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Als ich es nach mehreren missglückten Versuchen schließlich schaffe, meine Augen zu öffnen, will ich den Vorgang am liebsten wieder rückgängig machen. Selbst wenn das bedeutet, dass die Mühe der gefühlten letzten Stunden dahin ist, aber es ist zu hell. Viel zu hell.

Ich kneife meine Augenlider sofort wieder zusammen, und schirme mit meiner Hand, die ich auf einmal wie den Rest meines Körpers wieder schmerzhaft spüre, sogar gleich noch das ganze Gesicht vor der gleißenden, tief steheneden Abendsonne ab, die direkt durch mein Wohnzimmerfenster scheint. Und während sich alles um mich herum rasant zu drehen scheint, will ich die flauschige Wolldecke fester um mich ziehen und mich auf meinem Sofa herumwälzen, um den Kater auszuschlafen.

Aber je länger ich meinen steifen Muskeln absolut nichts effektiv befehlen kann, fällt mir auf, dass ich verdammt hart und ungemütlich liege. Eigentlich fühlt es sich sogar an, als würde ich bäuchlings auf dem Küchenboden liegen, denn meine stoppelige Wange schmiegt sich unsanft auf die kalten Fliesen.

Ich schaffe es zwar nicht, wirklich verwundert oder schockiert zu sein - dafür sind die Kopfschmerzen eindeutig zu dröhenden - aber doch zwinge ich mich, mich zumindest halbwegs aufzurappeln und mich zu fragen, wieso die Tür zum Wohnzimmer offen steht. Wieso ich die Jalousien nicht runtergelassen habe, wieso es so intensiv nach frischem Kaffee riecht und zu guter Letzt, wieso ich auf dem Küchenboden liege.

Als ich fast sitze, überkommt mich aber eine derartige Welle von Übelkeit und Schwindel, dass ich sofort in meine missliche Position zurücksinke und leidend eine Mischung aus Stöhnen und Wimmern von mir gebe. Hören kann es ja eh niemand, ich habe keine Freundin, keine Katze, nicht einmal einen Goldfisch. Als die erste Welle an mir vorübergeschwappt ist, drehe ich mich mit noch immer zusammengekniffenen Augen auf den Rücken und verfluche lautlos sämtliche Alkoholika auf dieser Welt. Nie nie nie wieder werde ich auch nur einen Tropfen davon anrühren.

Kurz beschäftige ich mich mit der Frage, wieso ich nur noch genau einen Socken inklusive dem Schuh anhabe und wieso ich weder T-Shirt noch Pulli, aber dafür noch Schal und Jeans trage, während meine Brille in greifbarer Nähe direkt unter mir gelegen hat. Zumindest vermute ich das, als ich nach dem schwarzen Rahmen in meinem verschwommenen Blickfeld greife und nur ein knirschendes Geräusch zu hören ist.

Ich beschließe, dass ich nichts davon wissen will, wie das alles geschehen ist. Es zählt nur, dass ich irgendwie ins Badezimmer komme, ehe ich die Überreste des vergangenen Tages auf meinem Küchenboden ausbreite. Bei mir ist aber auch wirklich nichts so wie beim Durchschnitt der Menschheit, denke ich, während ich mich im Türrahmen abstütze und es gerade noch über die Kloschüssel schaffe.

Andere wachen morgens verkatert auf, weil sie abends getrunken haben. Ich leide abends, weil ich schon ein bisschen früher angefangen habe - zum Glück, denn hätte ich die ganze Nacht verpennt, hätte es mich noch mehr aufgeregt. Elendig fühle ich mich, aber ich schaffe es, mich gänzlich zu entkleiden und unter die warme Dusche zu stellen, wo zumindest der harte Kern meiner Lebensgeister wieder ein bisschen zu sich kommt.

Nach dem üblichen Hygieneritual fühle ich mich schon fast wieder wie ein Mensch. Die ganze Wohnung duftet verlockend nach Kaffee und ich wickele mir nur ein kleines Handtuch um die Hüften, bevor ich aus der Dusche steige und in meinem Allibert sogar noch an Ort und Stelle meine Ersatzbrille finde.

Ich setze sie auf, begutachte aus blutunterlaufenen Augen kurz die kleine Platzwunde an meiner Schläfe und verzichte darauf, mich zu rasieren, weil ich schlichtweg keine Lust habe. Kaffee. Ich brauche jetzt einen Kaffee, ein Glas Pepsi light und mindestens zwei frische Brötchen!

Gähnend trete ich zu meinem kleinen Esstisch im vom Abendrot romantisch beleuchteten Wohnzimmer und schenke mir schon fast wieder zufrieden eine Tasse Kaffee ein.

Sing Me To Sleep [✓]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt