Ich überlege nicht lange, wie ich aus dieser Misere wieder herauskomme.
Eigentlich ist Karl nicht das Problem. Und N0PE auch nicht. Das Problem ist DIZZORDER und erst wenn ich diese Sache aus der Welt geschafft habe, kann ich mich wieder meinen eigentlichen Projekten widmen und zurück zu meinen alltäglichen Abläufen kehren. Ich würge kurz noch den Rest des Brötchens hinunter, weil ich eine Stärkung brauche, ehe ich mich an dieses Script setze. Das mache ich im Computerraum, da geht es am schnellsten.
Dass ich die Backdoor nutzen kann, um DIZZORDER mit seinen eigenen Waffen zu schlagen, wäre mir natürlich auch ohne Karl eingefallen, da muss der sich gar nichts drauf einbilden. Es wird Zeit, dass ich handle, statt mich aufzuregen. Ich optimiere Karls nette Versuche und leite alle empfindlichen Stellen auf meinen Vernichtungsserver um. Während ich also benachrichtigt werde, wenn DIZZORDER irgendwelche Schritte einleitet, wird er in diesem fall erst mal selbst in den Fleischwolf kommen, um mir wiederum die Zeit zu verschaffen, in sein System einzudringen.
Eigentlich nicht mehr als ein Kleiner-Jungen-Streich, verglichen mit dem, was ich ansonsten schon geschafft habe.
Nun, da ich meinen Feind kenne, ist es ein Klacks. Ein Kinderspiel, das ich aus dem Ärmel schüttle, nur ein bisschen zeitaufwendig, weil ich alles von Hand eintippen muss. Die Grundzüge sind klar in meinem Kopf fertig, der Rest ist wie immer learning by doing und sollte ich wider Erwarten auf Probleme stoßen, bin ich mir sicher, dass ich sie lösen kann.
Es liegt auf der Hand, wie die Sache ausgehen wird. DIZZORDER wird früher oder später, aus welchen Gründen auch immer, wieder zurückkommen und dann habe ich ihn. Und weil er an mir ja scheinbar nicht interessiert ist laut Karl, habe ich zumindest noch genügend Zeit, um mir zu überlegen, was ich dann mit ihm machen werde. Da kann ich durchaus kreativ werden, wenn es um unerwünschte Parasiten geht!
Ich kremple meine Pulloverärmel nach oben, lasse meine Fingerknöchel knacken und mache mich an die Arbeit. Ich bin gut im Flow und meine Finger holen Karls Geschwindigkeit aus neu gewonnenem Elan fast ein, ich bin gut dabei und wenn alles weiterhin so läuft, bin ich fertig, bevor es draußen hell wird. Karl ist ja ganz niedlich, aber er hat wohl vergessen, dass er eigentlich weiß, mit wem er es zu tun hat.
Dass er mir gefährlich werden könnte, habe ich nicht länger als eine halbe Sekunde geglaubt. Es ist immerhin Karl. Er sitzt seit Ewigkeiten im Rabbit Hole herum, macht nichts außer Energy Drinks zu saufen und am Ende schreibt er ein Buch über sein langweiliges Leben oder irgendwelche Groschenromane, anstatt dass er sich irgendwelchen Codes widmet. Dass er mir helfen konnte, war purer Zufall.
Und wenn er mich an N0PE verpetzt, dann soll er das eben tun. Streitigkeiten mit N0PE wären jetzt vielleicht sogar ganz witzig, immerhin habe ich einen Ruf zu verteidigen! Ich muss grinsen und trinke einen großen Schluck Pepsi light, dann tippe ich weiter und mir fallen währendessen noch so viele kleine Spielereien ein, dass ich sogar richtig stolz auf mich bin.
Vielleicht sollte ich öfters trinken. Anscheinend beflügelt es mich!
Auf einmal wird mein Bildschirm aus dem Nichts heraus wieder schwarz und meine Augen rollen fast bis in meinen Hinterkopf zurück. Aber ehe ich mich überhaupt darüber aufregen kann, dass ich gestört werde, wird in strahlendem Grün eine Nachricht auf meinem Display angezeigt:
INCOMING MESSAGE!
...loading...
ACCESS DENIED. SYSTEM IS SHUTTING DOWN.
Ich schnaufe schwer, weil ich auf den ersten Blick erkenne, dass es ein Video ist, das automatisch abgespielt wird. Genervt klicke ich es weg. Das heißt, ich versuche es. Während ich bemerke, dass ich es auch mit all meinen Tricks nicht von meiner Mattscheibe weg bekomme, fällt mir auch wieder ein, dass ich solche Werbeanzeigen längst mehrfach geblockt habe.
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Sing Me To Sleep [✓]
Science Fiction[ abgeschlossene Geschichte ✓ ] Berlin, 2033. Gar nicht mal so weit entfernt von der heutigen Stadt, einfach nur ein bisschen mehr. Größer. Schneller. Enger. Lauter. Heller. Voller. Hektischer. Mehr. Die virtuelle Welt ist zum Alltag geworden. Such...