Kapitel 2

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Letztendlich entschied ich mich doch dazu, auf den Ball zu gehen. Sei es auch nur deswegen, damit Ginny nicht mehr die ganze Zeit weiter versuchte, auf mich einzureden, denn es nervte mich immer mehr.

Sie freute sich sehr darüber, dass ich ihren Rat annahm. Stürmisch wollte sie mich umarmen, als ich ihr dies mitteilte, doch ich hob abwehrend meine Arme und schreckte panisch zurück. Nur weil ich ihr den Gefallen tat, hieß es noch lange nicht, dass ich jetzt wieder die alte Hermine war.

„Dann wollen wir doch mal schauen, was wir dir für ein Kleid besorgen können. Schließlich ist es ein Ball und da kannst du ja schlecht in deiner Schuluniform erscheinen", sagte sie leicht aufgedreht, griff nach meiner Hand und zog mich ins Dorf. Sie achtete nicht darauf, wie wenig Interesse ich eigentlich daran hatte oder wie sehr es mir missfiel, dass sie mich trotzdem anfasste.

Ich unterdrückte die aufkeimenden Tränen und entwand mich schnell ihrem Griff. Ihr schien erst jetzt aufzufallen, was sie getan hatte, und blickte mich entschuldigend an. Ich schluckte und nickte ihr zu. Solange sie mich nicht anfasste, würde ich mitgehen.

Ich würde nichts Auffälliges tragen. Ich wollte nicht auffallen oder angeben, denn womit sollte ich auch angeben? Mit meinem geschändeten Körper? Wohl eher nicht. Lieber so schlicht wie möglich und so viel verdecken wie nur ging.

Ginny war recht schockiert, als ich ihr meine Wahl zeigte. „Nein. Definitiv nicht. Du wirst kein Schwarz tragen. Du gehst nicht auf eine Beerdigung. Wenn du schon meinst, es muss etwas zugeknöpftes sein, was ich verstehen kann, dann wenigstens mit etwas Farbe. Schwarz lässt dich so blass wirken und du willst sicher nicht tausende Schichten Make-Up tragen, damit du nicht mehr blässlich wirkst." Sie ging durch die Reihen, mit den verschiedensten Kleidern und suchte ein Kleid für mich, auch wenn ich kein Interesse an Farbe hatte. Das Schwarz drückte meine Gemütsfassung aus.

Letztendlich zog sie ein einigermaßen schlichtes, aber dennoch wundervolles Kleid hervor.

Auch wenn es ein wenig Glitzerelemente hatte, passte es perfekt zu dem dunkel Grün und es war zwar hochgeschlossen, aber es wirkte dennoch sehr edel. Eigentlich eher etwas für eine Slytherin, aber da ich einen Slytherin geheiratet hatte, fand ich die Farbe gar nicht mal so schlecht. Früher hätte ich so etwas nie getragen, aber jetzt wäre es ideal.

Der Preis spielte keine Rolle. Geld hatte ich ja genug, seitdem ich Kriegsheldin war, und allein schon das Erbe meiner Eltern war so riesig, dass ich sicherlich im Geld baden könnte. Aber all mein Reichtum hatte mich auch nicht davor bewahrt, das Lorcan sich an mir vergeht.

Ginny schien zu bemerken, dass die vorher noch halbwegs entspannte Stimmung zu kippen drohte, also ließ sie das Kleid auf ihren Namen zurücklegen und nahm mich mit in ein kleines Eiscafé.

Sie bestellte zwei Cappuccino, die uns eine Kellnerin brachte. Als diese wieder verschwand, setzte Ginny an: „Willst du reden? Ich denke, dass es dir gut tun würde, wenn du mir etwas anvertraust."

Ich umklammerte die warme Tasse und starrte auf meine sich verkrampfenden Finger. Ich wusste, sie meinte es nur gut, aber wie sollte ich anderen dieses Grauen schildern, wenn ich es selbst nicht verkraften konnte?

Lange Zeit blieb es ruhig. Sie sagte nichts und ließ mir die Möglichkeit, wenn ich denn wollte, zu sprechen. Eine wirkliche Freundin.

Ich begann, zu weinen, und etwas in mir sagte, ich könne ihr alles anvertrauen. Und ich glaubte dieser inneren Stimme. Schließlich hatte ich Ginny damals als erste von meiner Beziehung zu Severus erzählt und sie hatte mich trotz Ron nicht verurteilt. Im Gegenteil, sie hatte mich immer unterstützt, sei es nun bei Severus oder auch bei meinen Eltern. Sie war immer da und hatte nie etwas ausgeplaudert, was ich ihr anvertraut hatte.

„Du kannst ruhig offen sprechen. Es wird uns niemand beachten."

Das ließ irgendwie den Damm brechen und alle angestauten Gefühle kamen hervor, als ich ihr von dem Aufenthalt in dem Salon mit Lorcan erzählte.

Ich fühlte mich schlecht und verletzlich. Trauer übermannte mich und ich konnte nicht mehr. Es zerfraß mich von innen, dass ich mich so schmutzig und missbraucht fühlte, doch etwas dagegen tun, konnte ich nicht.

Als ich endete, sah Ginny mich mitleidig an und legte vorsichtig eine Hand auf meinen Arm.

„Du solltest mit Snape reden. Er liebt dich wirklich und es zerstört ihn, zu sehen, wie du leidest."

Ich schüttelte über ihren Vorschlag nur den Kopf. „Ich kann ihm das nicht antun. Es ist für mich grausam, dass ich Nähe nicht ertrage. Und wie soll ich denn mit ihm zusammen sein, wenn ich nicht mal mehr in seiner Gegenwart entspannen kann?"

Darauf schien sie, auch nichts mehr erwidern zu können, da sie schwieg und mich nur ratlos ansah.

„Können wir bitte das Thema wechseln? Ich will das alles nur noch vergessen", bat ich sie letztendlich, nachdem es mir nun zu viel wurde. Ich hatte schon viel zu viel über alles geredet und es hatte nichts besser gemacht. Im Gegenteil. Jetzt war alles nur noch lebendiger vor meinen Augen. Nicht nur im Schlaf. Und das wollte ich nicht.

„Nun gut, aber denk dran. Es könnte dir helfen", sagte sie noch abschließend zum vorherigen Thema.

Ich unterdrückte ein Seufzen und suchte verzweifelt nach einem unverfänglicheren Thema, was mich auf gänzlich andere Gedanken bringen würde.

„Was hat sich eigentlich mit der Zwangsehe ergeben?", fragte ich sie schließlich.

Froh darüber, dass ich das merkwürdige Schweigen zwischen uns brach, erwiderte sie: „Miles hat unter Veritaserum über die Aktivitäten von... nun ja... du weißt schon... IHM ausgesagt und es hat sich herausgestellt, dass er das Ministerium unterwandert hat und einzig Dracos und meinen Dad nicht beeinflussen konnte. Deswegen ist auch die Verlobung entstanden. Nachdem das ans Licht kam, wurde uns freigestellt, die Verbindung zu lösen."

Ich hob eine Augenbraue und sah sie neugierig an, da ich ein deutliches "aber" heraushören konnte.

Seufzend fuhr sie fort: „Aber wir sind uns nicht mehr ganz so sicher, ob wir sie lösen wollen. Nachdem er mich aus den Kerkern befreit hat, hat er sich die ganze Zeit um mich gekümmert und nachdem uns freigestellt wurde, die Verlobung zu lösen, hat er mich gefragt, ob wir nicht erst ein paar Mal ausgehen wollen, um zu schauen, ob wirklich etwas aus uns beiden werden kann."

Sie wirkte glücklich und ein klein wenig freute ich mich für sie. Aber ich hoffte für sie, dass Draco der Richtige für sie war. Schließlich hatte sie mit Miles nicht gerade das beste Los gezogen.

Da ich mich mit ihren Problemen beschäftigen konnte, lenkte es mich erfolgreich von meinen eigenen ab und man hätte meinen können, alles sei wieder ganz normal, da ich nun etwas ungezwungener wirkte.

Vielleicht hatte Ginny Recht und es würde mit der Zeit das Vertrauen in andere wiederkehren. Ihr vertraute ich zu einem gewissen Maß ja auch wieder.

A Changing Kiss 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt