Story 26 - Mailbox

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Der Piepton der Mailbox ertönte und gab mir damit das Startzeichen, um all die Wut, die ich gerade spürte, raus zulassen.

„Wann hattest du eigentlich vor uns von deinem Date gestern zu erzählen?! Oder von den vielen Nächten, die du anscheinend schon mit ihm durchgemacht hast, auch wenn es nur über Whatsapp war?! Ich kann ja verstehen, wenn du mit mir nicht darüber reden willst... Obwohl, nein, kann ich eigentlich nicht! Klar, ich war in ihn verliebt und das ist vielleicht scheiße für dich, aber glaubst du wirklich ich bin nicht in der Lage mich dafür zu freuen, dass du wenigstens glücklich bist?! Glaubst du ich werfe es dir vor, mache dir ein schlechtes Gewissen, nur weil du etwas bekommen hast, was ich wollte?! Wenn du das denkst kennst du mich nicht! Denn ich bin durchaus dazu fähig mich trotz meiner Gefühle für dich zu freuen! Vielleicht hattest du ja auch nie vor uns davon zu erzählen. Nein! Dafür hast du ja Clara. Die liebe, gute Clara. Was ist an ihr so besonders? Schon klar, sie kann ruhig deine beste Freundin sein und alles als erste erfahren, aber ich dachte du würdest es uns auch irgendwann mitteilen und nicht, dass wir es von irgendwelchen anderen Leute hinter drei Ecken erfahren müssten! Du sagst jetzt bestimmt ‚ich bin doch nur eifersüchtig' oder so und ja das stimmt, aber ich bin nicht eifersüchtig, weil du mit ihm zusammen bist und ihr dann auch mal Dates habt. Ich bin eifersüchtig auf Clara, dass sie die einzige ist, die an deinem Leben teilhaben darf. Du wirst dich jetzt wahrscheinlich entschuldigen, weil du denkst, dass es das ist, was von dir erwartet wird, aber was bringt mir eine Entschuldigung, wenn das Gefühl dann trotzdem nicht weggeht? Unsere Beziehung zueinander hat ein wenig gelitten als ihr frisch zusammen gekommen wart, auch wenn du es wahrscheinlich nicht wirklich mitbekommen hast, ich habe es. Ich war verletzt und eifersüchtig und wütend und ich wollte das eigentlich nicht, aber mit der Zeit habe ich begriffen, dass ich nicht der Mittelpunkt der Welt bin; dass ich nicht die erste Wahl bin. Nicht von ihm, nicht von dir. Noch nicht mal für meine beste Freundin wäre ich die erste Wahl. Und das tat am dollsten weh. Das traf mich am härtesten. Aber ich musste mich damit engagieren, mich damit abfinden. Es war schwer aber mit der Zeit kann man akzeptieren von vielen Menschen die zweite oder vielleicht auch erst die vierte oder zehnte Wahl zu sein. Ich habe akzeptiert, dass immer jemand über mir stehen wird und es ist okay, denn ich bin glücklich überhaupt ein Teil der Liste sein zu dürfen. Ich bin glücklich, solange es die Menschen sind, die für mich ganz oben stehen und dazu gehörst du, also steck dir dein schlechtes Gewissen sonst wo hin und erzähl mir beim nächsten Mal jedes kleine schmutzige Detail eurer Treffen. Ich möchte noch, dass du weißt, dass meine Gefühle, die ich für ihn hatte, kein bisschen unsere Freundschaft beeinflussen. Ich habe mich im Griff und kann damit umgehen. Ich möchte wirklich deine Freundin sein und dir Tipps geben und einfach für dich da sein...also wenn du das auch willst. Ich hab dich lieb und ich hoffe du weißt das... Nein, ich weiß, dass du es weißt. Du sollst nur wissen, dass du mich nicht verletzt indem du mir Sachen erzählst. Du wirst mich aber verletzten, wenn du sie mir nicht erzählst. Ich glaube ich muss nicht mehr erwähnen wer hier dran ist. Hab dich wirklich lieb."

Nach dieser Ansprache war meine Wut wie verflogen. Ich atmete noch einmal tief durch und beendete den Anruf.

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