Story 16 - Hey

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„Hey...Kannst du mal kurz warten?", sagte ich und zog ihn am Arm sanft aus der Gruppe. Unsere Freunde liefen weiter, während er seinen Schritt verlangsamte und in meiner Geschwindigkeit weiterging. Die Anderen hatte ich vorher informiert, dass ich kurz Zeit brauchte, um mit ihm zu reden, also liefen sie alle weiter in Richtung Bahnhof. „Alles klar?", fragte er mich. Ich beschloss meine lang geübte Rede einfach raus zulassen und dann hätte ich es endlich hinter mir. Er schaute mich erwartungsvoll an und ich atmete tief ein.

„Ich...Also ich wollte dir schon voll lange mal was sagen und ich wusste immer nicht wie, eigentlich weiß ich selbst jetzt nicht wie... Ich hab keine Ahnung, wie du reagieren wirst, aber eigentlich habe ich deine Zeichen glaube ich richtig gedeutet und es ist auch gar nicht schlimm, dass du Laura mehr magst oder so. Ich wollte nur sagen, dass ich nicht will, dass jetzt in unserer Clique irgendwas komisch wird und ich hab Laura auch schon gesagt, es ist wirklich okay für mich, wenn zwischen euch irgendwas ist, weil ich wirklich will, dass ihr glücklich seid, denn das macht mich dann auch glücklich. Vielleicht muss ich einfach mal ein bisschen zurückstecken und ihr den Vortritt lassen. Ich meine, ich hatte meine Chance und habe sie nicht genutzt. Als sie dann damit rauskam, dass sie auch auf dich steht, hatte ich schon gute zwei Monate Zeit gehabt aktiv zu werden, bin ich aber nicht. Und jetzt ist halt ihre Zeit gekommen und anscheinend springst du ja darauf an und letztlich ist es ja sowieso deine Entscheidung, also spreche ich es jetzt einfach aus, was ich schon so lange vorbereitet hatte: ...Ich mag dich. Ziemlich gern sogar. Und ich hab wirklich sehr viel Interesse daran dich näher kennenzulernen... aber wie gesagt, du musst nichts sagen. Ich hab jetzt alles gesagt, was ich sagen wollte und sag einfach nur ‚Nein' , damit ich es auch wirklich verstehe, weil du musst wissen, Hoffnung zu haben ist schon echt scheiße, wenn sie den einen Tag zunimmt und im nächsten Moment wieder zerstört wird und das über Wochen hinweg. Und das soll jetzt keine Kritik oder so sein...naja also eigentlich schon irgendwie, aber du hast mir halt einfach schon ein bisschen weh getan. Natürlich sage ich mit keinem Wort, dass es Absicht war, aber naja so war es halt nun mal. Auf jeden Fall wollte ich nur sagen, dass du ruhig mit Laura machen kannst, was du willst, weil es ist ja dein Leben und vielleicht ist es dir aber auch völlig egal, ob ich jetzt meinen Segen gebe oder nicht, weil du es so oder so gemacht hättest, aber ich erzähl dir das halt nur, weil du es wissen sollst: Hier ist auch noch jemand."

Während ich sprach, schaute ich fast nur den Boden an; ab und zu in seine Augen, dann wieder auf den Boden. Ich redete sehr schnell, um alles, was ich sagen wollte, loszuwerden und meine Stimme wurde zum Ende hin immer brüchiger. Nachdem ich meinen letzten Satz beendet hatte, drehte ich mich um. Ich wollte sein Gesicht nicht sehen. Der Bahnhof war direkt vor unserer Nase und die anderen warteten schon in einem der Bahnhäuschen. Natürlich könnte ich noch mit den anderen auf deren Zug warten, aber ich konnte nicht mehr. Ständig war ich zu Hause vor dem Spiegel durchgegangen, was ich sagen würde. Aber es jetzt endlich ausgesprochen zu haben, drückte die Tränen in mir hoch. Ich winkte den Anderen, die uns bemerkt hatten nur noch zu und drehte mich um, damit ich in Richtung Fahrradständer gehen konnte. Meine ruckartige Drehung war wohl keine gute Idee, denn einem Augenblick später, war mein Gesicht auch schon in seine Winterjacke gedrückt, als ich mit voller Kraft gegen ihn stieß. „Tut mir leid.", murmelte ich mit brüchiger Stimme in seine Jacke. „Hey...", sagte er besorgt und versuchte mein Gesicht anzuheben, indem er zwei Finger an mein Kinn legte. Ich drehte mein Kopf zur Seite, damit er meine Tränen nicht sah und lief schneller zu meinem Fahrrad, stieg auf und fuhr weg. Weg von ihm und seinem ‚Hey'. Ich schüttete ihm mein Herz aus und alles, was er sagt ist ein ‚Hey'?

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