Kapitel 1, Teil 1

8.5K 145 12
                                    






In Lavinias Schlafzimmer

Er wird wütend sein.
Furchtbar wütend.
Ich ließ mich auf mein Bett plumpsen um mein Kleid vor Knitterfalten zu schützen.
Denn unordentlich aussehen fehlte mir noch. Mit geschlossenen Augen dachte ich erneut an diesen Tag, an mein Verschwinden. Bereits als ich im Zug saß, ahnte ich, dass ich Ärger bekommen würde. Doch traf es mich stärker als erwartet. Nachdenklich fuhr ich die Deltoide auf der Bettdecke mit dem Finger nach. Mir fiel nichts ein, womit ich mich verteidigen könnte.

Ophelia ließ die Tür hörbar ins Schloss fallen und das holte mich aus meinen Träumereien zurück. Sie war wirklich zornig. „Eine simple Nachricht: Ich fahre heute kurzfristig weg, wäre angebracht gewesen! Du kannst nicht einfach außer Haus laufen und erwarten, dass niemand etwas unternimmt" Ich zuckte zusammen und richtete mich vorsichtig auf. Ich verstand ihre Sorgen in gewissen Punkten, doch war ich schon sechszehn und sollte berechtigt sein, eigene Entscheidungen zu treffen. „Lavinia, ich spreche mit dir", erinnerte sie mich. „Ich habe keine Notiz hinterlassen, weil ich wusste, dass du alles daran setzen wirst, mich zurückzuholen", verteidigte ich mich. Meine Freundin schloss für einige Sekunden die Augen, setzte sich dann aber auf den Sessel der Frisierkommode. Das konnte nur ein längeres Gespräch bedeuten.

„Wo warst du überhaupt?" – „Bei Dorian" Ophelia seufzte und ich redete einfach weiter, bevor sie erneut zu schimpfen begann, „Er schrieb mir erst heute Morgen und du weißt, wie gerne ich ihn sehe. Sei mir nicht böse. In Zukunft erzähle ich es dir gewiss" Sie zuckte mit den Schultern. Im Moment löste mein Versprechen keines unserer Probleme. „Papa hat es herausgefunden", das reichte schon um die Tragweite unserer Schwierigkeiten zu verstehen. Mein Onkel war keinesfalls für seine Geduld mit mir bekannt. „Du weißt, dass ich für dich bürge. Du hast mir versprochen, Dummheiten zu unterlassen" Ich lächelte gequält und hob hilflos die Hände. Wenn es um die Liebe ging, war Vernunft ein Fremdwort und das wusste sie nur zu Gut.

Sie stand auf und schritt Richtung Tür. „London ist gefährlich. Du hast keinerlei Orientierungspunkte in dieser Stadt und niemanden, den du um Hilfe bitten könntest! Verstehe unsere Ansicht!" Ich nickte und erhob mich ebenfalls. „Wir haben alles genau ausgemacht und Dorians Familie ist wohlhabend. Ich war in seinem Stadthaus" Ophelia lächelte gequält und fragte freundlich: „Wie sieht es dort aus?" – „Die Wände in seinem Arbeitszimmer sind auch grün – rot, nur das ich mit Kreisen verziert sind, nicht mit Deltoiden wir hier. Außerdem ist über den Boden ein riesiger roter Teppich gelegt worden. Es wirkt orientalisch, aber mit Teppichen kenne ich mich nicht aus. Außerdem hatte er mir ein Kleid schneidern lassen!", Ich drehte mich in meinem neuen, roten Gewand und sie verzog ihren Mund zu einem Lächeln, sie wollte mir die Freude nicht verderben, doch ich war doch nicht blind. Dieser Gesichtsausdruck zeigte mir deutlich, dass all das meinen Fehltritt nicht änderte.

„Wie findest du mich? Ich dachte, ein wenig Eleganz würde Sean gefallen", wechselte Ophelia das Thema und strich nervös über ihre hellbraunen geglätteten Haare, während sie sich skeptisch im Spiegel ansah. Sie trug ein blaues Kleid mit tiefem Rückenausschnitt, dass ihre schmale Taille betonte. Hoffentlich lenkte ihr Aufzug Sean ab, sodass er sich nicht weiter zu meinem spontanen Ausflug äußerte. Ich wusste nicht, vor wem ich mehr Angst hatte. Lord Hawkins oder Sean.

Doch genauso schnell wie sie ihre Schimpftriade beendet hatte, begann sie wieder mit ihren Vorwürfen. Sie konnte es einfach nicht lassen. „Außerdem wird im Haus bereits geredet, Ariana fragte schon, ob du wieder da seist und sie erzählte von einem ziemlichen Gelächter im Dienstbotentrakt!" Ich zog einen Schmollmund, warum mussten sich diese Leute immer in fremde Angelegenheiten mischen. Nichts davon ging sie etwas an. „Ariana hat dir schon immer den Klatsch ein wenig übertrieben dargebracht. Sie funktioniert ja eher als Spionin für dich, als Kammermädchen!", beschwichtigte ich sie, obwohl ich keine Zweifel daran hatte, das im unteren Stockwerk über mich Getratscht wird. Ophelia öffnete lachend die Tür. Wenigsten sie hatte ich ein wenig besänftigt.

Lady Lavinia - das Mädchen unter VielenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt