Mein Blick huschte zwischen dem Kaiser und dem Brief hin und her. Das konnte doch nicht wahr sein ... Mir fehlten die Worte. »Ich dachte, Paget hätte sich den diplomatischen Dingen angenommen, Majestät?« wandte ich ein und der Kaiser verzog kurz seinen Mund. So, als wollte er nicht wahrhaben, dass sein Bruder versagt hat. »Anscheinend pflegte Paget nur regelmäßigen Kontakt zu einer Familie« erwiderte er und ich sah alarmiert auf. Das klang nicht gut. Vor allem, da Bonnebelle schon längere Zeit zurück war. Frustriert blies ich Luft aus. Ich wollte nicht jedes Mal darüber nachdenken müssen, ob Paget mich betrog, wenn ich hörte, dass er sich wo niedergelassen hatte. »Aber es könnte auch bedeuten, das Paget erfolgreich war, wenn Mama das Gespräch mit uns sucht« - »Tante Somalie könnte nie ohne die Erlaubnis ihres Mannes, dem Thronräuber, mit dir in Kontakt treten. Ich halte es für unwahrscheinlich, das Paget etwas Verbindliches erreicht hat. Aber es mag genügen, um Kenneth nervös zu machen« Mathew deutete einem der Wachposten und schickte ihn um eine Flasche Konjac. Ich suchte noch immer nach den richtigen Worten. Es konnte doch nicht sein, dass meine Mama nach all den Jahren doch noch Kontakt zu mir aufnehmen will. Wir kannten einander nicht.
»Bin ich meiner Mutter ähnlich, Majestät?« wollte ich schließlich wissen und Mathew lachte fröhlich auf. »Ähnlicher, als Paget und mir lieb ist. Somalia war genauso zart wie Ihr und Ihr habt etwas von ihrem Starrsinn« neckte er und ich schnappte empört nach Luft. »Eure Mama war eine selten willensstarke Frau. Leider hatte sie ihre Kraft dazu genutzt uns zu verraten, anstelle uns zu helfen« Einen Moment lang verfielen wir in Schweigen. Ob Mama sich gegenüber mir rechtfertigen würde? Vorausgesetzt, ich reise nach Malheur, dass noch lange nicht sicher war. Selbst wenn ich es täte, müsste Mama noch einige Monate warten, da ich unmöglich vor der Geburt verreisen konnte. Außerdem war das nicht meine alleinige Entscheidung. Mathew musste entscheiden, ob er mir diplomatische Gespräche mit seinem Erzfeind anvertrauen möchte.
***
Noch immer ganz in Gedanken versunken, reichte ich Grace einige Christbaumkugeln. Ich fuhr mit den Fingerspitzen über den rauen Glitzer, der die Kugeln schmückte und schmunzelte, als ich sah, wie Grace die Hausmädchen in Trab hielt. Gerade hatte sie eine Kugel fallen lassen, die in tausend Scherben zersprang. Einen Moment lang hat es so ausgesehen, als wäre Grace traurig, bis sie mit leuchtenden Augen die Baumspitze betrachtet, auf die ein Diener gerade mit der Leiter eine Spitze steckte. »Jetzt ist er perfekt« flüsterte sie und läuft zurück zu mir. Ich ging auf die Knie und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. »Das hast du großartig gemacht, Prinzessin«
Sie strahlte mich noch einmal an, bevor sie alle Dienstboten zusammentrommelt. Sie sprang mehr durch die Halle, als sie wirklich ging und dabei erweichte sich selbst Mathews Blick. Ich winkte ihn zu mir und drückte ihm auch einen Kuss auf die Wange. »Ihr vermisst ihn auch, nicht wahr?« flüsterte ich und Mathews Kopf ruckte zu mir herum. Er schloss für einen Moment die Augen, bevor er langsam nickte. »Ich hasse ihn dafür« murmelte ich weiter und Mathew rang sich ein Lächeln ab. Es tat unerwartet gut es auszusprechen und vor allem im Glauben bestätigt zu werden, er hätte mich im Stich gelassen.
Grace stürmte gemeinsam mit den Dienstboten wieder in die Halle und alle riefen aufgeregt durcheinander. »Verzeiht Majestäten« der Butler verbeugte sich und seine Augen hatte bereits diese Funkeln. »Die Prinzessin behauptet, wir bekämen den restlichen Tag frei« - »Die Prinzessin hat Recht« Der Kopf des Butlers ruckte zu Mathew herum und er verneigte sich tief. Er war augenscheinlich nicht gewöhnt, mit dem Kaiser zu sprechen. »Das ist unser Weihnachtsgeschenk an Euch« setzte ich hinterher.
***
»Ihr strahlt ja« Solei drückte mir einen Kuss auf beide Wangen und ich lachte leise auf. Vorsichtig strich ich über meinen kugelrunden Bauch. »Wir haben schließlich auch gemeinsam mit unseren Personal gegessen« berichtete ich und schnappte Grace an der Hand, bevor sie mir erneut entwischen konnte. Immerhin wollten wir zusammenhelfen. »Es freut mich, dass es Euch besser geht« antwortete sie und ich lächelte stumm in mich hinein. Ich werde endlich die Gelegenheit haben, meine Mutter kennenzulernen. Wenn das kein Weihnachtsgeschenk war, wusste ich es auch nicht. Solei reichte uns Schürzen und Gräfin Yorker und ich banden sie uns gegenseitig um. Sie war die Einzige, die ausgeschlagen hat über Weihnachten zu ihrer Familie zu fahren.
Ich positionierte mich hinter dem Suppentopf und begann die Teller mit dem zähflüssigen Eintopf zu füllen. Anfangs blickten die Männer zögerlich durch die Tür, schafften sich einen Überblick über die Lage, bevor sie ihre Familie hereinwinkten. Wir brauchten beinahe drei Stunden, bis jeder einen vollen Magen hatte. Grace hatten wir bald zum Spielen mit den anderen Kindern hinausgeschickt. Sie war viel zu quengelig. Erschöpft tupfte ich mir den Schweiß von der Stirn und sah dem mampfenden Gesinde zu. Solei lachte mich an und auch mir viel ein Stern vom Herzen.
»Majestät« Prinz Étienne verbeugte sich und ich streckte ihm lächelnd meine Hand entgegen. Mein gegenüber sah nur halb so glücklich aus. »Ich habe schlechte Neuigkeiten, Majestät« - »Kann das nicht bis morgen warten, Hoheit?« - »Es geht um Euren Mann«
Solei legte mir sofort ihre Hand auf meine Schulter und diktierte mich durch einige Treppenaufgänge in den Salon von gestern Abend zurück. Auch wenn ich Paget in den letzten Tagen oft verflucht hatte, wollte ich ihm nicht Böses. Eigentlich wollte ich genau das Gegenteil.
»Er ist heute nach England abgereist«
Paget war nachhause gefahren? Sofort stiegen mir Tränen in die Augen und ich wandte mich zum Fenster um. Der Schnee tobte fröhlich in kleinen Wirbeln durch die Landschaft. Wie konnte er mich hierlassen, wenn er nachhause fuhr? Ich schloss meine Augen und spürte, wie die ersten Tränen über meine Wangen liefen. Es waren nur mehr wenige Wochen bis zu meiner Niederkunft. Insgeheim hatte ich gehofft, dass er bei mir sein wollte. Um seine Erben zu sehen.
Ich griff mir an den Bauch, als ich einen Stich verspürte. Stöhnte auf, als sich plötzlich alles in mir zusammenzog. »Majestät« Solei klammerte sich an meine Schultern und ich schluchzte erneut auf. Irgendetwas stimmte da nicht. Ich griff an meinen Bauch, als ich spürte, dass mein Fruchtwasser an meinen Beinen hinunter rann.
»Majestät, bitte. Was passiert?«
»Ich bekomme meine Kinder«
Ich wünsche euch allen ein wunderschönes Weihnachten. Ich freue mich über jedes Kommentar und jedes Sternchen! (inklusive Lob und Kritik)
Habt einen schönen Abend <3
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Lady Lavinia - das Mädchen unter Vielen
Ficción histórica»Ich habe dir erzählt, ich arbeite für die Krone« begann er schließlich und ich nickte. Vielleicht war es eine Kleinigkeit. Meine Schultern entspannten sich ein bisschen. »Ich habe nicht von der englischen Krone gesprochen. Oder überhaupt einem Kön...