Yves 2

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Ich kam vor ungefähr einer Woche an und noch immer waren meine persönlichen Kisten nicht ausgepackt.
Alle feinsäuberlich gestapelt, staubten sie zu. Einzig meine Klamotten und ein oder zwei besonders wichtige Sachen habe ich bisher ausgepackt gehabt. Und so saß ich sie anstarrend, auf meinem viel zu großem Bett, in meinem viel zu großem Zimmer.
Meine Haare waren mir auch schon wieder etwas zu lang geworden. Sie hingen mir leicht in mein Gesicht, da ich mich etwas nach vorne gelehnt hatte.
Ich konnte schon den ganzen Tag, wenn nicht sogar die letzten Tage, nach meiner Ankunft, an nichts anderes, als den Start in das neue Schuljahr denken.
Da waren keine besonders guten Erinnerungen an meine Schulzeit an dieser Eliteschule, dennoch retteten mich meine Freizeit und der Gedanke alles schon sehr bald hinter mir lassen zu können.
Nach einer Zeit gewöhnt man sich sogar fast an die Schikane, aber jedes Mal dieses Gebäude zu verlassen war eine Erleichterung. Schon seltsam wie unterschiedlich ich hier und dort war. Möglich, dass es etwas psychisches war, etwas, was ganz tief in mir schlummerte und beim Anblick der Hölle erwachte und dann noch meinen musste, mich in einen weinerlichen Lappen zu verwandeln.
Ich hatte wirklich keinen Bock mehr darüber nachzudenken, wie es morgen werden würde. Das hatte ich nun wirklich schon genug gemacht. Mir war klar, dass ich es dann schon heraus finden würde. Mit etwas Glück würden sie mich sowieso nicht wieder erkennen oder sich einfach nicht mehr an mich erinnern können, so unterbelichtet, wie die damals waren, dachte ich mir und hörte auf an meinem Lippenpiercing zu spielen. Ich hasste Nervosität. Besonders, wenn sie nervte und das tat sie gerade gewaltig. Ablenkung musste her und zwar schnell. Also stieß ich mich von der Bettkante ab und fing letzten Endes wohl doch an meine Habseligkeiten auszupacken. Tatsächlich vergaß ich schnell meine Sorgen und konzentrierte mich darauf, mich selbst nicht mit dem Messer nicht zu erstechen, mit welchem ich versuchte das Klebeband auf den Kartons zu zerschneiden. POSTER stand groß auf einer Seite und ich holte das erste raus. Es zeigte Brendon Urie, in einem roten Jakett, umgeben von dem geschwungenem Schriftzug Panic! at the disco. Ich liebte diese Band. Genauso Set it off und noch viele mehr. Von denen ich genauso Poster hatte. Also suchte ich mir ein paar Plätze für sie. Über meinem Bett war definitiv nicht der Richtige. Aber an meinem Schrank würde Brendon sich bestimmt gut machen, genauso zwei weitere Poster. Dachte ich mir. Mein Schrank war genauso wie mein Zimmer und mein Bett recht groß, also passte alles ohne Umstände dahin wo ich es wollte.
Die Poster vorne dran und innen drin gut geordnet. Es war nahezu alles Schwarz, was ich an Kleidung besaß. Deswegen verschmolz es beinahe mit dem ebenso schwarzen Schrank. Ich hatte mich bewusst für dunkle Farben bei meiner Einrichtung entschieden. So war es kein Wunder, dass nicht nur Schrank, Bett, Nachttisch, Schreibtisch, Komode, Regal und Fernseher in einem einheitlichen Schwarz gehalten waren, sondern auch drei von vier Wänden Schwarz und die Vierte dunkel blau gestrichen waren. An der blauen Wand stand mein Schrank und auch meine Tür befand sich dort. Zwischen den beiden lehnte noch ein Spiegel an der Wand, der irgendwann einfach hier rein gestellt worden war. An meine Tür hing ich Postkarten von Orten an denen ich schon mal war oder irgendwann noch einmal hin wollte auf. An der linken Wand von der Tür ausgesehen Waren ein Fenster und eine Balkontür, die nie wirklich genutzt wurde. Unter dem Fenster stand der Schreibtisch, den ich auch direkt vollräumte mit Schulbüchern und Utensilien, die ich für den Unterricht brauchen würde. Mein Laptop und eine Schreibtischlampe hatten bereits ihren Platz auf ihm gefunden und durften sich nun mit weniger Platz begnügen. An der nächsten Wand standen meine Komode und mein Regal.
Das Regal quoll vor Büchern über, deswegen lagerte ich viele weitere in Kisten unter meinem Bett. Ja ich lese. Problem damit?! Jedenfalls stand auf der Komode der übertridbene Flachbildfernseher, in der Mitte von zwei Boxen meiner Anlage, welche ich gekonnt in der Komode versteckt hatte. Auch meine Konsolen und Spiele bewahrte ich da auf. Aber sie kamen so selten zum Einsatz, dass ich noch nicht mal eine einzige davon angeschlossen hatte. Vor der dem Möbelstück stand noch ein bequemer Dreisitzer, in tiefem Grau und auf ihm lagen drei bunte Kissen, die dem Raum mehr Farbe einhauchten.
An der letzten Wand standen mein Bett und mein Nachtisch. Ein stinknormales Zweipersonenbett. Aber auf mich wirkte es mehr als nur groß, da ich mit meinen 1,65m auch gut in ein Einzelbett passen würde.
Keine Ahnung von wem ich das hatte, aber dafür, dass ich schon 17 war, war ich doch etwas kleiner, als der Durchschnitt meiner Altersgenossen und als wäre das nicht genug, war ich körperlich unterlegen. Auch wenn ich trainierte, wie ein bekloppter, wurde ich einfach nicht so stark, wie ich es gerne gewesen wäre. Dabei hatte ich schon alles probiert. Ich hatte sogar ein leichtes Sixpack, aber nützen tat mir das auch nicht viel. Einzig im Laufen war ich besser geworden. Früher war ich schon schnell, wenn ich geflüchtet bin, aber jetzt ist es mir ein Leichtes Weite Strecken mit einem guten Zeit zu laufen. Im Sportunterricht könnte ich bestimmt gute Noten kassieren. Allerdings hatte ich keine Lust einen Schulverweiß wegen meiner Tattoos zu bekommen. An dieser Schule gab es sehr strenge Regeln und Tattoos wurden nicht so gerne gesehen. Manchmal wurden Ausnahmen gemacht, aber in den meisten Fällen war es besser sie einfach zu verstecken. Meine Piercings waren auch noch nie gerne bei den Lehrern gesehen. In den vergangenen zwei Jahren sind auch noch mehr dazu dazu gekommen. Unter anderem der an der Lippe, einer an meiner linken Braue und einer in meiner linken Brustwarze. Ich glaube auch 2 oder 3 Ohrlöcher mehr. Als ich meinen Kopf dem Spiegel zuwand starrte der gepiercte und tätowierte schwarzhaarige Junge, der dunkel blaue Spitzen hatte und seltsame Augen, in stechendem Blau und Grün, zurück. Ich blickte an ihm herab. Schwarzes Tshirt mit Print einer Band,schwarze, zerrissene Hose, schwarze Socken und schwarze Kapuzenjacke, deren Kapuze er übergestülpt hatte. Vermutlich trug er ebenfalls eine schwarze Unterhose.
Das war ich Yves Benedict Peterson. Am liebsten hätte ich den Spiegel eingeschlagen. Stattdessen machte ich mich wieder daran meine Sachen einzuräumen.

Don't be scared Babyboy (BoyXboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt