7. Kapitel

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"Denken Sie er hat die Seiten gewechselt?", fragte ich neugierig. Ray sah mich daraufhin entgeistert an: "Dryadogen wechseln nicht die Seiten! Himmel, Mädchen du weißt aber auch nichts über diese Wesen oder?!" Ehm nein, ich wusste tatsächlich nicht viel. "Ich habe versucht sie so gut wie möglich da rauszuhalten", verteidigte meine Oma mich netterweise, obwohl es eher so klang, als wäre sie sauer, dass er das überhaupt erwähnte. "Wenn sie angegriffen wird oder wenn sie einem begegnet, was wie ich hörte schon geschehen ist und sie nur durch Zufall überlebt hat, wäre das glatter Selbstmord und das weißt du ganz genau!" Seine Stimme war nun nicht mehr ganz so ruhig und angenehm wie am Anfang. "Sie hat schon genug um die Ohren!" Ähh hallo...ich war auch noch da, man konnte mit mir reden! "Wieso sollte sie nochmal einem begegnen?", protestierte sie und sprach nun ebenfalls lauter. "Ich weiß du willst sie nur schützen, aber das ist nicht der richtige Weg!" "Um die richtige Ausbildung zu erlangen muss sie auch außerhalb des Schulgeländes üben und da ist die Chance für einen Angriff sehr hoch!" Ich hatte nicht gewusst, dass jemand so laut und bestimmend reden kann ohne zu schreien. In Rays Augen lag eine Art Erkennen und er fuhr seine Stimme wieder etwas runter: "Alice es gibt keine andere Möglichkeit. Mir ist bewusst wie riskant es ist, auch wenn ich dich angesichts dessen was damals passiert ist, sehr gut verstehen kann." Was war damals passiert? Doch ich traute mich nicht das eben eingetretene Schweigen zu durchbrechen. Niemand sagte ein Wort oder bewegte sich, bis Ray als erstes die Sprache wiederfand und leise sagte: "Tut mir leid, ich hätte keine alten Wunden aufreißen sollen." Alice Devone schüttelte langsam den Kopf, schwieg aber. Es war wohl zu viel verlangt, dass mich jemand über die Situation aufklärte, wie ich traurigerweise feststellen musste. "Du hast ja Recht. Ich will sie einfach nur nicht verlieren", flüsterte sie nun so, dass ich sie kaum verstand, wäre da nicht der augeprägte Hörsinn der Vampire gewesen. "Ich will mich ja jetzt nicht einmischen, aber wenn es eine Möglichkeit gibt heil aus der ganzen Sache rauszukommen, würde ich diese gern nutzen", merkte ich an. Mir reichte es nämlich langsam! Erst wurde hier über mich geredet und so getan als würde ich nicht direkt daneben sitzen und dann nahm das Gespräch auch noch eine Wandlung an, bei der ich anscheinend die Einzige war, die keine Ahnung hatte worum es ging. Oma sah mich erstaunt an, als würde ihr wirklich erst jetzt auffallen, dass ich anwesend war. "Wenn du es unbedingt willst", gab sie sich geschlagen und massierte mit zwei Fingern ihre Schläfe. Jetzt, da ich endlich wahrgenommen wurde, setzte ich mich aufrechter hin und schlug ein Bein über das andere. "Dann wäre das vorübergehend geklärt. Um zum eigentlichen Thema zurückzukommen: die Dryadogen sind nicht blöd, Feyler könnte sehr gut im Alleingang handeln und später dafür den Ruhm ernten", setzte der ältere Mann seinen Bericht fort. "Er darf auf keinen Fall aufs Schulgelände gelangen, dafür müsst ihr sorgen! Bitte versprich mir das, du weißt genauso gut wie ich zu was er fähig ist", flehte er schon fast. "Wenn er es wagen sollte, wird er früher seinen Tod gefunden haben als er zwinkern kann!" "Das wollte ich hören." Was hatte das verschlagene Grinsen schon wieder in seinem Gesicht verloren?
Das fragte sich meine Oma offensichtlich auch, denn sie runzelte die Stirn bevor Ray weitersprach: "Des Weiteren ist die Stimmung bei den Dryadogen momentan noch einigermaßen entspannt doch ich bin überzeugt, das wird sich bald ändern. Sie sind sehr gefährliche Wesen, hinterhältig und grausam. Sie kennen keine Gnade und kämpfen gegen alle, die ihnen über den Weg laufen. Sie ernähren sich von normalem Essen, brauchen also keine Algen oder so was und verwandeln sich erst im Wasser zu grauenvollen Kreaturen, jedoch können sie ihre Kräfte auch an Land nutzen." Die letzten Sätze waren wohl an mich gerichtet, weswegen ich vorsichtshalber mal nickte. "Wie geht's dir so? Kommst du klar?", fragte Oma Ray nach einer kurzen Stille mit ernster Miene. "Jaja, ich habe schon schlimmeres überlebt", erwiderte er grinsend. "Das weiß ich, ich meine es ernst." "Du brauchst dir keine Sorgen um mich zu machen Alice, es geht mir gut." Sie sah ihn lange an, wahrscheinlich um zu überprüfen, ob er sie nicht nur abschüttelte. "Wir sollten langsam aufbrechen, um vor Einbruch der Dunkelheit zurück zu sein", meinte sie danach. Es dämmerte bereits, als wir aus der Hütte traten. "Pass auf dich auf", meinte Ray, als er mit seinen Fingern über Omas Hände strich. "Du auch." Die Wächter gingen voraus zum Wagen und wir folgten ihnen. "Was habt ihr eigentlich wegen Sally unternommen?", fragte ich Oma, als wir später im Auto saßen und den Feldweg entlang sausten. "Nun, wir sind jeder Spur nachgegangen, aber es war aussichtslos. Ich weiß leider noch nicht wer dafür verantwortlich ist, aber ich werde ihn finden!"

Als ich am Abend zum Essen in den Speisesaal ging, kam mir Jake entgegen und fragte: "Wo warst du? Ich habe dich gesucht." Ich blieb überrascht stehen. ER hatte MICH gesucht? "Hast du mitbekommen was heute morgen los war?", fragte ich in der Hoffnung, dass es inzwischen nicht die komplette Schule erfahren hatte. "Natürlich. Rosalie hat es sofort jedem gesteckt, nachdem ihr weg wart", raubte er mir mein letztes Fünkchen Hoffnung. Ich stöhnte innerlich, bestimmt schaute mich jetzt jeder komisch an. Ich sollte Recht behalten, denn als ich die Tür öffnete, ertönte sofort ein lautes Gemurmel und alle Blicke richteten sich auf mich. Ich zuckte unter ihren Blicken zusammen und lief mit gesenktem Kopf eilig zu Liz und Alex hinüber, wo ich mich peinlich berührt niederließ. "Diese blöde Kuh! Sie hat ernsthaft überall herum erzählt was für ein Monster du bist und dass du sie beinahe getötet hättest und dabei ist sie doch nur sauer weil sie zu schwach war um sich zu wehren, da sie sich ja ach so stark fühlt!", regte sich Alex auf, sobald ich mich hingesetzt hatte. "Ich habe versucht mich für dich einzusetzten, aber es hat nichts gebracht. Rosalie ist dann doch so beliebt, dass ihr jeder glaubt", mischte sich nun auch Liz ein. Leider half mir das auch nichts. "Leute, das ist lieb von euch, aber ich habe mir das auch irgendwo selbst zuzuschreiben, das hätte niemals passieren dürfen." Liz schüttelte bestimmt den Kopf: "Du darfst dir jetzt auf keinen Fall einreden, dass es deine Schuld ist! Ich habe einfach nur nicht nachgedacht und fälschlicherweise angenommen ich könne dich aufhalten, wo du doch die Auserwählte bist." Ich versuchte mir ernsthaft keine Vorwürfe zu machen, aber da die Stimmung im Saal alles andere als Selbstverständlichkeit ausdrückte, war das nicht so leicht.

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