Momente eines alten Lebens

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Jace P.o.V.

Ann so zu sehen, ist echt schrecklich. Und das schlimmste an der ganzen Sache ist, dass ich daran schuld bin. Schließlich habe ich den Kasten geholt. "Ann... ich hätte das Ding gar nicht erst her bringen sollen, oder? Ich tu's einfach wieder weg und wir vergessen das Ganze.", versuche ich Ann zu erreichen. Sie schüttelt nur den Kopf und fängt an sich den Inhalt genauer zu schauen. Ich rutsche zu ihr rüber. In dem Kasten liegen auf einem roten Samttuch ein Bogen und ein Köcher voll mit Pfeilen. Beide sind aus schwarzem Holz und der Bogen hat ein abgewetztes Lederband. Benommen nimmt sie die Waffe heraus, beginnt sie auf Schäden zu untersuchen und die Pfeile zu zählen. Tränen laufen immer noch über ihre Wangen und hinterlassen helle Spuren.

Neugierig hebe ich das Tuch hoch und entdecke einige vergilbte Fotos. Ich hebe sie behutsam hoch und betrachte sie genauer. Auf einem sieht man eine glückliche Familie. Der Vater ist groß gebaut, hat braun gebrannte und von Narben übersäte Haut, hellgrüne Augen und ein markantes Gesicht. Die hellbraunen Haare fallen ihm lässig in die Stirn. Er lacht und zeigt damit seine grell weißen Zähne. Den linken Arm hat er um eine Frau gelegt. Ihre dunkelbraunen Haare sind zu einem Fischgrätenzopf geflochten, welcher ihr Gesicht gut zur Geltung bringt. Eisblaue Augen starren mich förmlich an, sie verleihen ihrem feingeschnittenen Gesicht eine gefährliche Note. Trotz ihres freundichen Lächelns. Beide tragen Schattenjägermonturen, die nur teilweise ihre zahlreichen Runen verdecken. Vor den beiden stehen Kinder, ungefähr 12 und 14. Der ältere von beiden ist eindeutig der Junge, der fast eine Kopie seines Vaters ist. Nur zieren seine Haut weniger Narben und Runen. Um seinen Hals baumelt eine Silberkette mit einem undefinierbaren, roten Anhänger. Neben ihm hat ein Mädchen, ich vermute mal es ist seine Schwester, die Arme vor der Brust verschränkt. Der grimmige Blick ist ein harter Gegensatz zum Rest der Familie. Sie trägt auch keine Runen oder eine Schattenjägermontur, sondern ein schwarzes Kleid, dem roten Fäden eine taffe Note verleihen. Obwohl sie wie die jüngere Version der Mutter aussieht, hat sie einen Sidecut auf der rechten Seite. Es ist unverkennbar Ann als zwölfjährige.

Bevor ich noch etwas erkennen kann, reißt Ann mir schon die Bilder aus der Hand und guckt sie sich ihrerseits an. "Das ist meine Familie", flüstert sie mit belegter Stimme und fährt mit dem Zeigefinger leicht über das Foto. Unter Tränen lacht sie erstickt:"Wieso habe ich einen Sidecut? Das sieht total bescheuert aus!" "Finde ich nicht. Du siehst unglaublich aus, sowohl auf dem Bild, als auch jetzt." Ann errötet und wendet sich peinlich berührt dem zweiten Foto zu. Hier kann man Ann erkennen. Lachend, den Arm um einen Jungen geschlungen, dessen Augen wie blaue Dolche sind. Ann hat auch blaue Augen, aber ihre haben einen leichten Stich ins Grüne. Ein wenig wie das Meer oder der Lyn-See in Idris an leicht bewölkten Tagen. Ich erinnere mich wie mein Vater mich dort schwimmen, segeln und im Wasser kämpfen gelehrt hat. Wie er mich mit liebevoller Strenge zurechtgewiesen hat. Stopp! Konzentriere dich auf die Gegenwart, auf Ann. Ich schaue mir noch ein mal das Foto an und erkenne, dass es nicht so alt sein dürfte. Vielleicht ein oder zwei Jahre alt. "Weißt du wer das ist?" Sie nickt. "Das war mein fester Freund. " "War?" Angestrengt presst sie die Lippen aufeinander. "Ja, war. Er wurde von einem Werwolf getötet. Eine Frau mit langen braunen Haaren. Sehr attraktiv. Sagt dir das was?"

Ann P.o.V.

Jace hebt nur die Augenbrauen und schnaubt:"Und ob mir das was sagt. Sie ist die Leitwölfin des New Yorker Rudels seit sie vor einem Jahr Lucian Graymark beinahe zerlegt hat. Also, eigentlich hat sie in auseinander genommen, ihm den Tod erspart und ihn anschließend aus dem Rudel verbannt. Seit dem steht er in ihrer Schuld, weswegen er sehr zurückgezogen lebt." Wie erstarrt glotze ich verständnislos in Jace' Gesicht. Diese warmen, fast goldenen Augen bohren sich in meine und verankern sich dort. Unbewusst beugen wir uns zueinander hin, jetzt ist er so nahe, dass ich seinen Atem spüre, welcher schneller als normal geht. Unsere Nasenspitzen berühren sich und Stirn an Stirn versinken wir in den Augen des Anderen. Als sich unsere Lippen treffen, verabschiedet sich mein Gehirn und der Rest meines Bewusstseins konzentriert sich auf seine unglaublich weichen Lippen. Automatisch nähere ich mich ihm, so dass uns, trotz der Tatsache das wir auf dem Boden sitzen, nur noch Stoff trennt. Meine Hände ruhen auf seiner muskulösen Brust und spüren seine Wärme.

Jace packt mich an der Taille und zieht mich auf seinen Schoß. Mit dem Daumen zeichnet er Kreise auf meinen Bauch, was mich verrückt macht. Ungeduldig fahre ich mit den Händen durch seine blonden Locken. Seine Zunge fährt über meine Unterlippe, aber ich öffne den Mund nicht. Ich hasse Zungenkuss abgrundtief. Er scheint, das zu merken und lässt es endlich. Unsere Knutscherei verliert trotzdem nicht an ihrer Heftigkeit, denn sie lässt uns beide nicht aus ihrem Bann. Plötzlich steht er auf, klappt den Deckel der Kiste zu und zieht mich auf die Füße. "Komm. Wir gehen wo anders hin. Hier ist es zu staubig." Verlegen nicke ich. Durch Jace' Schwung lande ich direkt in seinen Armen, die in einer schwarzen Lederjacke stecken. "Nicht so hastig.", flüstert er und küsst mich wieder, ganz sanft dieses Mal. Ich schließe die Augen und genieße es. Trotzdem bin ich es die den Kuss unterbricht. "Wollten wir nicht wo anders hingehen?" Er grinst nur und lässt mir wieder den Vortritt bei der Leiter. Umständlich klettere ich sie runter. Froh, dass ich wieder feszen Boden unter den Füßen habe, drehe ich mich um und sehe Jace direkt vor mir. Man, der Typ ist echt schnell. Obwohl ich ihn gar nicht kenne, würde ich im Moment alles für ihn tun. Jetzt ergreift er stumm meine Hand um ich in irgendeine Richtung zu ziehen. Ich weiß nicht in welche, da ich viel zu aufgeregt bin. Klar, das wäre nicht mein erstes Mal, weil ich ja schon einen Freund hatte. Aber mir ist mulmig zu mute, nur gut, dass ich regelmäßig die Pille nehmen, trotz meiner nicht existierenden Jungen-Kontakte. Wir sind jetzt irgendwo im Institut, Jace bleibt stehen. Er dreht mich so, dass ich an der Wand stehe und er direkt vor mir. Ich spüre seine Muskeln überall. Mit einer rauen Stimme fragt er:"Alles okay?" Statt einer Antwort küsse ich ihn so heftig, dass ich denke mir platzt der Kopf. Er stöhnt leise, bevor er mich in ein Zimmer trägt und die Tür hinter uns ins Schloss fällt.

Na, was meint ihr passiert jetzt?! O.Õ Danke für die allerliebsten Kommis der Welt. Ihr seid die besten Leute ♡♥

LG Greta

City of Broken DreamsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt