Das Aufwachen

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Ann P.o.V.

Ich habe Schmerzen an Stellen von denen ich noch nicht einmal wusste, dass man dort Schmerzen haben kann. Mein Kopf fühlt sich an wie eine matschige Birne, meine Rippen wie vom Bus überfahren und meine Beine spüre ich schon lange nicht mehr. Wenn ich querschnittsgelähmt wäre, würde mich das nicht wundern. Stöhnend versuche ich mich auf zusetzten, doch ein paar kühle Finger drücken mich auf den Boden. "Du bleibst gefälligst da liegen und machst nichts. Und wenn ich nichts sagen, dann meine ich auch wirklich nichts. Beschränke dich aufs atmen.", höre ich Jace' sanfte Stimme. Ich will gerade erwidern, dass ich auch zu nichts anderem fähig bin, als ich schon wieder so ein mieses Brennen in der Armbeuge spüre. Das zweite Mal an diesem Tag verschluckt mich die Dunkelheit.

"Jace, du weißt schon, dass Runen in der Armbeuge nicht sonderlich viel bringen. Je näher sie am Herzen sind ..." "... desto wirksamer sind sie. Ich weiß Alec, aber ich hatte nicht vor ihr das T-Shirt auszuziehen und mir damit unfreiwillig ihren BH zu zeigen. Auch wenn das bestimmt ein netter Anblick gewesen wäre.", antwortet Jace alias Mr-Frauenheld-Mistkerl. "Jace, ich bin nicht taub. Außerdem hättest du dir, dann neben einem saftigen Tritt auch noch eine gefangen.", versuche ich zurück zu zischen, aber ich versage kläglich dank meiner heiseren Stimme. Mr-Frauenheld-Mistkerl lacht laut auf und versucht einen zusammenhängenden Satz zu formulieren. "Nun ja, ... in deinem.... ähm etwas misslichen Zustand wohl kaum." Drohend versuche ich den Arm zu heben, doch irgendwie stellt sich das wegen einer kribbeligen Taubheit ziemlich schwer an.

Na toll : Jace lacht mich aus, ich kann mich nicht bewegen und Alec hat nur einen spöttischen Blick für mich übrig. Besser kann der Tag ja nicht werden. Obwohl Tag? Es sieht eher aus wie morgens und wie immer wenn ich diesen berühmten Satz sage oder auch nur denke, kommt es natürlich noch viel dicker. So wie jetzt.Ein großes schlankes Mädchen mit langen, schwarzen Haaren kommt mit ihren Highheels auf uns zu gestöckelt. Ein enganliegendes Kleid betont bestimmte Stellen ihres Wahnsinnskörpers sehr... vorteilhaft. Weshalb ich augenblicklich Minderwerigkeitskomplexe bekomme. Obwohl ihre dunklen Augen mich kritisch mustern, bin ich doch ziemlich entspannt. Nach einem Tag voller Enttäuschungen kann mich nichts mehr niederringen.

"Du bist also Annabeth Starkwether? Hodges Enkelin?", hakt sie nach. Eine Augenbraue ist kritisch nach oben gezogen, aber ich kann das auch. Genauso spöttisch hebe ich meine rechte Augenbraue und schieße zurück:"Ja. Und du? Bist die kleine Schwester vom Teufel? " Verächtlich schnaubt sie. "Ich bin Alecs Schwester, Isabelle." Ich kichere in mich hinein, sie weiß ja nicht wen ich mit dem Teufel gemeint habe. Und weil Isabelle mich schon wieder so komisch anguckt, erkläre ich ihr die Situation:"Naja, das meinte ich dich damit. Auch wenn Alec mich retten wollte, habe ich ihm immer noch nicht seinen Streich verziehen. Von daher ist er für mich gleichbedeutend mit dem Teufel. Also, bist du doch die kleine Schwester vom Teufel. "

Alle drei starren mich wie eine Verrückte an. Yeah, noch nicht mal 24 Stunden am Institut und schon hassen mich alle. Hast du mal wieder großartig hinbekommen. Das ist echt typisch Ann. "Also, ist jemand von euch so sozial und entfernt diese komisch kribbelige Taubheit von mir?", frage ich neugierig in die Runde aus offenen Mündern. Alec fängt sie als erster wieder. "Izzy und ich gehen schon zu Mom. Mal schauen wie es ihr geht." Er guckt seinen Parabatai an und fügt hinzu:"Hilfst du ihr?" Abwesend nickt Jace. "Klar. Sehen wir uns später im Trainingsraum?" Mit einer knappen Kopfbewegung signalisiert der Schattenjäger seine Zustimmung, dann rauschen die beiden Geschwister davon.

Erleichtert atme ich auf. Diese Isabelle ist echt anstrengend, ich glaube nicht, dass ich mich mit ihr anfreunden werden. Aber setzt anfreunden nicht eine gewisse Zeitspanne voraus? Denn ehrlich gesagt, habe ich nicht vor hier länger als nötig zu bleiben. Auch wenn ich noch nicht so genau weiß, wo ich hingehen sollte. Ich meine, nach Hause ist irgendwie eine ganz blöde Idee, da dort ja die Verräter auf mich warten und hoffe, dass ich sie verstehe. Als ob ich jemandem irgendwann einmal so etwas verzeihen könnte. Ich schnaube bei diesem Gedanken. Das Verzeihen können die sich sonst wo hin stecken.

"Ann? Alles okay bei dir? Du hast fast zwei Tage lang geschlafen. Ich verstehe dich, wenn du ...", setzt Jace an, aber ich unterbreche ihn. "Lass es einfach. Ich weiß nicht was du bisher in deinem Leben erlebt hast, aber ich glaube nicht, dass mich irgendwer verstehen kann." Er wird blass. Seine schöne bronzefarbene Haut ist auf einmal ganz fahl und er fängt an nervös seine Hände zu kneten. "Jace? A...alles okay? Habe ich was falsche gesagt oder ....?" Hilflos lasse ich den Satz in der Luft hängen. Ich kenne ihn zwar kaum und trotzdem denke ich, dass er nicht der Typ für Schwäche ist. Er prescht einfach voran, ohne Rücksicht auf Verluste. Bei Leuten mit so einem Charakter sitzt der Schmerz häufig tief und wird nur durch bestimmte Reize wieder an die Oberfläche geholt. So wie jetzt.

Mechanisch holt er nun einen Stab heraus. Keine Ahnung was das ist. Eine Stele. Ah ja, mein gestörtes Gedächtnis meldet sich auch mal wieder und bevor es mich weiter mit komischen Erinnerungen zu labbert, höre ich ein leises Zischen. Ein heißer Schmerz schießt durch meinen Oberarm. Ich versuche, keinen Laut von mir zu geben und die Zähne zusammen zu beißen, doch ein leise Aufstöhnen kann ich nicht vermeiden. Aus dem Augenwinkel sehe ich wie Jace etwas auf meinen Arm zeichnet mit dieser Stele. Er hält inne, als er mich hört. " 'Tschuldigung.", murmelt er kleinlaut. "Macht nichts!", presse ich zwischen zusammen gebissenen Zähnen hervor. "Kann ja mal vor kommen." "Kann, sollte aber nicht.", gibt Jace zurück und klingt dabei wieder wie er selbst. Endlich! Es hat gar nicht mal so lange gedauert, doch die Zeit hat sich echt gezogen. Als der Schmerz verflogen ist, reibe ich mir meinen Oberarm und setzte mich auf. Mir ist leicht schwindelig. Besorgt sieht  Mr-Frauenheld-Mistkerl mich von der Seite an. Ich mache eine wegwerfende Handbewegung.

Jace P.o.V.

Sie sieht so verletzlich aus. Zart wie ein Schmetterling. Ihre Stirn hat sie in Falten gelegt, wegen dem Schmerz und ihre rechte Hand streicht immer wieder abwesend über den linken Oberarm. Ich habe wohl ziemlich feste aufgedrückt. Sie weiß nicht was sie mir angetan hat mit dem, was sie gesagt hat. Was in meiner Vergangenheit passiert ist, habe ich nie jemandem wirklich erzählt. Nicht mal Alec.

Ich habe das plötzliche Bedürfnis ihr alles zu erzählen. Wieso ich so bin, wie ich nunmal bin. Dabei kenne ich sie kaum und ich weiß gar nichts über sie. Warum möchte ich ihr mein Herz ausschütten? Zumal es viele Menschen überrascht, dass ich überhaupt eins habe. So kühl komme ich rüber. Nicht umsonst. Ich möchte mich vor weiteren Schmerz schützen.

Schützen ist mein Stichwort, als Ann ihre Beine aus dem Bett schwingt und taumelnd auf ihren Füßen landet. "Langsam. Ganz langsam.", versuche ich sie zu stoppen und packe Ann am Arm. Sie zischt sofort zurück:"Ich kann das! Fass mich nicht an!" Abwehrend hebe ich die Hände und trete einen Schritt zurück. Ich lasse es mir nicht anmerken wie sehr sie mich damit verletzt. Sie erinnert mich zu sehr an jemanden, der auch immer meine Hilfe zurück gewiesen hat. Die Person, die ich mehr als alles Andere geliebt habe.

Meine Schwester. Clarissa.

So, Cliffhanger!! Hehehe ^-^ Wollte euch das Wochenende ein bisschen Ver-Jace-en. Hoffe es gefällt euch.

LG Greta

City of Broken DreamsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt