Kapitel 40

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Das Erste, was ich wahrnahm, waren meine Schmerzen, die mit einem Schlag zurückkehrten und mich wie ein Bus überrollten. Das Atmen fiel mir sehr schwer und ich konnte mich nicht bewegen.

Mit Anstrengung öffnete ich meine Augen und sah an eine weiße Decke, doch ich konnte nicht ausmachen, wo ich mich befand, da jeder Versuch einer Bewegung erneut Schmerzen hervorrief.

Mir entwich ein Stöhnen, als ich versuchte, meinen Kopf ein wenig anzuheben.

„Bewege dich nicht", drang Severus' Stimme an mein Ohr und im nächsten Moment erkannte ich sein Gesicht. Das ließ mich etwas entspannen, da ich wusste, dass ich nicht alleine war.

„Was...?", krächzte ich und fing an, zu husten.

„Ich habe dir einen Bezoar gegeben und dich anschließend ins St. Mungo gebracht. Hier wurdest du entgiftet und deine Wunden versorgt. Du liegst schon seit fast einer Woche hier", erklärte er mir sachlich, „aber bevor wir reden, besorge ich, dir etwas zu trinken."

Dann ging er aus dem Raum und kam wenige Augenblicke später mit einem Wasserglas wieder, welches er mir auffordernd hinhielt.

Hustend trank ich in kleinen Schlucken alles aus und fragte anschließend mit noch immer heiserer Stimme, aber glücklicherweise nicht mehr krächzend: „Was ist mit Ellis? Hast du im Ministerium Bescheid gegeben?"

Seufzend schüttelte er den Kopf. „Ich werde wohl nicht darum kommen, dir davon zu erzählen. Ich hatte gehofft, dir das zu ersparen, sodass du nicht noch mehr grausame Details aus meiner Zeit unter dem dunklen Lord erfahren müsstest, als du jetzt schon weißt."

Leicht geschockt, dass Severus nichts unternommen hatte, sagte ich nichts dazu, auch wenn mir einiges auf der Zunge lag.

Er setzte sich auf mein Bett und sah direkt an mir vorbei.

„Es war kurz vor seinem Fall. Ich kehrte nach einem der vielen Treffen zurück nach Hogwarts. Mit einer Aufgabe. Ich sollte eine Gruppe von Todesser anführen und mit ihnen ein Dorf voller Muggel-Sympathisanten angreifen, die sich als Informationsquelle des Ordens erwiesen hatten. Dies wusste ich aus erster Hand, da Albus es mir vor seinem Tod erzählt hatte."

Er ballte seine Fäuste so fest, dass seine Knöchel weiß hervortraten.

„Um meine eigene Haut zu retten, habe ich dieses Dorf verraten, und als Belohnung, wie es der Lord meinte, da ich ihm eine solch wertvolle Information zugespielt hatte, wurde ich der Mission zugeteilt", presste er hervor und wirkte grimmig und wütend.

Ich zuckte zusammen. Er hatte ein ganzes Dorf geopfert, nur um sich selbst zu retten. Ich hatte viel erwartet, aber dass er zu so einer Tat fähig war, hatte ich nicht gedacht.

„Ich möchte nicht ins Detail gehen, aber es wurden sehr viele hingerichtet. Und dies unter meinem Kommando. Ich war machtlos. Hätte ich etwas unternommen, hätte mich das unweigerlich in Erklärungsnot gebracht", versuchte er, sein Handeln zu erklären, aber konnte man solch eine Tat einfach so abtun, als sei diese nur etwas völlig Belangloses?

„Wir stürmten eines der wenigen Häuser, die von dem Ganzen unbeschadet geblieben waren, und da hatte sich eine Familie verschanzt. Ein Mann hielt ein kleines Baby in den Armen und seine Frau stand neben ihm. Ich gab den Befehl, alle drei hinzurichten. Bellatrix' Todesfluch traf den Mann, der das Baby fallen ließ. Fenrir nahm sich das Baby vor. Die Frau stürmte in eines der oberen Zimmer und als ich ihr folgte, fand ich nur ein leeres Zimmer vor. Sie musste mit Hilfe eines Notfall-Portschlüssels geflohen sein, da wir eine Disapparier-Sperre auf das Dorf gelegt hatten, konnte sie nicht appariert sein", erklärte er verbittert über seine eigene Tat.

Er hatte zwar niemanden selbst getötet, aber den Befehl gegeben. Da hätte er genauso gut selbst die ausführende Hand sein können.

„Diese Frau war Ellis!"

Ich riss die Augen auf. Das erklärte alles. Und ich hatte geglaubt, dass es nicht noch schlimmer hätte kommen können.

„Du willst mir sagen, du hast den Befehl zur Tötung von Ellis' Familie gegeben, die deswegen nun auf Rache aus ist?", fasste ich ungläubig zusammen.

Er nickte und sah mich nun endlich an. Seine Augen wirkten betrübt, doch er versteckte dieses Gefühl der Schwäche sehr schnell wieder hinter seiner reglosen Maske.

„Verstehst du jetzt, wieso ich nicht über Ellis reden kann?"

Ich nickte schweigsam, noch zu benommen von den Dingen, die ich eben erfahren hatte.

„Ich würde in Erklärungsnot geraten und wenn das rauskommt, wird für mich kein Weg an Askaban vorbeiführen. Und solange Ellis auf freiem Fuß ist, werde ich dich nicht alleine lassen, denn du bist genauso ihr Ziel wie ich."

Ich schluckte. Wenn ich nicht noch so schockiert wäre, hätte mir sein Schwur mir gegenüber und seine versteckte Liebe in seinen letzten Worten sehr viel bedeutet, doch so konnte ich nichts anderes tun, als zu schweigen.

„Und was nun? Wirst du sie töten?"

Er zuckte leicht mit den Schultern. „Vermutlich. Wenn es sich nicht vermeiden lässt, dann ja. Ich war zu nachlässig beim letzten Mal und deswegen hätte ich dich beinahe verloren. Ich konnte noch von Glück reden, dass du unter meinen Zaubertrankutensilien, die du mir aus Hogwarts mitgebracht hattest, auch einen Bezoar gelegt hast. Ansonsten wärst du nicht mehr am Leben. Dieser Fehler wird mir kein zweites Mal passieren."

Ich ergriff seine eiskalte Hand. „Severus. Bitte sei vorsichtig. Auch ich will dich nicht verlieren."

Er beugte sich zu mir herab, seine Augen nun etwas weicher als zuvor. „Keine Sorge." Dann gab er mir einen Kuss auf die Stirn.

„Und nun versuche, dich noch ein wenig auszuruhen. Denn wenn es dir besser geht, kannst du wieder gehen und ich würde mich wohler fühlen, wenn du bei mir wärst, sodass ich ein Auge auf dich haben kann."

Wäre ich nicht noch verletzt, hätte ich meine Hände in die Hüften gestemmt. So musste ich mich nur mit einem Schaufen zufrieden geben.

„Nur weil ich einmal im Kampf verletzt wurde, heißt das nicht, dass ich nun rund um die Uhr einen Aufpasser brauche", meinte ich leicht gereizt.

Ohne auf meine Worte einzugehen, stand er auf und sagte im Gehen: „Ruhe dich aus, Hermine! Du brauchst jetzt den Schlaf. Glaube mir. Ich habe das Gefühl, dass der nächste Kampf schneller kommen wird, als uns lieb ist."

Damit ließ er mich alleine und ich musste mich mit all den Dingen auseinander setzten. An Ruhe oder gar Schlaf war nicht mal ansatzweise, zu denken. Zu sehr schwirrten mir die Dinge im Kopf herum.

A Changing Kiss 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt