Ich nahm meinen Finger von dem Knopf, aber nur um gleich darauf ein weiteres Mal energisch rauf zu drücken. Ein schrilles Klingeln war aus dem Hausinneren zu hören. Endlich kam er zu Tür und bat uns hinein. Auch wenn wir vorher schon ein wenig vorgeglüht hatten, war mir langsam kalt geworden vor der Tür. Alle marschierten geradewegs in die Wohnstube, da wir uns hier wie zu Hause fühlten. „Der Grill ist schon vorgeheizt, aber ich habe bis jetzt nur Fleisch hier. Also wer Extrawünsche hat, weiß ja wo der nächste Supermarkt ist." „Och komm schon! Hättest du das nicht früher sagen können! Wir sind doch auf dem Hinweg daran vorbei gelaufen.", meckerte einer aus der Runde. „Ich gehe. Ihr wisst doch, dass ich meinen Salat brauche.", lachte ich. Schnell trank ich mein – bestimmt schon zum dritten Mal gefülltes – Glas leer und zog meine Jacke an. „In dem Zustand können wir dich nicht allein gehen lassen, Casey.", sagte Laura und erhob sich ebenfalls. Ich drückte meiner Freundin noch schnell ein Kuss auf die Lippen, bevor ich das Haus verließ. Zwei meiner anderen Freunde hatten sich uns noch angeschlossen und somit waren wir nun zu viert unterwegs.
Auf dem Weg zum Supermarkt entwickelten wir eine Taktik, damit es so schnell wie möglich ging. Also lief ich in Richtung Gemüsestand; Laura besorgte noch ein bisschen Knabberzeug und die Jungs waren mit Alkohol beauftragt. Zehn Minuten später begutachteten wir unsere Ausbeute an der Kasse. Die Jungs haben ganz schön zugeschlagen. In ihrem Wagen stand ein Kasten Bier; eine Flasche Wodka; ein paar Flaschen verschiedenste Liköre und eine Packung Feigling. Die Kassiererin schaute uns nur komisch an, als Tim dann seinen Ausweis heraus kramte. Sie schaute ihn sich genau an und man konnte sehen, wie ihre Augenbraue langsam nach oben wanderte. Letztendlich musterte sie uns noch einmal von oben bis unten und fing an unsere Sachen zu scannen. Auf dem Rückweg schwiegen wir eigentlich größtenteils. Bis auf einmal Tim zu mir kam und fragte: „Mit dir und Saskia läufst anscheinend ganz gut, oder?" „Ja, ich denke schon.", lachte ich etwas nervös und verwirrt. „Es ist übrigens nicht schlimm für mich, dass ihr lesbisch seid. Ich meine... also ich verurteile euch nicht oder so." „Also ehrlich gesagt, habe ich mir darum nicht so viele Sorgen gemacht. Also nicht, weil es mir nicht wichtig ist, sondern weil ich sowieso dachte, dass euch das nicht stören würde." „Ich wollte nur, dass du es weißt" „Danke", antwortete ich ehrlich.
Die Anderen hatten in der Zeit schon ein paar Sachen gegrillt und die Shisha aufgebaut. Bis jetzt hatte ich es auf Partys immer bei ein bisschen Sekt belassen, doch Laura schaffte es mich zu überreden, mit ihr zusammen der Kirsch zu killen. Trotzdem hatte ich noch leichte Bedenken, die jedoch mit einem Blick an das andere Ende des Tisches beseitigt wurden. Saskia gab Ronja gerade eine volle Ladung von ihren Kitzelattacken, die ich nur zu gut kannte. Zu allem Überfluss bemerkte ich auch noch, das der Schal von Saskia, der sonst höchstens meinen Hals schmücken durfte, nun um Ronjas Hals gewickelt war. Laura hatte mein Glas bereits gefüllt und somit konnte ich es mir direkt runterkippen. Shisha war auch nicht so mein Ding, umso mehr Spaß fanden zwei meiner Freunde daran, mir den nach Erdbeer duftenden Dampf ins Gesicht zu pusten. Anscheinend sah ich sehr hilfsbedürftig aus, denn schon mischte Saskia sich ein und meinte zu den Jungs: „Lasst das! Sie will das nicht!".
Was nimmt sie sich eigentlich heraus, zu bestimmen, was ich will und was ich nicht will. Es war ja schön, dass sie versuchte mich zu beschützen, wahrscheinlich sogar ziemlich süß, aber ich kann sehr gut selbst meine Entscheidungen treffen. Nach einigen Minuten, als ich schon mein drittes Glas Kirsch leerte, setzte sich Saskia neben mich. Sie wartete bis ich meinen Teller Salat aufgegessen hatte und bot mir die Shisha an. Ich verneinte. Im nächsten Augenblick hatte ich wieder das Bild von Ronja und ihr vor Augen und bereute Nein gesagt zu haben. War ich zu verklemmt?
Vielleicht war das ja auch nur eine Halluzination, weil ich überhaupt nichts vertrage? Nein, so etwas könnte ich mir nicht ausdenken, auch wenn ich noch so betrunken wäre. Deshalb störte es mich umso mehr. Bei ihrem nächsten Zug legte ich meine Lippen auf ihre und zwang sie somit mir den Dampf in den Mund zu blasen. Zugegeben – sie sah dabei echt heiß aus. „Und war es so schlimm?", fragte sie mich. Als Antwort küsste ich sie ein weiteres Mal. Sie lächelte und wir wiederholten das ein paar Mal.
Später torkelte ich in die Küche um mir etwas zu trinken zu holen. Auf dem Weg begegnete ich Ronja, der ich erzählte, was ich vorhatte und mir daraufhin anbot mir die Limetten für meinen Caipirinha zu schneiden, da sie wohl der Auffassung war, ich würde das allein nicht mehr hinbekommen. Ich sah ihr dabei zu und so kamen wir ins Gespräch. Hauptsächlich erzählte ich ihr, wie Saskia und ich uns kennengelernt hatten. Außerdem war sie die Erste, der ich erzählte, dass das das erste Mal war, dass ich richtig viel trank, was wahrscheinlich genau daran lag. „Keine Sorge dein Geheimnis ist bei mir sicher. Ich wollte dir schon die ganze Zeit sagen, wie süß ihr Beiden zusammen seid. Einfach nur cute." Dieses Statement überraschte mich echt und vielleicht hatte ich mich ja auch geirrt und sie war eigentlich ganz nett. Ich beschloss sie den Rest des Abends näher kennenzulernen, um sie besser einschätzen zu können. Wir spielten fast die ganze Nacht hindurch irgendwelche Spiele und betranken uns, doch nach den Gespräch mit Ronja hatte ich mir vorgenommen wieder einen Gang zurückzuschalten und es langsamer anzugehen.
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Kurzgeschichten
Short StoryAlso eigentlich würde ich es noch nicht einmal 'Kurzgeschichte' nennen. Es sind eher Szenen, die mir manchmal einfach in den Sinn kommen, wenn ich denke "Was wäre wenn...". Wahrscheinlich wird es meistens um Liebe gehen, aber ich versuche auch an...