22. Kapitel

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“Ich darf euch jetzt die freudige Botschaft mitteilen, dass eure Schulleiterin Lady Devone zur neuen Kanzlerin und damit zu Starrs Nachfolgerin ernannt wurde. Sie wird die nächsten Wochen abwesend sein, weshalb ich, als stellvertretende Schulleiterin, solange hier sein werde und aufpassen werde, dass alles mit rechten Dingen zugeht!“ Am Eingang des Speisesaals stand eine kleine, zierliche Frau mit kurzen, schwarzen Haaren, die ihren Blick streng durch die Runde wandern ließ. Wow, ich hatte das ganze Kanzler-Thema schon wieder völlig vergessen und hatte ehrlich gesagt auch nicht viel darüber nachgedacht, aber nun spürte ich doch ein kleines bisschen Stolz auf Lady Devone. Jonah hatte mir gesagt, dass der Kanzler sowas wie der oberste Chef der Vampire war und deshalb ziemlich viel Macht besaß. Ich war gespannt, ob ich diese Macht von meiner Oma ausgehend spüren würde, wenn sie wiederkam.
“Wer ist das?“, fragte ich meine beiden Freundinnen leise, denn ich hatte die Frau noch nie zuvor gesehen.
“Akila Maleski. Ist schon hier an der Schule seit ich denken kann“, flüsterte Alex zurück.
“Warum hab ich die nie gesehen?“
“Die sieht niemand, wenn sie es nicht will. Sie wird deswegen auch oft als Panther bezeichnet. Es heißt, sie soll grausamer sein, als so mancher Dryadoge selbst, doch Kanzler Starr hat sie immer im Zaum gehalten.“
Wieso wurde so jemand dann an der Academy angestellt? Aus dem Augenwinkel meinte ich zu sehen, wie Mum ihr einen missbilligenden Blick von der Seite zuwarf.
“Warum bist du heute eigentlich zu spät zum Unterricht gekommen?“, fragte mich Liz, nachdem die Frau wieder durch die Tür verschwunden war und die erdrückende Stimmung langsam abklang.
“Hab verschlafen“, murmelte ich hastig.
“Hast du die Nacht durchgemacht oder was?“
Ich wurde rot. Wenn ich daran zurückdachte, was Cole und ich letzte Nacht getrieben hatten...
Auch wenn ich mich immer noch nicht davon erholt hatte, dass ich nur knapp dem Tod entronnen war. Mum wie es schien wohl auch nicht, denn sie behandelte mich seitdem wie eine zerbrechliche Puppe. Ich konnte nicht einmal das Gebäude verlassen, ohne dass sie ganz genau wissen wollte, was ich vorhatte. Gerade als ich aufstehen wollte, zog ich mich am Tisch hoch und fasste dabei in etwas Weiches, Nasses das unter dem Tisch klebte. Ich hatte gerade wirklich in einen Kaugummi gefasst. Igitt! Ich sah hoch und erkannt, wie Rosalie lachend an mir vorbeistolzierte. Wie Kindergarten-mäßig war das denn bitte?! Ich verdrehte genervt die Augen und machte mich auf den Weg zum Klassenraum. 

In meiner Eile, da ich sicher zu spät zum Training kommen würde, rannte ich in jemanden hinein.
Schuld daran war mein langes Telefonat mit Jonah, die mir freudestrahlend berichtet hatte, dass unsere Academy einen Rücktausch veranstalten würde, bei dem ich nach Transsilvanien ging und Jonah besuchen konnte. Vor lauter Vorfreude und meiner deutlichen Verspätung war ich den Flur quasi entlang geflogen.
Ohne meinen Blick aufzurichten, wusste ich sofort, dass es Jake war.
“Hey, dich habe ich auch schon länger nicht mehr gesehen.“
“Ja, ich war beschäftigt.“ Und zwar mit Sterben!
Ich dachte eigentlich, dass das kein Geheimnis gewesen war und so gut wie jeder davon Wind bekommen hatte, doch anscheinend hatte ich mich getäuscht.
“Ich wollte fragen, ob du vielleicht Lust hast, heute Abend mit mir in die Stadt zu gehen, wir könnten einen Film schauen oder so?“
Ich zögerte lange bevor ich mit der Wahrheit rausrückte: “Das ist echt lieb von dir Jake, aber ich glaube, ich habe gemerkt, dass das mit uns Beiden nicht funktioniert...“
“Was, warum?“ Er sah mich verständnislos an.
“Ich empfinde nur Freundschaft für dich.“
“Das fällt dir ja früh auf!“
“Ich weiß und es tut mir leid. Es gab eine Zeit, in der ich an uns geglaubt habe, aber die ist vorbei.“ Das entsprach nicht so ganz der Wahrheit, natürlich empfand ich noch etwas für ihn, doch da war Cole...
“Hat dir der Kuss denn gar nichts bedeutet!?“, schrie er nun schon fast, sodass ich zusammenzuckte.
“Jake...doch, aber...“
“Wie konnte ich auch nur jemals denken, das könnte was werden mit uns?“
“Es tut mir leid“, meinte ich niedergeschlagen. Ich hatte ihn wirklich nicht anlügen wollen, aber anscheinend gefiel ihm die Wahrheit noch weniger.
Dabei würde ich ihn ganz bestimmt nur verletzen, wenn wir einfach da weitermachen wo wir aufgehört hatten.
“Ach hör auf!“ Mit schnellen Schritten ging er in die Richtung, aus der er gekommen war und ich brauchte einen Moment um mich zu sammeln, bevor ich zum Wagen hastete. Jetzt kam ich ganz bestimmt zu spät!
Sobald der bereitstehende Wagen in mein Blickfeld gelangt war, sah ich Mum davor stehen. “Was soll das werden?“, fragte ich sie verwirrt.
“Ich begleite dich!“
“Warum das denn?“
“Zur Sicherheit, damit dir nichts passiert.“
Ich stöhnte genervt auf: “Ich werd schon nicht tot umfallen!“
“Man kann nie wissen...“
“Es ist immerhin ein Wächter dabei Mum“, beklagte ich mich seufzend.
Ich wusste, dass ich sie nun nicht mehr loswerden würde.
“Denen ist nicht zu trauen!“ Ich verzog fragend das Gesicht und der Wächter, der mir soeben die Autotür aufhielt sah Mum an, als hätte sie nun endgültig den Verstand verloren. Diese wiederum ignorierte ihn und stieg ohne ein weiteres Wort ein. Achselzuckend setzte ich mich neben sie und bereitete mich seelisch auf das bevorstehende Training vor.

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