Grace sah mir fasziniert dabei zu, wie ich kleine Blumen auf die Tagesdecke auf meinem Schoß stickte. Alle Bildung war mir wieder verloren gegangen. Wie vor einem Jahr saß ich vor einem Fenster um das bestmögliche Licht für meine Handarbeiten zu bekommen. Nur der Enthusiasmus dafür ist mir auf dem Weg verloren gegangen.
»Warum seit Ihr nicht meine Mama?« fragte Grace plötzlich. Erschrocken hielt in meiner Bewegung inne und legte meine Nadel langsam weg. Ich hoffte nicht, dass Grace jetzt über die Zeugung von Kindern sprechen wollte. »Meine Erzieherin sagt ständig sie sei für meine Erziehung verantwortlich und nicht Ihr. Weil Ihr eben nicht meine Mama seid!« empörte sie sich. Für einen Moment schloss ich die Augen.
»Ich bin deine Mama. Auch wenn du nicht aus meinem Bauch gekommen bist« bestimmte ich und Grace riss ihre Augen auf. Vorsichtig legte sie ihre Hand auf meine Bauchdecke und spürte prüfend, ob sich da schon etwas bewegte. Seit dem ihr Gräfin Yorker davon erzählt hatte, dass sich die Zwillinge bald bewegen würden, freute sie sich wie verrückt auf die Tritte in meinem Bauch.
»Tut sich schon etwas Grace?« fragte Gwen enthusiastisch. Hinter ihr kam eine schnatternde Schar Hofdamen herein, die alle vor mir knicksten. Meine Macht schien anscheinend nur für mich erloschen zu sein. »Können wir uns einen Moment alleine unterhalten?« fragte Gwen ernst und ich nickte verdutzt. Hoffentlich war nichts Schlimmes geschehen. Ich gab meinen Hofdamen einen Wink, die sich widerwillig in einen der Salons zurückzogen. Als wäre ich bei Gwen nicht sicher.
»Ihr lasst Euren Kopf viel zu tief hängen. Männer brauchen das gelegentlich« Gwen lächelte mich traurig an und ich zuckte mit den Schultern. Ob sie weiß, dass es Paget völlig zuwider war in den Krieg zu ziehen? Wahrscheinlich nicht.
»Ich wünschte, er hätte mich nicht vom Hof fortgeschickt«
»Möchtet Ihr ihm bei seiner Tändelei zusehen?«
»Gwen, wovon sprecht Ihr?«
»Von Madame Bonebelle. Wovon sprecht Ihr?«
Ich schloss meine Hand zu einer Faust und presste sie gegen meine Stirn. Gwen legte ihre Hand auf meine Schulter.
Fünf Monate nach meinem Ehegelübde war ich eine betrogene Frau.
Gwen drückte mir einen Kuss auf die Wange, bevor sie mich auf den Tisch manövrierte und meine Hofdamen befahl den Lunch zu servieren.
»Bitte verzeiht, Lavinia. Ich habe angenommen, Eure Hofdamen hätten Euch unterrichtet«
»Sie wissen davon?«
»Paget ist leider nicht besonders diskret«
»Wie mir dieser schnatternde Haufen zuwider ist«
Gwen lachte auf und schüttelte den Kopf über mich. Sie hatte leicht Lachen. Ihr Mann trieb sich auch nicht in den Betten fremder Frauen herum. Bei dem Gedanken schnürte es mir die Kehle zu. Ich törichtes Ding habe nie darüber nachgedacht, dass Paget sich eine Geliebte nehmen könnte, wo ich jetzt schwanger war.
»Schickt sie fort«
»Bitte?«
»Schickt die Hofdamen, die ihr nicht wollt, zurück an den Hof«
»Das darf ich?«
Gwen lachte erneut auf und Griff nach meiner Hand. Gerade jetzt kam Grace herein. »Ihr seid die Erzherzogin, Mutter der Kronprinzen. Solange es Euch Mathew nicht selbst verbietet, hat Euch niemand etwas zu sagen« Ich sah sie überrascht an, doch sie plauderte ganz unbeschwert weiter. Mit Sicherheit wollte Paget nicht, dass ich das erfuhr. Immerhin hatte ich bis jetzt genau das getan, dass er von mir wollte. Wir werden sehen wie er damit umgeht, wenn es plötzlich anders wird.
»Ich möchte mit Euch über Graces Erzieherin sprechen« sagte ich vorsichtig und Gwen lächelte mich schelmisch an. Als wüsste sie, dass ich noch unsicher war, ob ich in Paget Erziehung eingreifen sollte, bevor ich von seinem Seitenspruch erfahren hatte. Aber schlecht fühlen konnte ich mich noch immer, wenn mich Paget zur Rede stellte. So wie ich ihn kannte, wird es das aber nicht tun.
»Madame Bonnebelle ist keine besonders geistreiche Person, Lavinia«
»Ich möchte, dass eine Engländerin sich um Grace kümmert«
»Ganz wie Majestät wünschen«
Ihre Augen funkelte dabei wie Sterne in einer finsteren Nacht. Ich mochte versetzt worden sein, aber ich war noch weit davon entfernt aufzugeben.
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Lady Lavinia - das Mädchen unter Vielen
Ficción histórica»Ich habe dir erzählt, ich arbeite für die Krone« begann er schließlich und ich nickte. Vielleicht war es eine Kleinigkeit. Meine Schultern entspannten sich ein bisschen. »Ich habe nicht von der englischen Krone gesprochen. Oder überhaupt einem Kön...