3 - Zweifel und Entschlüsse

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Ich erwachte irgendwann, als die Sonne in seichten Strahlen durch die Ritzen der halb zugezogenen Rollläden fiel und mich sanft dazu aufzufordern schien meinen Tag zu beginnen. Etwas benommen blinzelte ich in das flutende Licht, nur um mich innerhalb weniger Sekunden zu besinnen und mir in Erinnerung zu rufen wo ich war.

Mit einem Seufzen ließ ich meinen Kopf zurück in das fremd riechende Kissen sinken. Ich kam nicht umhin etwas wie Gelassenheit zu fühlen. Die angespannte Situation in meinem Leben hatte mich ausgelaugt und die friedliche, ungestörte Atmosphäre weit außerhalb meines Alltags ließen mich nun lächelnd aufatmen. Einige Minuten verharrte ich in dem weichen Bett, schloss die Augen und ließ mich von den Strahlen der Sonne wärmen. Ich verbot es mir an irgendetwas zu denken, verbannte alle Sorgen für einen Moment in den hinteren Teil meines Kopfes.

Es war schön mit dieser Stille aufzuwachen, völlig rein von jeglicher Verurteilung. Keine Stimme die dir in den ersten Stunden des neuen Tages die abscheulichsten Dinge an den Kopf warf. Einfach nur Ruhe und Selbstüberlassenheit.

Ich dachte daran, wie ich gestern Abend weinend in der Dusche kniete. Es hatte gut getan all den Frust heraus zu lassen und einfach still zu weinen. Es hatte sich angefühlt als würde das heiße Wasser all die schweren Tränen wegwaschen und versenken. Somit auch den Ballast, den sie unweigerlich in sich trugen.

Als ich dann völlig erschöpft in das Gästezimmer eintrat, war mein Bett bereits bezogen. Mit einem Lächeln war ich eingeschlafen. Mein letzter Gedanke war, dass es sich unglaublich schön anfühlte. Diese fast nie gespürte Achtsamkeit und Freundlichkeit, die in dieser einfachen Geste lag. Und gleichzeitig hatte sich ein tief trauriger Gedanke unter meine Sinne gemischt. Diese allgegenwärtige Traurigkeit die mich jedes Mal daran erinnerte, dass ich so niemals von meinen Eltern behandelt worden war.

Mit einem Ruck setzte ich mich auf und stieg aus dem Bett. In Rekordzeit zog ich mich an, wollte nicht an diese Dinge denken. Es zählte nur das Jetzt. Mit einem übermäßigen Lächeln grinste ich meinem Spiegelbild zu, endlich bereit mich den Herausforderungen zu stellen. Ich sah mich nun endlich in der Lage, mich mit den Umständen auseinanderzusetzen. Nicht mit meinen Problemen, nein. - Aber mit der jetzigen Situation, die diese Probleme verursacht hatten.

"Einfach überleben.", murmelte ich mir selbst zu und verließ dann den Raum. Mit einer frischen Portion Selbstvertrauen marschierte ich in das Wohnzimmer, darauf gefasst gleich Kjetill zu begegnen. Ich machte mir nichts daraus, als er nicht auf der grauen Wohnzimmercouch saß und auch nicht, als er nicht in der kleinen Küche vorzufinden war. Ich begann mich erst zu wundern als ich auf die Uhr blickte und feststellte, dass es schon halb eins war und er garantiert nicht mehr im Bett war und schlief. Also rief ich zaghaft nach ihm, doch selbst nach dem dritten Mal kam mir die Stille in der Wohnung ein wenig zu still vor.

Die Unsicherheit packte mich, als ich mich unschlüssig auf die Couch sinken ließ. Ich suchte nach einem Zettel der mir mitteilte, dass er bloß einkaufen, oder arbeiten war. Jedoch vergeblich. Also blieb mir nichts anderes übrig als zu warten. Er würde sicher gleich da sein.

Währenddessen bediente ich mich an den frischen Croissants, dessen Geschmack mir selbst schon viel besser vorkam als sonst. Irgendwie schien alles viel sonderbarer und in meinen Augen auch genüsslicher. Ich fühlte mich gut mit dem Wissen, dass ich etwas unternommen hatte und nun nicht mehr Zuhause saß. Das war im Moment alles woran ich mich orientieren wollte. Ich bildete mir ein, einen Schritt getan zu haben der mich über einen der vielen Schatten hinweg gebracht hatte. Der mich ein Stück weiter in die Richtung brachte, über diese Dunkelheit hinwegzusteigen. Bildete mir ein, dass ich nicht so schwach war, wie ich dachte. Dass mich mein Leben nicht in die Knie zwingen würde.

So saß ich nun in dem gemütlichen Wohnzimmer von Kjetill, kaute zufrieden auf meinem Croissant herum und fragte mich, weshalb der kleine Tannenbaum noch ungeschmückt war. Ich beschloss Kjetill zu fragen, sobald er zurück war.

HE WILL SEND HIS ANGELSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt