Kapitel 9

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Am nächsten Tag fuhr ich nach Bochum. Ann und ich hatten uns entschieden die Wohnung zu nehmen. Ich fuhr nachhause und wollte Kisten packen, Sachen die ich mit nach Dortmund nehmen wollte. Ich hatte keine Lust meine alten Möbel mitzunehmen. Ich wollte mit der ganzen alten Geschichte nichts mehr zu tun haben. Zuhause angekommen war zum Glück niemand da. Ich setzte mich in mein Zimmer und räumte meine Schränke wieder aus. Noch vor 2 Wochen hatte ich sie erst eingeräumt und jetzt wieder alles raus und in Kisten. Wieso war Leben auch so kompliziert? Ich entschied mich dafür in die Stadt zu gehen und mir erst mal ein Eis zu kaufen und danach shoppen zu gehen. Shopping war einfach die beste Ablenkung. Ich packte schnell noch ein paar Kisten in mein Auto und fuhr dann wieder los. Tolle Familie hatte ich da. Nie war jemand da. „Madi?“ Ich drehte mich um, erkannte aber zunächst niemand. „Madi hey.“ Anna kam auf mich zu. Anna war früher bei mir in der Schule, bevor der Unfall passierte und ich mich so abgekapselt hatte. „Hi“ „Verdammt Madi du siehst gut aus. Wieder so frisch und einfach gut“ „Danke, Lust auf ein Eis? Ich wollte mir grade eins holen.“ „Gerne, aber jetzt erzähl doch mal was machst du so?“ „Ich zieh grade nach Dortmund.“ „Echt jetzt? Bist du nicht erst zu deinem Dad gezogen?“ Was sollte es? Anna war früher eine sehr gute Freundin. „Ja aber mein Zimmer im neuen Haus war offensichtlich schon verplant und sollte nach Amandas Geschmack eingerichtet werden. Amanda ist die Neue von meinem Dad. Zu meiner Mum kann ich auch nicht mehr, sie ist stink sauer und redet nicht mehr mit mir.“ Ich musste schon ordentlich schlucken. Es war nicht leicht darüber zu reden. „Immer noch wegen dem ähm Tod von Ben?“ Ich nickte nur. Ich konnte da jetzt nicht drüber reden. „Anna tut mir leid, ich kann das nicht.“ „Du bist noch wie früher, man wir wollten dir doch nur alle helfen aber du lässt eben keinen an dich ran.“ Jetzt wurde es mir zu blöd. Ich schnappte mir meine Tasche und lief so schnell es geht zum Auto. Als ich im Auto saß heulte ich hemmungslos. Mein Handy klingelte die ganze Zeit, was mich verdammt nervte. Ich schaute auf die Uhr und musste feststellen, dass es schon sieben war. Ich war schon seit heute Morgen weg. Klar also dass Mario anrief, aber im Moment ging es mir auf die Nerven. Ich schaltete mein Handy aus und stand irgendwann auf dem Parkplatz vom Friedhof. Ich lief wie automatisch zu dem Grab meines Bruders. Direkt davor stand eine Bank und ich ließ mich auf ihr nieder. Nun fing ich schon wieder an zu heulen. In mir kam einfach alles hoch. Ich saß einfach ewig auf der Bank. Ich hatte keine Ahnung wie viel Uhr es war, aber es wurde dunkel. Auf einmal legten sich zwei Hände auf meine Schulter. Ich fuhr vor Schreck zusammen. „Ganz ruhig, ich bin’s nur.“ Marcos Stimme beruhigte mich etwas und vor allem sein Geruch. „Was machst du hier? Woher wusstest du das ich hier bin?“ „Mario, er macht sich riesige Sorgen um dich weil dein Handy aus ist. Er meinte du bist hundert pro hier.“ Mittlerweile saß Marco neben mir. „Und du fährt extra nach Bochum deswegen?“ „Mario konnte nicht weil er mit seinem Berater verabredet war.“ „Das war nicht die Frage.“ „Ich würde für dich überall Hinfahren. Besser?“ Was wollte er damit sagen? Hatte Mario Recht? Marco legte einen Arm um mich und zog mich zu sich. Ich lehnte mich an Marcos Schulter und dachte einfach nach. Über alles. Basti, meine Eltern, mein Leben in Dortmund und auch was an der Aussage von Mario dran war. Hatte er vielleicht doch Recht und ich war verliebt? Wir redeten kein Wort, trotzdem tat es gut dass Marco da war, ich wollte im Moment einfach bei keinem anderen sein als bei ihm. Sein Arm um mir, gab mir einfach Sicherheit. Ich war einfach viel zu sehr in Gedanken und merkte nicht dass Marco mir immer näher kam. Bis seine Lippen auf meinen lagen. Der Kuss sorgte erneut für mächtig Gänsehaut bei mir. Er war einfach nur gefühlvoll und in diesem Moment war ich mir sicher das Mario Recht hatte. Allerdings schien Marco nicht der Meinung zu sein. „Scheiße. Madi es tut mir Leid. Das hätte nicht passieren dürfen. Bist du mit dem Auto hier?“ Ich nickte nur. Marco stand auf, gab mir einen Kuss auf die Stirn und verschwand. Was war das denn jetzt bitte??

Ich fuhr noch etwas durch die Gegend und war dann irgendwann wieder vor Marios Haus. Ich hatte ja zum Glück einen Schlüssel, aber trotzdem hatte ich etwas Schiss da jetzt einfach so reinzugehen. Ich schloss die Tür und wollte mich ganz leise ins Gästezimmer schleichen. „Man Madi wo warst du?“ Aus dem dunklen Wohnzimmer kam eine Stimme, ich erschreckte mich zu Tode. „Man Mario willst du dass ich vor Schreck sterbe?“ „Natürlich nicht. Komm mit hoch wir müssen reden.“ Ich folgte Mario in sein Zimmer und legte mich ins Bett. Er saß an der Fuß Seite und schaute mich nur an. „Ok Ok schon gut, es tut mir Leid, dass ich dich nicht angerufen habe aber ich war einfach am Ende.“ „Was ist passiert?“ Ich erzählte ihm alles von gestern nochmal. Das Marco mich geküsst hatte ließ ich weg. Das würde Mario nur wieder bestärken und er würde mich noch mehr nerven. „Aber du stehst auf Marco oder? Jetzt geb’s doch wenigstens zu.“ „Man Mario ich hab keinen Bock mehr auf das Thema, ich geh jetzt schlafen.“ Damit stand ich auf und verließ sein Zimmer. Ich legte mich einfach in mein Bett und schlief ein. Morgens wurde ich relativ früh wach, dafür das ich so spät erst geschlafen hatte. Als ich meine Augen aufschlug saß eine grinsende Ann auf meinem Bett. „Guten Morgen Häschen, gut geschlafen? Weißt du was heute für ein Tag ist?“ Richtig, heute konnten wir in die neue Wohnung. „Morgen, ja und ich freu mich wahnsinnig.“ „Ich mich auch. Aber eine Frage hab ich noch. Werde ich in der neuen Wohnung Marco dann öfter sehen?“ Man ich war so genervt von diesem Thema. „Man wann kapiert ihr das ich steh nicht auf Marco ja?“ Hätte ich gewusst, wer draußen im Flur war, wäre ich nicht so laut gewesen, aber das wusste ich ja zum Glück noch nicht. „Ann wir lassen das Thema jetzt ok? Ich freue mich wahnsinnig auf die neue Wohnung und ich will mir das jetzt auch nicht verderben lassen. Ich geh jetzt schnell ins Bad und dann können wir los.“ Ich schnappte mir Klamotten und verließ mein Zimmer um ins Bad zu verschwinden. „Man Mario du hast es doch grade gehört, sie will nichts von mir.“ War das Marcos Stimme von unten? Kurze Stille. „Alter du glaubst auch jeden Scheiß. Das sagt sie doch nur, keine Ahnung warum.“ „Nein, ich mein ich hab’s selber verbockt. Ich hab sie geküsst und bin abgehauen. Aber ich dachte einfach der Moment ist voll scheiße. Sie sitzt am Grab ihres Bruders und ich Idiot küsse sie.“ „Hey ganz ehrlich glaub mir, bleib dran. Sie mag dich mehr als sie zugibt.“ „Ich hab aber keine Lust mehr, egal was ich mache ich glaub sie will es nicht verstehen. Was soll ich ihr denn bitte noch sagen? Hey hör mal zu, ich hab mich wahnsinnig in dich verliebt und …“ Ich konnte nicht mehr ich musste einfach nur loshusten. Ich hatte mich bei diesem Satz einfach verschluckt. Das war zu viel. Keine Sekunde später stand Mario neben mir und klopfte mir auf die Schulter. Auch Marco kam langsam hoch. Er sagte kein Wort, sondern schaute mich nur an. In seinem Blick eindeutig die Frage ob ich alles gehört hatte. Ich nickte nur und verschwand ins Bad und schloss die Türe ab. Mario klopfte noch, aber um sie zu öffnen, musste eindeutig Marco verschwinden. Keine Ahnung was jetzt mein Problem war, aber ich hatte schon so oft geleugnet das ich in ihn verliebt war und sogar Marco selbst glaubte es, da konnte ich ja jetzt nicht die Tür aufschließen und sagen hey Marco ich bin auch verliebt. Moment. Ich war verliebt ja. „Madi mach jetzt die Scheiß Türe auf, wie alt bist du denn?“ „Tut mir leid. Ich mach die Türe erst auf wenn Marco weg ist.“ „Man bist du eigentlich bescheuert?“ Ich legte mich an die Tür um vielleicht noch eine Antwort von Marco zu hören. Sie war leise aber er meinte, er hätte es doch gesagt. Zu gern würde ich ihn jetzt einfach drücken. „Mach jetzt auf.“ Ich drehte den Schlüssel und setzte mich wieder vor die Badewanne und legte die Kopf auf die Knie. „Er ist weg.“ Ich sagte kein Wort. „Warum?“ Ich hob den Kopf und schaute Ann fragend an, die ihren Kopf ins Bad steckte. „Keine Ahnung, ich hab so oft gesagt ich will nichts von ihm, dann kann ich ihm jetzt doch nicht um den Hals fallen?“ Mario und Ann fiel fast gleichzeitig die Kinnlade runter und Mario verpasste mir noch einen leichten Schlag auf den Hinterkopf. „Der hätte eigentlich stärker sein sollen. Hörst du dir überhaupt selber zu?“

Nochmal auf AnfangWo Geschichten leben. Entdecke jetzt