Kapitel 4

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Mit weit aufgerissenen Augen schreckte ich aus meinem Albtraum auf und realisierte erst ganz langsam, dass ich nicht dort war. Ich war in Sicherheit. Alles war wieder in Ordnung. Keiner konnte mir mehr etwas antun.

Angstschweiß lief über meine Stirn und mein Atem wurde nur sehr langsam wieder normal.

Ich war in Severus Schlafzimmer. Severus war nicht hier. Ich war alleine. Keiner konnte hier rein. Ich hatte dafür gesorgt.

Der Gedanke, dass ich froh darüber war, dass Severus nicht hier im Raum war, war sehr erschreckend und es tat weh, dass ich so von ihm dachte. Doch ändern konnte ich das nicht.

Minuten verstrichen, ehe ich mich wieder bewegen konnte. Ich fühlte mich unwohl hier. Wollte von hier fort.

Schnell ging ich zu Severus Schrank und zog mir eine seiner Hosen heraus, die mir viel zu groß waren, aber ich wollte nicht mehr das Kleid anziehen. Also blieb mir nichts anderes übrig.

Umgezogen schloss ich die Tür wieder auf und fand Severus über dem Tagespropheten brütend auf seiner Couch sitzen. Sobald ich eintrat schnellte sein Blick hoch zu mir und er sah mich besorgt an.

„Du hast geschrien. Ist alles in Ordnung?" Er wirkte nachdenklich. So als würde ihn etwas beschäftigen.

Kurz nickte ich und setzte mich ihm gegenüber. Ich ahnte, dass er mich nicht ohne ein Gespräch gehen lassen würde.

„Bitte rede mit mir. Ich brauche dich. Ich will nicht, dass du dich so zurückziehst. Vertrau mir bitte. Ich liebe dich", sprach er flehentlich und griff nach meiner Hand.

Um ihn nicht noch mehr zu verletzen, ließ ich es zu. Auch wenn es mir noch so sehr wehtat.

„Ich kann nicht. Ich...", seufzte ich, doch als seine Lippen sanft meine Hand berührten, kniff ich gepeinigt durch meine Erinnerungen die Augen zusammen.

„Severus. Bitte nicht. Ich weiß nicht, ob ich jemals wieder jemanden so vertrauen kann wie früher. Die Zeit dort hat mich verändert."

Er kam auf mich zu, hielt dabei immer noch meine Hand fest und sagte: „Ich werde dir nie etwas antun. Dafür liebe ich dich zu sehr. Du kannst mir vertrauen. Ich habe dir schon so oft gesagt, dass ich für dich da sein werde. Bitte stoß mich nicht von dir fort. Gib uns nicht auf. Mir ist egal wie du aussiehst. Mir ist egal was geschehen ist. Für mich wirst du immer meine tapfere, starke und mutige Hermine sein. Du bist perfekt. Für mich wirst du immer so sein, auch wenn du es nicht siehst. Ich will es dir zeigen. Lass es mich dir zeigen."

Ich schloss die Augen und atmete in flachen Zügen ein und aus. Ich konnte unter meiner Hand seine rauen Finger fühlen, die vom vielen Brauen so schwielig waren und seinen Duft einatmen. Es fühlte sich so vertraut an. So anders als Lorcan.

„Gib mir Zeit. Ich brauche noch etwas Zeit für mich", brach es aus mir heraus. Mehr konnte ich ihm momentan nicht geben. Ich wusste nicht, wie ich es anstellen sollte.

Ein unangenehmes Schweigen trat ein, dass er irgendwann mit einem einzigen „Natürlich" unterbrach.

„Wirst du in den Sommerferien bei mir bleiben?", fragte er und als ich ihn wieder ansah, erblickte ich Hoffnung in seinen schwarzen Augen.

Konnte ich ihn wieder von mir stoßen? Konnte ich ihn verletzten und ihm die Hoffnung nehmen?

„Ich kann es dir nicht sagen. Vielleicht", sagte ich also ausweichend, ohne eine konkrete Antwort zu liefern und entzog ihm meine Hand.

Ich war im Begriff zu gehen, als er mich am Arm festhielt, mich zu sich drehte und einen Kuss auf meine Stirn hauchte.

Er sagte leise: „Ich liebe dich. Du kannst mir vertrauen." Dann ließ er mich gehen und ich hastete panisch davon. Ich wusste, er meinte es nur gut, doch ertrug ich es nicht mehr, wenn er mir so Nahe kam. Dann musste ich unweigerlich wieder an Lorcan denken und das wollte ich nicht.

Schnellen Schrittes ging ich zum Turm zurück, um mich im Schlafsaal umziehen zu können.

Leider lauerte mir im Gemeinschaftsraum Lavender auf, die auch schon sogleich anfing, mich auszuquetschen. „Was war diese ganze Aktion gestern mit Snape beim Ball?"

Sie sah mich schockiert, aber auch sehr interessiert an.

„Nichts. Wir haben uns nur das letzte Jahr etwas angefreundet und er wollte mich aufmuntern", antwortete ich knapp und war nicht bereit, ihr etwas zu erzählen. Es wussten schon zu viele. Auch wenn ich damit erneut Severus verleugnete, konnte ich einfach nicht darüber sprechen.

„Wie du mit ihm getanzt hast und dann hat er dich auch noch in seinen Armen aus den Raum getragen. Nein. Ich glaube dir das nicht", kam es skeptisch von ihr.

„Genau. Das ist doch mehr als Freundschaft. Also los. Spuck es aus. Du und die Fledermaus also?", klinkte sich Parvati mit ins Gespräch ein, die sich zu uns gesellt hatte, genauso wie ein paar andere Schaulustige, die schockiert schienen, dass ich was mit Severus hatte.

„Ich habe doch schon gesagt, dass wir...", wollte ich erneut abstreiten, doch wurde von Lavender unterbrochen.

„Ach. Hör doch auf. Kein Mann würde so zu einer Frau sein, wenn da nicht etwas läuft."

„Da läuft aber nichts", stritt ich es wieder ab und es nervte mich immer mehr, dass sie mich so bedrängten, wo ich doch schon genügend andere Probleme hatte.

Zu meinem Glück kam gerade Harry aus dem Schlafsaal und rettete mich wortwörtlich vor diesen Quälgeistern.

Doch ich hatte mich zu früh gefreut, da er mich auch schon direkt zur Rede stellte und fragte, wieso ich gestern zusammen gebrochen sei.

Doch ich wollte nicht mehr reden. Nicht darüber. Wollte das eigentlich niemand verstehen? Alle spielten sich als Seelendoktor auf, aber machten damit alles nur noch schlimmer.

„Lass mich doch einfach in Ruhe!", sagte ich wütend und rauschte einfach in den Schlafsaal. Dort zog ich mich um und wollte in die Bibliothek, als ich an der Tür halt machen musste, da Ginny dort stand.

Ich schüttelte nur den Kopf, weil ich jetzt nicht auch noch sie als Seelendoktor gebrauchen konnte.

„Ich bin nicht deswegen hier. McGonagall schickt mich. Du sollst zu ihr kommen."

Ich runzelte die Stirn. Was wollte die Schulleiterin von mir? Hatte ich etwas verbrochen? Wollte sie mich rügen, da ich gestern mit Severus getanzt hatte? Auch wenn das ja im Nachhinein in einem vollkommenen Desaster geendet war.

A Changing Kiss 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt