15 »Du bist eine Mörderin.«

722 51 2
                                    

★ Kapitel 15
»Du bist eine Mörderin.«

„So hier ist dein Zimmer. Und das da drüben ist meines. Das Badezimmer befindet sich genau zwischen uns. Und nicht erschrecken, die Zimmer sind ein Traum. Alles ist so prunkvoll und hübsch. Dass ich am königlichen Hof übernachten darf, ist einfach nur ein Traum.", schwärmte Candy.
In ihrer Stimme schwang ihre natürliche Fröhlichkeit mit und die tragischen Stunden zuvor schienen in eine Ecke gedrängt zu sein, die man so schnell nicht mehr aufsuchen wollte. Ich wünschte mir für einen kurzen Moment dasselbe tun zu können. Einfach zu vergessen und im Moment zu leben. Aber das Passierte spukte noch immer in meinem Kopf herum. Einzelne Bilder blitzten vor meinen Augen auf und ich fühlte mich ausgelaugt und leer. Es war Zeit etwas zu schlafen. Candy hingegen ergötzte sich an den vielen prunkvollen, teuren Dingen und hatte ein Lächeln im Gesicht. Ich wusste, dass die Ereignisse mit dem maskierten Mann sie etwas bedrückten, aber sie zeigte es nicht. Sie war ein Mensch, der Fröhlichkeit. Ihre ganze Art war es einfach aus allem das Beste zu machen, in allem das Gute zu sehen und immer und überall die Freude nicht zu verlieren.

Schwungvoll stieß sie die Tür zu ihrem Zimmer auf und ich konnte das Mobiliar betrachten. Modern und gemütlich. Etwas zu viel rosa aber für Candy optimal.
"Sieh mal den Kuschelteppich an. Am liebsten würde ich mich darin vergraben.", sagte sie und fuhr mit dem Fuß über den weißen Teppich. Als nächstes flogen ihre Socken im hohen Bogen davon und sie stand barfuß darauf.

"Du bist unglaublich. Ich brauche jetzt ein Bett.", murrte ich.

"Okay. Ruh dich ein wenig aus Anni. Ich werde mir ein heißes Bad mit ätherischen Ölen gönnen. Wer weiß wie lange wir hier noch bleiben dürfen."

Als sie mich noch einmal umsah und meinen Blick bemerkte, kam sie doch noch einmal zurück und nahm mich in eine feste Umarmung. Ich drückte sie zurück und schloss meine Augen.

"Ich glaube Niall ist immer noch in dich verliebt.", flüsterte sie mir ins Ohr. Wie sie jetzt darauf kam, war mir schleierhaft.

"Nein, er hat doch eine Freundin." Eine Freundin, die etwas seltsam war, aber die er mochte.

"Aber er hat dich gerettet wie in all den Filmen. Er ist ein Held." Das hätte bestimmt jeder gute Freund getan. Es musste ja noch lange nichts heißen. Niall mochte große Auftritte und jemanden zu retten, war genau sein Ding. Genauso wie Alkohol und Partys.

"Wir sind nur Freunde.", versicherte ich ihr. Ein komisches Gefühl breitete sich in meiner Magengegend aus. Es war wirklich Zeit ins Bett zu gehen.

"Wie du meinst, Anni. Gute Nacht." Mit diesen Worten verabschiedete sie sich von mir und wir gingen beide in unsere Zimmer um uns auszuruhen.

***
Ich saß auf einer Bank im Park. Die Sonne schien mir ins Gesicht und ich streckte die Füße aus. In meiner Hand zupfte ich auf einem Gänseblümchen herum und sah den Leuten zu die ihrer Arbeit nachgingen.
„Na du. Was machst du da?"
Als ich Nialls Stimme hörte, blickte ich auf und sah wie er gerade aus dem Pferdestall kam. Mit leichtfüßigen Schritten kam er auf mich zu und hatte ein Grinsen im Gesicht. Ich musste ebenfalls sofort lächeln.
„Nichts besonderes. Ein Gänseblümchen zerstückeln."
„Du hast es abgerissen. Jetzt ist es tot.", warf er mir plötzlich an den Kopf.
„Was meinst du?"
„Du hast es getötet. Du bist eine Mörderin." Seine Stimme wurde hart und er sah anklagend auf mich herab. Alles an ihm veränderte sich. Ich sah ihn verwirrt an.

Hinter ihm tauchte wie aus dem Nichts ein maskierter Mann auf und zückte seine Waffe.

"Nein.", hauchte ich. Doch er drückte ab. Einmal, zweimal, dreimal. Alle Schüsse trafen Niall und plötzlich bekam sein T-Shirt rote Flecken. Das Blut breitete sich immer weiter auf seiner Brust aus und Niall ging jauchzend zu Boden. Ich gab einen erstickten Laut von mir und sank zu ihm.
Der Himmel verdunkelte sich und Wolken zogen auf. Die Grüne Landschaft zerlief wie nasse Tinte auf Papier und verwandelte sich in eine Schneelandschaft. Es wurde eisig kalt und mich fror sofort. Ich wollte nach Niall greifen um ihm zu helfen, doch er stieß mich weg. Seine erstickte Stimme drang an mein Ohr: "Mörderin."
Ich spürte wie sich alles in mir zusammen zog. Ich war keine Mörderin. Als ich den Blick auf die Seite schweifen ließ, lag dort ein Mädchen am Boden mit Schusswunden. Es bewegte sich nicht. Der Mann, der auf Niall geschossen hatte, kam näher und schoss ohne zu Zögern auch auf mich...

Shadow Creek 2 (Blutengel)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt