Yves 26

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Es war schon wieder mit mir durchgegangen. Noch immer wütend, auf Mikel und mich selbst, streifte ich durch die Gänge der Schule und stieß irgendwann die Türen zum Innenhof auf und setzte mich unter meinen Baum. Wie weit würde Mikel wohl noch gehen und was würde ich dann tun, wie würde ich reagieren, wenn er wieder etwas unverzeibares tun würde?  Ich versuchte auf andere Gedanken zu kommen und erinnerte mich an den Tag, an dem jason zum ersten Mal bei mir war. Ein ziemlich chaotisches Treffen. Ich musste darüber lächeln, wenn auch Mikel, meine Mutter und meine, sagen wir mal, Ungeschicktheit, das ganze ganz schön kaputt gemacht haben,  war es dann doch irgendwie ein schöner Tag. Ich weiß noch, wie schön ich es fand, als er sagte, dass seine Lieblingsfarbe Blau war. Meeresblau säuselte ich in Gedanken. Ja. Dieses Blau war wirklich sehr schön und besonders facettenreich. Das mehr könnte tief blau und stürmisch grau sein, aber auch hell und klar und vor Ruhe strahlen und noch so vieles mehr. Es war einzigartig und voller Leben. Meeresblau war eine wirklich schöne Farbe, wenn man sich genug Zeit ließ, um darüber zu philosophieren. Im Allgemeinen war die Natur wunderschön. Ich blickte hoch in die Baumkrone. Saftig grüne Blätter vor strahlend blauem Himmel.

Ich kramte in meinem Rucksack nach meinem Buch und fing an darin zu lesen und hier und da erneut die ein oder andere Notiz neben zu kritzeln. Irgendwann fiel mirauf, dass das, was ich schreib unterschwellig um Jason ging. Ich unterstrich Wo bist du bloß?  im Buch und schrieb einen letzten Satz - für's Erste - daneben. Mein Blick wanderte wieder in den Himmel und ich wiederholte mein Geschriebenes, während ich darüber fuhr. Oben?
Vielleicht war mein Vater irgendwo da oben im Blau und blickte auf mich herab, auf das Grün. Es war eine schöne Vorstellung, dass er ab und zu vorbei sah, aber auch irgendwie gruselig. Ich meine, wäre es nicht seltsam, wenn er immer zu schauen würde? Also, wenn ich schlief, auf die Toilette ging oder noch schlimmer, wenn ich mit jemandem - Ok. Stopp. Ich bereitete mir selbst Kopfkino.
Aber sollte es tatsächlich so sein, dass er in irgendeiner Weise noch da war, hoffte ich, dass er mir meine Privatsphäre lies, schließlich gibt es Dinge, dir weder Kinder bei ihren Eltern, noch Eltern bei ihren Kindern sehen sehen sollten.
Jason. Schon wieder waren meineGedanken bei ihm angekommen. Ich seufzte. Eigentlich war bis heute nicht sonderlich viel passiert. Ich hang öfter mal bei Jason und seinen, naja sagen wir mal, Freunden ab und fühlte mich sogar recht wohl, dank Jason. Seine beste Freundin schien wirklich nett zu sein. Ich denke mal, sie hatte mich akzeptiert und vielleicht mag sie mich ja auch etwas. Jedenfalls kam ich ganz gut mit ihr klar, was Jason vermutlich auch freute. Ich war froh Zeit mit ihm verbringen zu können. Besonders, wenn ich mit ihm kurzzeitig alleine war. Gut. Manchmal auch im Beisein anderer, but who cares. Jedenfalls kam es oft zu kurzen Berührungen und auch, wenn er sie als Versehen abtat, bemerkte ich ihre Wirkung auf ihn. Er wurde immer etwas rot und schaute sich unauffällig, wie ein Lama, um und wurde noch röter, wenn er merkte, dass ich es beobachtet hatte. Es war irgendwie süß. Ich lächelte vor mich hin und ließ mir die Sonne ,mit geschlossenen Augen, ins Gesicht scheinen oder viel mehr, die Lichtpunkte, die durch das Blattwerk drangen auf meinem Gesicht tanzen. Auf meinem Berg gab es einen ähnlichen Ort. Ich sollte mit Jason mal dort hin gehen. Dafür, dass ich vor Wut gerade beinahe jemanden übel zusammen geschlagen hätte, war ich jetzt wieder ziemlich ruhig. Aber Mikel hätte es verdient gehabt. Das schlimmste daran war ja, dass ich wusste, dass er sich rächen würde und nicht wusste, wie ich ihn stoppen könnte. Er wird nicht aufhören. Ich hasste diesen Gedanken mindestens genauso sehr, wie den an diesen Luis. Ich nahm mir vor Jason unauffällig zu fragen, ob er noch etwas angestellt hatte. Immerhin wusste er ja jetzt, dass ich gegen Luis ankam.
Bei all diesen Erinnerungen verflog meine gute Laune wieder und mein Lächeln erstarb. Da war sie wieder. Die Wut.
Ich hatte meine Zeit gut vertrödelt und mich erfolgreich vor Sport gedrückt. Nächstes Jahr konnte ich dieses Fach zum Glück abwählen und müsste weniger wegen meiner Tattoos aufpassen. Solangsam dürfte es auch auffallen, dass ich mich in diesem Unterricht nie blicken ließ. Vielleicht sollte ich mir einen Attest besorgen oder so. Vielleicht könnte ich diese Stunden auch anders füllen und irgendwo helfen oder ich habe einfach Glück und könnte eher verschwinden. Obwohl ich dann nicht mit dem Bus fahren könnte und laufen müsste.
Ich hörte die Schulglocke klingeln und stand auf.
Auf dem Weg zu meiner Bushaltestelle steckte ich mir meine Kopfhörer in die Ohren und Schaltete die Musik an. Ich betrachtete meinen Bildschirmhintergrund.  Innerlich grinste ich. Ich hatte von Jason's Nummer auf meinem Arm ein Foto gemacht und konnte es betrachten, wenn ich mein Handy entsperrte. Ich mochte seine Schrift. Außerdem konnte ich mir seine Nummer dadurch besser einprägen. Als der Bus ankam hätte ich freie Platzwahl, entschied mich aber für meinen Stammplatz und genoss die Musik. Mal erklang ein sanftes Lied, gefolgt von Punkrock oder der Gleichen.
Zu Hause war alles ruhig. Scheinbar hatte sich Mutter wieder aus dem Staub gemacht. Das war gut. In meinem Zimmer warf ich mich auf mein Bett und nahm meine Kopfhörer raus. Die Musik schaltete ich ab und drehte und wendete mein Handy ein paar mal in meinen Händen. Ich stoppte und öffnete mein Kontaktbuch. J... Schnell fand ich Jason's Kontakt und öffnete ein SMS Fenster. Wie könnte ich...? Ich fragte mich, wie ich die Nachricht schreiben könnte und entschied mich für den direkten Weg.
"Hey Jason! Lust demnächst mal wieder etwas zu unternehmen?" murmelte ich und ließ meine Finger über den Touchscreen fahren. "Senden."
Das war ein Kinderspiel. Dachte ich selbstgefällig und drehte mich auf den Rücken. Jetzt musste ich nur noch auf eine Antwort warten. Allerdings zog sich das doch etwas stärker in die Länge, als ich vermutet hatte und machte mich deswegen irgendwann auf die Suche nach meinen Instrumenten, um mir die Zeit heute zum zweiten Mal zu vertreiben.
Nach einer Gefühlten Ewigkeit vibrierte mein Handy endlich.
"Hey...Wer bist du?" Ich hatte vergessen meinen Namen dazu zu schreiben. Ich verpasste mir eine imaginäre Facepalm und flüsterte augenrollend "Stupid me."
Sorry. It's me. Yves. Tippte ich schnell.

Don't be scared Babyboy (BoyXboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt