Der Unbekannte

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Jace P.o.V.

Das Bild, dass sich mir in der Bibliothek bildet ist ungeheuerlich. Der sonst so gemütliche Raum, indem ich mich insgeheim sehr geborgen fühle, ist nicht mehr wieder zu erkennen. Maryse' Schreibtisch ist ein Mal in der Mitte entzwei gebrochen und im Kamin brennt grünes Feuer. Maryse selbst sitzt auf dem Boden gegen die Bruchstücke ihres Lieblingsmöbelstücks gelehnt, ihr dunkler Hosenanzug ist teilweise grau vor Staub und teilweise noch dunkler gefärbt vor Blut. Der Rest des Raumes sieht aus wie ein Schlachtfeld: die Bücher liegen verstreut und zerrissen auf dem Marmorboden verteilt und alle Waffen aus den Vitrinen sind anscheinend unauffindbar.

Ich verstehe das nicht. Wie konnte jemand hier rein gelangen? Das Institut, besonders das Herzstück, ist vortrefflich geschützt und beinahe unmöglich zu erreichen. Beinahe unmöglich ist nicht genug. Ich brauche eine Weile bevor ich das vollständige Maß der Zerstörung begreife und dann werde ich wütend, richtig wütend. Meine unbändige Wut richtet sich nicht nur gegen den Unbekannten, sondern auch gegen mich selbst, weil ich letztens erst die Runen auf den Flügeltüren des Instituts erneutert habe.

Gebe nicht dir die Schuld, junger Schattenjäger.  Ich fahre herum und sehe wie erwartet Bruder Jeremiah. Der Stille Bruder hat sein  Gesicht mit der weiten Kapuze seiner dunkelbraunen Robe verdeckt. Mit seinen hellen, langen Fingern schiebt er sie nun zurück und lässt dabei die Schweigerunen auf seinen Wangen sehen. Die wären aber im Grunde genommen gar nicht nötig, da der Mund und die Augen zugenäht sind. Ich blinzle krampfhaft, an diesen Anblick kann ich mich nicht gewöhnen.

"Bruder Jeremiah. Was führt euch zu uns?" Es freut, dass du auf die Freundlichkeit trotz der Umständen nicht verzichten möchtest, doch uns fehlt die Zeit für solche Floskeln, ertönt die tonlose Stimme in meinem Kopf, den ich wiederum schüttle. "Sie verwechseln Freundlichkeit mit Pflicht.  Also, was ist hier eigentlich passiert? " Nun, genaueres wissen wir erst wenn Maryse Lightwood vollständig vernehmungsfähig ist. Ich vermute, das war das Werk eines Dämons oder zumindest eines Hexenmeisters, da dieser Raum starke dämonische Aktivitäten aufweist. Wir müssen sie mit in die Stadt der Stille nehmen um ihren Genesungsprozess zu beobachten und ihn möglicher Weise beschleunigen. Das Institut braucht derweil einen stellvertretenden Leiter. Findet sich hier ein volljähriger Schatttenjäger? Ich schlucke und muss die ganzen Informationen verarbeiten. Dämonische Aktivitäten? Unmöglich. Das kann nicht sein. Das darf nicht sein. Benommen schüttle ich den Kopf und versuche logisch zu denken.

"Alec ist volljährig. Alexander Lightwood. Ich werde ihn holen gehen, er müsste irgendwo im Institut sein. Ein Moment...", sage ich, als meine Parabatai- Rune plötzlich zieht. Ich stöhne auf, falle auf die Knie und kann nur noch an den Schmerz denken, der nicht meiner sondern Alecs ist. Ich spüre einen dumpfen Schmerz im Kopf, der sich in meinen ganzen Körper ausbreitet und mich vollständig betäubt. Jace! Ein stummer Schrei in meinem Kopf. Ich kann nicht antworten, weil der Schmerz ins Unermessliche steigt und ich vor Sorge fast umkomme.

Ein markerschütternder Schrei reißt mich aus meiner Trance. Alec!, ist mein erster Gedanke, doch der Schrei klang weiblich. Izzy ist es nicht, da sie nicht schreien würde was auch immer passiert. "Ann!", rufe ich und stehe hastig auf. Keuchend renne ich zur Tür, doch die ist abgeschlossen. Ich sehe mich panisch um, auf der Suche nach etwas um die Tür aufzuschließen. Meine Stele kann ich nicht finden, also nehme ich ein deformiertes Metallstück zur Hand um es als Brecheisen zu benutzen. Gerade als ich das Brecheisen ansetzten will, höre ich ein Zischen hinter mir. Bruder Jeremiah verdreht die Auge bis nur noch das Weiße zu sehen ist, dann spaltet sich der kahle Schädel und eine Art Skelett mit schmutzigen Harpyienflügeln steigt daraus empor. Ein Aremith-Dämon.

Blitzschnell ist eine Taktik in meinem Kopf ausgreift. Ich habe in den Kampfmodus übergewechselt. Das Metallstück werfe ich auf den Dämon um ihn abzulenken, dabei ziehe ich eine Seraphklinge aus meiner Jacke "Camael", flüstere ich den Namen und springe auf das Monster, welches schon die Krallen ausgefahren hat und nach mir schnappt. Doch ich bin schneller, ich springe hinter den Aremith-Dämon und ramme ihm die Klinge zwischen die Flügelansätze. Ein letztes Gurgeln und er löst sich vor meinen Augen auf.

Schweratmend wische ich mir über das Gesicht und schaue mich nach Maryse um. Sie liegt bewusstlos auf dem Boden, die Hülle von Bruder Jeremiah neben ihr. Ich unterdrücke einen Würgereiz. Wie gerne würde ich mich jetzt einfach nur hinlegen und schlafen, vorzugsweise in einem weichen Bett, doch ich kann nicht. Ich muss Ann finden und sie wahrscheinlich retten. Ich hoffe das Beste, sowohl für sie als auch für mich, da meine Nerven blank liegen.

Mit einem Brüllen zerschlage ich das Türschloss der Bibliothek und laufe durch die endlosen Flure, bis ich das Gästezimmer von Ann erreiche. Ein ungeheuerliches Bild bietet sich: Alec liegt verdreht auf dem Boden mit offenem Hemd und einer glühenden Wunde quer über seiner Parabatai-Rune, Ann lehnt an der Wand über sie ist ein Mann gebeugt. Der Mann ist groß und muskulös, seine weißblonden Haare sind kurz geschoren und auf den nachten Oberarmen sind unglaublich viele Kampfrunen. Anscheinend hat er mich gehört, denn er dreht sich zu mir um. Ein süffisantes Lächeln ziert sein Gesicht. "Jonathan, wie schön dich hier zu sehen. Leider unter so unschönen Umständen. Wie dem auch sei, ich wollte sicher gehen, dass es dir hier gut geht. Ein hübsches Mädchen hast du dir da angelacht. So rein. So ... unschuldig."

Normalerweise habe ich immer einen schlauen Spruch auf den Lippen, doch dieser fremde Mann überrascht mich. "Woher wissen Sie meinen richtigen Namen?", frage ich zwischen zusammen gebissenen Zähnen. "Sag bitte 'Du' zu mir. Ganz wie unter Freunden. Nun, ich habe meine uellen überall." Er dreht sich um und begutachtet Alecs verdrehte Arme und Beine. Der Fremde seufzt. "Ach, warum müssen immer die Begabten gegen ihr Bestes ankämpfen? So eine Verschwendung von Talent. Aber es ist schwierig Solche zu brechen und sie zu ihrem Glück zu zwingen. Ich würde liebend gerne unser höchst interessantes Gespräch fortführen, aber meine Zeit ist knapp bemessen. Hoffentlich auf Wiedersehen."

"Welches Gespräch", frage ich mich und mir wird klar, dass er seinen Monolog meint. Ich könnte mir eine Ohrfeige verpassen für meine Dummheit, doch mein Gehirn ist wie eingefroren. Sprachlos sehe wie der Mann eine unbekannte Rune auf die Wand im Flur malt und ein Dimensionstor sich öffnet. Er tritt auf den Strudel zu und verschwindet.

Einen Moment lang bleibe ich in der Starre, dann knie ich mich neben Ann. "Alles okay bei dir?", frage ich. "Klar", sagt sie mit heiserer Stimme. "ich wurde gerade von einem Unbekannten verprügelt, Alec hat versuch mir zu helfen und ist dabei fast drauf gegangen und du kommst erst , wenn der Ganze Spaß schon vorbei ist. Also, alles bestens!" Ich will schon antworten, aber sie lässt mich nicht. "Du bist so ein Idiot, Jace! Und jetzt kümmere dich um Alec."

Erstaunt nicke ich und fange an Iratzen auf Alec Haut zu zeichnen.

So nächste Kapitel ist da. Widmungen gehen an:

_vanilleregen_

Amy4ever

Weil sie mich mit ihren lieben Kommis aus der Unkreativität gerissen haben.

LG Greta <3

City of Broken DreamsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt