch meine neue Position bewegte er sich auch und seine Hand fand sich in meinem Haar wieder. Meine Position war gerade perfekt und ich hoffte er würde sich nicht bewegen und diese Lage zerstören. Während ich, mit meiner Nase in seinem T-Shirt, seinen Geruch rief einatmete, rutschte ich noch ein wenig höher auf seine Brust und drückte meinen Kopf gegen seine Hand, die noch in meinen Haaren verweilte.
Als wir am nächsten Morgen so gegen halb neun wach wurden, war das Erste was ich tat, ins Bad zu flüchten, denn gerade als ich aufgewacht bin ist auch Daniel wach geworden und wer weiß, wie er reagiert hätte, wenn ich im Gegensatz zu meiner Ausgangsposition auf seiner Brust gelegen hätte, also ging ich lieber. Ich verließ mich darauf, dass er es im Dabeisein der Anderen nicht ansprechen würde. Das tat er auch nicht. Erst als wir zusammen in der Küche standen um dort aufzuräumen, fragte er mich, wann ich gegangen sei, da ich doch neben ihm eingeschlafen war. Würde ich mich nicht so für mein Verhalten von letzter Nacht schämen, hätte ich wahrscheinlich geantwortet: "Warum? Hast du mir vermisst?". Aber ich hatte noch genug Angst vor seiner Antwort und so erklärte ich ihm, dass ich dringend auf die Toilette musste. Ich flüchtete mich aus der Situation, indem ich das Thema auf etwas anderes lenkte. Die Geschehnisse dieses Wochenendes sollten in meinem Kopf bleiben und ich hatte nicht vor ihn anzusprechen und mir meine Illusionen kaputt machen zu lassen. Eigentlich war ich relativ schlau und konnte Menschen gut einschätzen, aber bei ihm konnte ich einfach gar nichts deuten. Ich war froh, dass ich für die nächste zeit etwas hatte an das ich mich klammern konnte, um mein Verlangen zu stillen. Ich erinnerte mich wieder daran seinen Atem an meinem Ohr zu spüren. Daran seinen Herzschlag so laut und deutlich zu hören. Und an das Kribbeln, das durch meinen kompletten Körper ging, als er seine Hand in meinen Haaren vergraben hatte. Und auch jetzt, bei dem Gedanken daran musste ich zittern.
Ich gebe mich damit zufrieden, was ich bekommen hatte und schaute mit einem verschwommenem Blick in die Zukunft, da ich nicht einschätzen kann was als nächstes passieren würde.

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